Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.Die frühzeitige Frömmigkeit. zu bald anfangen für meine Glückseligkeit zu sorgenund gut und tugendhaft zu werden? Nein, je frühzeitiger ich mich der Tugend wid- druck B 4
Die frühzeitige Frömmigkeit. zu bald anfangen für meine Glückſeligkeit zu ſorgenund gut und tugendhaft zu werden? Nein, je frühzeitiger ich mich der Tugend wid- druck B 4
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Die frühzeitige Frömmigkeit.
zu bald anfangen für meine Glückſeligkeit zu ſorgen
und gut und tugendhaft zu werden?
Nein, je frühzeitiger ich mich der Tugend wid-
me, deſto aufrichtiger und ſtandhafter iſt meine Tu-
gend, deſto leichter wird mir dieſelbe. Itzt bin ich
noch jung und biegſam. Itzt bin ich jeder guten Ge-
ſinnung fähig, weil böſe, laſterhafte Geſinnungen
noch nicht Wurzel in mir geſchlagen haben. Itzt
nimmt mein Herz und meine Denkungsart noch jede
Form und Bildung an, weil ſie noch ungebildet ſind.
Itzt lebe ich unter der Aufſicht meiner Aeltern und
Freunde, wo ich lauter gute Beyſpiele vor mir habe,
die mich zur Tugend ermuntern können. Itzr habe
ich von den Verſuchungen und verführeriſchen Künſten
böſer Menſchen noch wenig zu befürchten, weil ich ſel-
ten und nie ungewarnt in ihre Geſellſchaft komme.
Itzt zerſtreuen mich weder Geſchäffte noch Nahrungs-
ſorgen, die für manche Menſchen ein Hinderniß der
Frömmigkeit ſeyn mögen. Itzt iſt alſo die beſte,
ſchicklichſte Zeit für mich, tugenhaft zu werden, um
mich je länger je mehr in der Liebe zum Guten zu be-
feſtigen. Und von meinen gegenwärtigen Jahren
hängt es ja wohl größtentheils ab, wie gut oder wie
ſchlecht ich mein ganzes Leben hindurch denken und han-
deln werde. Was itzt zur Gewohnheit bey mir wird,
was ich oft und gerne thue, dazu behalte ich künftig
den ſtärkſten Hang, davon werde ich mich ſchwerlich
je ganz losreiſſen können. Wenn ſich itzt in den
Jahren, wo alles einen ſo tiefen, bleibenden Ein-
druck
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