du sie anvertrauest, dem giebst dn sie absichtlich und zu großen, wichtigen Endzwecken. Zufall und Ohn- gefähr sind ganz aus deinem Reiche verbannt; und nirgends können sie weniger Statt finden als da, wo es auf die Mittel, gut und tugendhaft und glücklich zu werden ankommt. Ja, dazu soll Reichthum und Ueberfluß; dazu soll Armuth und Dürftigkeit dienen. Beyde sollen da, wo sie sind, Weisheit und Tugend, Vollkommenheit und Glückseligkeit befördern.
Freylich scheint der Reichthum ein ungleich leichte- res und bequemeres Mittel zu dieser Absicht zu seyn; und er ist es auch gewissermaßen, wenn ich mich desselben auf eine vernünftige und christliche Art zu bedienen weiß. Freylich scheint der Ueberfluß meinen Weg zum Ziele viel angenehmer und anmuthiger zu ma- chen; und so ist es auch in der That, wenn ich diesen Weg nicht aus andern Ursachen ganz verfehle und statt dessen auf Abwege und Jrrwege gerathe. O möch- te ich diese nie betreten und mich vor allem Mißbrau- che des Reichthums hüten! Möchte ich die Pflichten, die mir der Besitz desselben auflegt, so kennen und so erfüllen, wie ich sie erkennen und erfüllen muß, wenn ich meine Bestimmung nicht aus den Augen verlieren und mich von derselben nicht entfernen will!
O mein Gott und Vater, lehre mich vor allen Dingen den wahren Werth des Reichthums richtig be- stimmen und beurtheilen. Laß mich denselben nicht höher schätzen, als er geschätzt zu werden verdient. Nie, nie muß ich es daher vergessen, daß alle irrdi-
sche
Die reiche Hausfrau.
du ſie anvertraueſt, dem giebſt dn ſie abſichtlich und zu großen, wichtigen Endzwecken. Zufall und Ohn- gefähr ſind ganz aus deinem Reiche verbannt; und nirgends können ſie weniger Statt finden als da, wo es auf die Mittel, gut und tugendhaft und glücklich zu werden ankommt. Ja, dazu ſoll Reichthum und Ueberfluß; dazu ſoll Armuth und Dürftigkeit dienen. Beyde ſollen da, wo ſie ſind, Weisheit und Tugend, Vollkommenheit und Glückſeligkeit befördern.
Freylich ſcheint der Reichthum ein ungleich leichte- res und bequemeres Mittel zu dieſer Abſicht zu ſeyn; und er iſt es auch gewiſſermaßen, wenn ich mich deſſelben auf eine vernünftige und chriſtliche Art zu bedienen weiß. Freylich ſcheint der Ueberfluß meinen Weg zum Ziele viel angenehmer und anmuthiger zu ma- chen; und ſo iſt es auch in der That, wenn ich dieſen Weg nicht aus andern Urſachen ganz verfehle und ſtatt deſſen auf Abwege und Jrrwege gerathe. O möch- te ich dieſe nie betreten und mich vor allem Mißbrau- che des Reichthums hüten! Möchte ich die Pflichten, die mir der Beſitz deſſelben auflegt, ſo kennen und ſo erfüllen, wie ich ſie erkennen und erfüllen muß, wenn ich meine Beſtimmung nicht aus den Augen verlieren und mich von derſelben nicht entfernen will!
O mein Gott und Vater, lehre mich vor allen Dingen den wahren Werth des Reichthums richtig be- ſtimmen und beurtheilen. Laß mich denſelben nicht höher ſchätzen, als er geſchätzt zu werden verdient. Nie, nie muß ich es daher vergeſſen, daß alle irrdi-
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[191/0203]
Die reiche Hausfrau.
du ſie anvertraueſt, dem giebſt dn ſie abſichtlich und
zu großen, wichtigen Endzwecken. Zufall und Ohn-
gefähr ſind ganz aus deinem Reiche verbannt; und
nirgends können ſie weniger Statt finden als da, wo
es auf die Mittel, gut und tugendhaft und glücklich zu
werden ankommt. Ja, dazu ſoll Reichthum und
Ueberfluß; dazu ſoll Armuth und Dürftigkeit dienen.
Beyde ſollen da, wo ſie ſind, Weisheit und Tugend,
Vollkommenheit und Glückſeligkeit befördern.
Freylich ſcheint der Reichthum ein ungleich leichte-
res und bequemeres Mittel zu dieſer Abſicht zu ſeyn; und
er iſt es auch gewiſſermaßen, wenn ich mich deſſelben
auf eine vernünftige und chriſtliche Art zu bedienen
weiß. Freylich ſcheint der Ueberfluß meinen Weg
zum Ziele viel angenehmer und anmuthiger zu ma-
chen; und ſo iſt es auch in der That, wenn ich dieſen
Weg nicht aus andern Urſachen ganz verfehle und
ſtatt deſſen auf Abwege und Jrrwege gerathe. O möch-
te ich dieſe nie betreten und mich vor allem Mißbrau-
che des Reichthums hüten! Möchte ich die Pflichten,
die mir der Beſitz deſſelben auflegt, ſo kennen und ſo
erfüllen, wie ich ſie erkennen und erfüllen muß, wenn
ich meine Beſtimmung nicht aus den Augen verlieren
und mich von derſelben nicht entfernen will!
O mein Gott und Vater, lehre mich vor allen
Dingen den wahren Werth des Reichthums richtig be-
ſtimmen und beurtheilen. Laß mich denſelben nicht
höher ſchätzen, als er geſchätzt zu werden verdient.
Nie, nie muß ich es daher vergeſſen, daß alle irrdi-
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/203>, abgerufen am 23.06.2024.
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