dürftige Armuth zu meinem Loose angewiesen, daß du mir die Mittel zur Befriedigung meiner Bedürfnisse und zu meinem Unterhalte gegeben und mich von Ue- berfluß und Dürftigkeit gleich weit entfernet hast. O verleihe, daß ich dieses Glück auch stets recht erkenne und gebrauche; daß ich mich nicht von dem Scheine blenden lasse und nicht ängstlich nach einem größern Vermö- gen strebe; daß ich mir nicht selbst durch Unzufrieden- heit und eitle, ausschweifende Wünsche mein Leben verbittere und mich der Vorzüge meines Standes ver- lustig mache!
Es ist ein Vorzug meines mittelmäßigen Ver- mögens, daß ich meine häuslichen Geschäfte viel leich- ter übersehen, anordnen und verwalten kann; daß mich kein Mangel ängstiget und kein Ueberfluß beun- ruhiget; daß mich keine Furcht vor der Zukunft ver- wirret und keine Sorge des Reichthums quälet. Da darf ich meine Kräfte und meine Thätigkeit nicht über- mäßig anstrengen, und bin auch nicht in Gefahr, mich der Trägheit und Weichlichkeit zu überlassen. Da kann ich nach einem festen, vorherbestimmten Plane, mit Ordnung und einem heitern, unbefangenen Ver- stande arbeiten. Da ist meine Tugend vor vielen Gefahren und Angriffen gesichert. Da bin ich weder gezwungen, andern zu schmeicheln, noch mir selbst schmeicheln zu lassen. Da habe ich nicht nöthig, an- dere um Hülfe anzusprechen und bin noch immer im Stande, Gutes zu thun und auf die gemeinnützigste Weise wohlthätig zu seyn. O wie ruhig, wie zufrie- den kann ich da deine Wohlthaten genießen! wie ver-
gnügt
Die Hausfrau, die ſich in
dürftige Armuth zu meinem Looſe angewieſen, daß du mir die Mittel zur Befriedigung meiner Bedürfniſſe und zu meinem Unterhalte gegeben und mich von Ue- berfluß und Dürftigkeit gleich weit entfernet haſt. O verleihe, daß ich dieſes Glück auch ſtets recht erkenne und gebrauche; daß ich mich nicht von dem Scheine blenden laſſe und nicht ängſtlich nach einem größern Vermö- gen ſtrebe; daß ich mir nicht ſelbſt durch Unzufrieden- heit und eitle, ausſchweifende Wünſche mein Leben verbittere und mich der Vorzüge meines Standes ver- luſtig mache!
Es iſt ein Vorzug meines mittelmäßigen Ver- mögens, daß ich meine häuslichen Geſchäfte viel leich- ter überſehen, anordnen und verwalten kann; daß mich kein Mangel ängſtiget und kein Ueberfluß beun- ruhiget; daß mich keine Furcht vor der Zukunft ver- wirret und keine Sorge des Reichthums quälet. Da darf ich meine Kräfte und meine Thätigkeit nicht über- mäßig anſtrengen, und bin auch nicht in Gefahr, mich der Trägheit und Weichlichkeit zu überlaſſen. Da kann ich nach einem feſten, vorherbeſtimmten Plane, mit Ordnung und einem heitern, unbefangenen Ver- ſtande arbeiten. Da iſt meine Tugend vor vielen Gefahren und Angriffen geſichert. Da bin ich weder gezwungen, andern zu ſchmeicheln, noch mir ſelbſt ſchmeicheln zu laſſen. Da habe ich nicht nöthig, an- dere um Hülfe anzuſprechen und bin noch immer im Stande, Gutes zu thun und auf die gemeinnützigſte Weiſe wohlthätig zu ſeyn. O wie ruhig, wie zufrie- den kann ich da deine Wohlthaten genießen! wie ver-
gnügt
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Die Hausfrau, die ſich in
dürftige Armuth zu meinem Looſe angewieſen, daß du
mir die Mittel zur Befriedigung meiner Bedürfniſſe
und zu meinem Unterhalte gegeben und mich von Ue-
berfluß und Dürftigkeit gleich weit entfernet haſt. O
verleihe, daß ich dieſes Glück auch ſtets recht erkenne und
gebrauche; daß ich mich nicht von dem Scheine blenden
laſſe und nicht ängſtlich nach einem größern Vermö-
gen ſtrebe; daß ich mir nicht ſelbſt durch Unzufrieden-
heit und eitle, ausſchweifende Wünſche mein Leben
verbittere und mich der Vorzüge meines Standes ver-
luſtig mache!
Es iſt ein Vorzug meines mittelmäßigen Ver-
mögens, daß ich meine häuslichen Geſchäfte viel leich-
ter überſehen, anordnen und verwalten kann; daß
mich kein Mangel ängſtiget und kein Ueberfluß beun-
ruhiget; daß mich keine Furcht vor der Zukunft ver-
wirret und keine Sorge des Reichthums quälet. Da
darf ich meine Kräfte und meine Thätigkeit nicht über-
mäßig anſtrengen, und bin auch nicht in Gefahr, mich
der Trägheit und Weichlichkeit zu überlaſſen. Da
kann ich nach einem feſten, vorherbeſtimmten Plane,
mit Ordnung und einem heitern, unbefangenen Ver-
ſtande arbeiten. Da iſt meine Tugend vor vielen
Gefahren und Angriffen geſichert. Da bin ich weder
gezwungen, andern zu ſchmeicheln, noch mir ſelbſt
ſchmeicheln zu laſſen. Da habe ich nicht nöthig, an-
dere um Hülfe anzuſprechen und bin noch immer im
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/208>, abgerufen am 23.06.2024.
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