ches du mich in meinem ehelichen und häuslichen Leben finden lässest! O Dank und Preis sey dir dafür ge- bracht, daß du mich in solche Verhältnisse gesetzt und mir einen solchen Gatten geschenkt hast, in welchen und mit welchem ich meine Tage froh genießen und mich meines Lebens und meiner Bestimmung freuen kann! Ich habe wirklich die Absichten erreicht, die ich in diesem Stande zu erreichen wünschte. Ich bin ganz so zufrieden und glücklich, als ich an der Hand eines treuen Gatten und als Hausfrau zu werden hoff- te. Ich versprach mir neue und zahlreiche Freuden auf dieser Laufbahn, und meine Erwartung hat mich auch bisher auf keine Weise getäuscht.
Wie wenigen wird dieses glückliche Loos zu Theil! wie selten hört man die Sprache, welche ich führen kann! Wie manche findet das nicht in diesem Stande, was sie in demselben gesucht hat! Wie man- che, die sich auch keine übertriebene Vorstellung von der Glückseligkeit des ehelichen Lebens gemacht hatte, siehet sich in ihrer Hoffnung betrogen, siehet sich in solchen Lagen und Umständen, die mehr Verdruß und Misvergnügen als Freude und Zufriedenheit erzeugen können und müssen. -- Möchte ich doch diese Min- derglücklichen nicht verachten oder für bös und laster- haft erklären! Möchte ich mir nicht einbilden, daß ich mein Glück blos meiner Tugend und Vollkom- menheit verdanke, oder daß andere, die dieses Glück nicht genießen, desselben unwürdig seyn müssen! Vielleicht verdienen sie es mehr als ich. Vielleicht haben sie mit weit mehr Klugheit und Vorsicht ge-
wählt
Die glückliche Gattin.
ches du mich in meinem ehelichen und häuslichen Leben finden läſſeſt! O Dank und Preis ſey dir dafür ge- bracht, daß du mich in ſolche Verhältniſſe geſetzt und mir einen ſolchen Gatten geſchenkt haſt, in welchen und mit welchem ich meine Tage froh genießen und mich meines Lebens und meiner Beſtimmung freuen kann! Ich habe wirklich die Abſichten erreicht, die ich in dieſem Stande zu erreichen wünſchte. Ich bin ganz ſo zufrieden und glücklich, als ich an der Hand eines treuen Gatten und als Hausfrau zu werden hoff- te. Ich verſprach mir neue und zahlreiche Freuden auf dieſer Laufbahn, und meine Erwartung hat mich auch bisher auf keine Weiſe getäuſcht.
Wie wenigen wird dieſes glückliche Loos zu Theil! wie ſelten hört man die Sprache, welche ich führen kann! Wie manche findet das nicht in dieſem Stande, was ſie in demſelben geſucht hat! Wie man- che, die ſich auch keine übertriebene Vorſtellung von der Glückſeligkeit des ehelichen Lebens gemacht hatte, ſiehet ſich in ihrer Hoffnung betrogen, ſiehet ſich in ſolchen Lagen und Umſtänden, die mehr Verdruß und Misvergnügen als Freude und Zufriedenheit erzeugen können und müſſen. — Möchte ich doch dieſe Min- derglücklichen nicht verachten oder für bös und laſter- haft erklären! Möchte ich mir nicht einbilden, daß ich mein Glück blos meiner Tugend und Vollkom- menheit verdanke, oder daß andere, die dieſes Glück nicht genießen, deſſelben unwürdig ſeyn müſſen! Vielleicht verdienen ſie es mehr als ich. Vielleicht haben ſie mit weit mehr Klugheit und Vorſicht ge-
wählt
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Die glückliche Gattin.
ches du mich in meinem ehelichen und häuslichen Leben
finden läſſeſt! O Dank und Preis ſey dir dafür ge-
bracht, daß du mich in ſolche Verhältniſſe geſetzt und
mir einen ſolchen Gatten geſchenkt haſt, in welchen
und mit welchem ich meine Tage froh genießen und
mich meines Lebens und meiner Beſtimmung freuen
kann! Ich habe wirklich die Abſichten erreicht, die
ich in dieſem Stande zu erreichen wünſchte. Ich bin
ganz ſo zufrieden und glücklich, als ich an der Hand
eines treuen Gatten und als Hausfrau zu werden hoff-
te. Ich verſprach mir neue und zahlreiche Freuden
auf dieſer Laufbahn, und meine Erwartung hat mich
auch bisher auf keine Weiſe getäuſcht.
Wie wenigen wird dieſes glückliche Loos zu
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führen kann! Wie manche findet das nicht in dieſem
Stande, was ſie in demſelben geſucht hat! Wie man-
che, die ſich auch keine übertriebene Vorſtellung von
der Glückſeligkeit des ehelichen Lebens gemacht hatte,
ſiehet ſich in ihrer Hoffnung betrogen, ſiehet ſich in
ſolchen Lagen und Umſtänden, die mehr Verdruß und
Misvergnügen als Freude und Zufriedenheit erzeugen
können und müſſen. — Möchte ich doch dieſe Min-
derglücklichen nicht verachten oder für bös und laſter-
haft erklären! Möchte ich mir nicht einbilden, daß
ich mein Glück blos meiner Tugend und Vollkom-
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Vielleicht verdienen ſie es mehr als ich. Vielleicht
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/188>, abgerufen am 23.06.2024.
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