leitet oder in denselben bestärkt werde, die schon an sich so leicht bey meinem Geschlechte Eingang finden und sich da festsetzen!
Ja, o Gott, ich würde höchst undankbar ge- gen dich seyn, ich würde deine Weisheit und Güte ganz verkennen, ich würde gegen mich selbst feindselig handeln, wenn ich die Vorzüge meines Standes nicht einsehen, wenn ich mißvergnügt und unzufrieden dar- über seyn wollte, daß ich keinen Reichthum und Ue- berfluß besitze. Nein, ich will niemanden beneiden, der mehr hat, als er bedarf. Jch will niemanden blos deßwegen für glücklich halten, weil er von Glanz und Pracht und Schimmer umgeben ist. Jch will das Glück der Liebe, der Freundschaft, der Vertrau- lichkeit einer innig verbundenen und durch sich selbst zufriedenen Familie allen üppigen Zerstreuungen und kostbaren Vergnügungen vorziehen, die ein Eigen- thum und Vorrecht der Reichen und Angesehenen zu seyn scheinen. Vorzüglich aber will ich alle die Gele- genheiten sorgfältig benutzen, die ich in meiner ruhigen Lage zur Menschenliebe, zur Gemeinnützigkeit, zum Wohlthun, zur Tugend und zur Vervollkommnung mei- ner selbst finde. Mein Leben und meine Kräfte sollen der Ausbildung meines Verstandes und der Veredlung meines Herzens; meine Jahre und Tage sollen dem Um- gange mit meinem Gatten, der Aufheiterung und dem Vergnügen desselben, dem Glücke meiner Kinder und Freunde gewidmet seyn. Dann werde ich nicht umsonst gelebt haben; dann wird mich einst das Andenken an mei- ne zurückgelegten Jahre und Tage nicht beschämen. Amen.
VIII.
N 4
mittelmäßigen Glücksumſtänden befindet.
leitet oder in denſelben beſtärkt werde, die ſchon an ſich ſo leicht bey meinem Geſchlechte Eingang finden und ſich da feſtſetzen!
Ja, o Gott, ich würde höchſt undankbar ge- gen dich ſeyn, ich würde deine Weisheit und Güte ganz verkennen, ich würde gegen mich ſelbſt feindſelig handeln, wenn ich die Vorzüge meines Standes nicht einſehen, wenn ich mißvergnügt und unzufrieden dar- über ſeyn wollte, daß ich keinen Reichthum und Ue- berfluß beſitze. Nein, ich will niemanden beneiden, der mehr hat, als er bedarf. Jch will niemanden blos deßwegen für glücklich halten, weil er von Glanz und Pracht und Schimmer umgeben iſt. Jch will das Glück der Liebe, der Freundſchaft, der Vertrau- lichkeit einer innig verbundenen und durch ſich ſelbſt zufriedenen Familie allen üppigen Zerſtreuungen und koſtbaren Vergnügungen vorziehen, die ein Eigen- thum und Vorrecht der Reichen und Angeſehenen zu ſeyn ſcheinen. Vorzüglich aber will ich alle die Gele- genheiten ſorgfältig benutzen, die ich in meiner ruhigen Lage zur Menſchenliebe, zur Gemeinnützigkeit, zum Wohlthun, zur Tugend und zur Vervollkommnung mei- ner ſelbſt finde. Mein Leben und meine Kräfte ſollen der Ausbildung meines Verſtandes und der Veredlung meines Herzens; meine Jahre und Tage ſollen dem Um- gange mit meinem Gatten, der Aufheiterung und dem Vergnügen deſſelben, dem Glücke meiner Kinder und Freunde gewidmet ſeyn. Dann werde ich nicht umſonſt gelebt haben; dann wird mich einſt das Andenken an mei- ne zurückgelegten Jahre und Tage nicht beſchämen. Amen.
VIII.
N 4
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[199/0211]
mittelmäßigen Glücksumſtänden befindet.
leitet oder in denſelben beſtärkt werde, die ſchon an
ſich ſo leicht bey meinem Geſchlechte Eingang finden
und ſich da feſtſetzen!
Ja, o Gott, ich würde höchſt undankbar ge-
gen dich ſeyn, ich würde deine Weisheit und Güte
ganz verkennen, ich würde gegen mich ſelbſt feindſelig
handeln, wenn ich die Vorzüge meines Standes nicht
einſehen, wenn ich mißvergnügt und unzufrieden dar-
über ſeyn wollte, daß ich keinen Reichthum und Ue-
berfluß beſitze. Nein, ich will niemanden beneiden,
der mehr hat, als er bedarf. Jch will niemanden
blos deßwegen für glücklich halten, weil er von Glanz
und Pracht und Schimmer umgeben iſt. Jch will
das Glück der Liebe, der Freundſchaft, der Vertrau-
lichkeit einer innig verbundenen und durch ſich ſelbſt
zufriedenen Familie allen üppigen Zerſtreuungen und
koſtbaren Vergnügungen vorziehen, die ein Eigen-
thum und Vorrecht der Reichen und Angeſehenen zu
ſeyn ſcheinen. Vorzüglich aber will ich alle die Gele-
genheiten ſorgfältig benutzen, die ich in meiner ruhigen
Lage zur Menſchenliebe, zur Gemeinnützigkeit, zum
Wohlthun, zur Tugend und zur Vervollkommnung mei-
ner ſelbſt finde. Mein Leben und meine Kräfte ſollen
der Ausbildung meines Verſtandes und der Veredlung
meines Herzens; meine Jahre und Tage ſollen dem Um-
gange mit meinem Gatten, der Aufheiterung und dem
Vergnügen deſſelben, dem Glücke meiner Kinder und
Freunde gewidmet ſeyn. Dann werde ich nicht umſonſt
gelebt haben; dann wird mich einſt das Andenken an mei-
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/211>, abgerufen am 23.06.2024.
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