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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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das große Geistesschwäche zeigt.
daß sie von einander abhängen, daß sie einander auf
die mannichfaltigste Weise dienen und unterstützen,
daß sie dem Ziele ihrer Bestimmung auf verschiedenen
Wegen entgegen gehen sollen. Und zu dieser Absicht
ist es nöthig, daß ihre Geistes - und Verstandskräfte
verschieden sind, daß der Eine der Lehrer und Wohl-
thäter vieler andern wird, daß sich jeder einen andern
Beruf wählet und andere Endzwecke vorsetzet, daß kei-
ner ganz das ist und thut und leistet, was der an-
dere seyn und thun und leisten soll.

Dieß ist deine weise Einrichtung, o Gott;
und von dieser Seite muß ich auch die geringen An-
lagen und Fähigkeiten meines Kindes betrachten.
Du hast dasselbe nicht aus Mangel der Macht und
Güte vernachlässiget. Nein, deine Macht ist un-
eingeschränkt und deine Güte ist alles umfassend und
stets wirksam. Du liebest auch die Menschen, wel-
chen du ein geringes Maß von Kräften giebst, nicht
weniger als die übrigen, welche du mit Vorzügen
und großen ausnehmenden Fähigkeiten schmückest.
Beyde Classen sind in deinem Reiche unentbehrlich,
und beyde können und müssen erst durch den Gebrauch,
welchen sie von ihren, größern oder geringern, Gaben
machen, das werden, wozu sie in deinem großen und
zusammenhängenden Plane bestimmt sind.

Ferne sey es also von mir, mein Kind, dessen
Verstands - und Geistesschwäche so sichtbar ist, deß-
wegen weniger zu lieben oder ihm mit Verachtung

zu
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das große Geiſtesſchwäche zeigt.
daß ſie von einander abhängen, daß ſie einander auf
die mannichfaltigſte Weiſe dienen und unterſtützen,
daß ſie dem Ziele ihrer Beſtimmung auf verſchiedenen
Wegen entgegen gehen ſollen. Und zu dieſer Abſicht
iſt es nöthig, daß ihre Geiſtes – und Verſtandskräfte
verſchieden ſind, daß der Eine der Lehrer und Wohl-
thäter vieler andern wird, daß ſich jeder einen andern
Beruf wählet und andere Endzwecke vorſetzet, daß kei-
ner ganz das iſt und thut und leiſtet, was der an-
dere ſeyn und thun und leiſten ſoll.

Dieß iſt deine weiſe Einrichtung, o Gott;
und von dieſer Seite muß ich auch die geringen An-
lagen und Fähigkeiten meines Kindes betrachten.
Du haſt daſſelbe nicht aus Mangel der Macht und
Güte vernachläſſiget. Nein, deine Macht iſt un-
eingeſchränkt und deine Güte iſt alles umfaſſend und
ſtets wirkſam. Du liebeſt auch die Menſchen, wel-
chen du ein geringes Maß von Kräften giebſt, nicht
weniger als die übrigen, welche du mit Vorzügen
und großen ausnehmenden Fähigkeiten ſchmückeſt.
Beyde Claſſen ſind in deinem Reiche unentbehrlich,
und beyde können und müſſen erſt durch den Gebrauch,
welchen ſie von ihren, größern oder geringern, Gaben
machen, das werden, wozu ſie in deinem großen und
zuſammenhängenden Plane beſtimmt ſind.

Ferne ſey es alſo von mir, mein Kind, deſſen
Verſtands – und Geiſtesſchwäche ſo ſichtbar iſt, deß-
wegen weniger zu lieben oder ihm mit Verachtung

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[263/0275] das große Geiſtesſchwäche zeigt. daß ſie von einander abhängen, daß ſie einander auf die mannichfaltigſte Weiſe dienen und unterſtützen, daß ſie dem Ziele ihrer Beſtimmung auf verſchiedenen Wegen entgegen gehen ſollen. Und zu dieſer Abſicht iſt es nöthig, daß ihre Geiſtes – und Verſtandskräfte verſchieden ſind, daß der Eine der Lehrer und Wohl- thäter vieler andern wird, daß ſich jeder einen andern Beruf wählet und andere Endzwecke vorſetzet, daß kei- ner ganz das iſt und thut und leiſtet, was der an- dere ſeyn und thun und leiſten ſoll. Dieß iſt deine weiſe Einrichtung, o Gott; und von dieſer Seite muß ich auch die geringen An- lagen und Fähigkeiten meines Kindes betrachten. Du haſt daſſelbe nicht aus Mangel der Macht und Güte vernachläſſiget. Nein, deine Macht iſt un- eingeſchränkt und deine Güte iſt alles umfaſſend und ſtets wirkſam. Du liebeſt auch die Menſchen, wel- chen du ein geringes Maß von Kräften giebſt, nicht weniger als die übrigen, welche du mit Vorzügen und großen ausnehmenden Fähigkeiten ſchmückeſt. Beyde Claſſen ſind in deinem Reiche unentbehrlich, und beyde können und müſſen erſt durch den Gebrauch, welchen ſie von ihren, größern oder geringern, Gaben machen, das werden, wozu ſie in deinem großen und zuſammenhängenden Plane beſtimmt ſind. Ferne ſey es alſo von mir, mein Kind, deſſen Verſtands – und Geiſtesſchwäche ſo ſichtbar iſt, deß- wegen weniger zu lieben oder ihm mit Verachtung zu R 4

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/275>, abgerufen am 25.11.2024.