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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Rücksicht auf ihre vorig. Jahre u. Schicks.
jahre zurücksehe; Dankbarkeit für den mir überall
sichtbaren Einfluß deiner Weisheit und Güte, Freude
über das unzähliche Gute, welches ich in so reichem
Maße genossen habe. Jch mag mir die Jahre mei-
ner Kindheit und Jugend, oder die Jahre meines
reifern Alters vergegenwärtigen, so finde ich sie alle mit
den zahlreichsten und unverkennbarsten Spuren deiner
Gottesliebe bezeichnet. Jch mag mich an meine Schick-
sale als Gattin oder als Hausfrau oder als Mutter erin-
nern, so muß ich bekennen, daß die jedesmalige Lage mei-
nes Lebens ein Werk deiner alles leitenden und alles
beglückenden Fürsorge war. Ueberall erblicke ich dich
als meinen Vater und Versorger, als meinen Freund
und Führer, als den Herrn der da hilft, als den
Gott, der seine Lust und Seligkeit im Wohlthun fin-
det. Und diese angenehme Zurückerinnerung, dieses
Gefühl der Freude versüssen mir itzt meine einsamern
Stunden und lassen mich in den seligen Augenbli-
cken der Andacht noch mit jugendlichem Feuer em-
pfinden.

Es sind selige Augenblicke, in welchen ich an
meine überstandenen Leiden und Widerwärtigkeiten
denke. Die Uebersicht der erlittenen Unglücksfälle
ist mit unnennbaren Gefühlen für mich verbunden.
Wie unzähliche, oft nahe Gefahren hast du nicht von
mir abgewendet! Welche verwickelte, meine Zufrie-
denheit bedrohende Schicksale hast du nicht einen un-
vermuthet glücklichen Ausgang nehmen lassen! Welche
Furcht, welche Bekümmernisse, welche Ungewiß-
heit, welche Zweifel haben mich oft gemartert und mir

Stun-

Rückſicht auf ihre vorig. Jahre u. Schickſ.
jahre zurückſehe; Dankbarkeit für den mir überall
ſichtbaren Einfluß deiner Weisheit und Güte, Freude
über das unzähliche Gute, welches ich in ſo reichem
Maße genoſſen habe. Jch mag mir die Jahre mei-
ner Kindheit und Jugend, oder die Jahre meines
reifern Alters vergegenwärtigen, ſo finde ich ſie alle mit
den zahlreichſten und unverkennbarſten Spuren deiner
Gottesliebe bezeichnet. Jch mag mich an meine Schick-
ſale als Gattin oder als Hausfrau oder als Mutter erin-
nern, ſo muß ich bekennen, daß die jedesmalige Lage mei-
nes Lebens ein Werk deiner alles leitenden und alles
beglückenden Fürſorge war. Ueberall erblicke ich dich
als meinen Vater und Verſorger, als meinen Freund
und Führer, als den Herrn der da hilft, als den
Gott, der ſeine Luſt und Seligkeit im Wohlthun fin-
det. Und dieſe angenehme Zurückerinnerung, dieſes
Gefühl der Freude verſüſſen mir itzt meine einſamern
Stunden und laſſen mich in den ſeligen Augenbli-
cken der Andacht noch mit jugendlichem Feuer em-
pfinden.

Es ſind ſelige Augenblicke, in welchen ich an
meine überſtandenen Leiden und Widerwärtigkeiten
denke. Die Ueberſicht der erlittenen Unglücksfälle
iſt mit unnennbaren Gefühlen für mich verbunden.
Wie unzähliche, oft nahe Gefahren haſt du nicht von
mir abgewendet! Welche verwickelte, meine Zufrie-
denheit bedrohende Schickſale haſt du nicht einen un-
vermuthet glücklichen Ausgang nehmen laſſen! Welche
Furcht, welche Bekümmerniſſe, welche Ungewiß-
heit, welche Zweifel haben mich oft gemartert und mir

Stun-
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[351/0363] Rückſicht auf ihre vorig. Jahre u. Schickſ. jahre zurückſehe; Dankbarkeit für den mir überall ſichtbaren Einfluß deiner Weisheit und Güte, Freude über das unzähliche Gute, welches ich in ſo reichem Maße genoſſen habe. Jch mag mir die Jahre mei- ner Kindheit und Jugend, oder die Jahre meines reifern Alters vergegenwärtigen, ſo finde ich ſie alle mit den zahlreichſten und unverkennbarſten Spuren deiner Gottesliebe bezeichnet. Jch mag mich an meine Schick- ſale als Gattin oder als Hausfrau oder als Mutter erin- nern, ſo muß ich bekennen, daß die jedesmalige Lage mei- nes Lebens ein Werk deiner alles leitenden und alles beglückenden Fürſorge war. Ueberall erblicke ich dich als meinen Vater und Verſorger, als meinen Freund und Führer, als den Herrn der da hilft, als den Gott, der ſeine Luſt und Seligkeit im Wohlthun fin- det. Und dieſe angenehme Zurückerinnerung, dieſes Gefühl der Freude verſüſſen mir itzt meine einſamern Stunden und laſſen mich in den ſeligen Augenbli- cken der Andacht noch mit jugendlichem Feuer em- pfinden. Es ſind ſelige Augenblicke, in welchen ich an meine überſtandenen Leiden und Widerwärtigkeiten denke. Die Ueberſicht der erlittenen Unglücksfälle iſt mit unnennbaren Gefühlen für mich verbunden. Wie unzähliche, oft nahe Gefahren haſt du nicht von mir abgewendet! Welche verwickelte, meine Zufrie- denheit bedrohende Schickſale haſt du nicht einen un- vermuthet glücklichen Ausgang nehmen laſſen! Welche Furcht, welche Bekümmerniſſe, welche Ungewiß- heit, welche Zweifel haben mich oft gemartert und mir Stun-

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/363>, abgerufen am 24.06.2024.