du deinen Geschöpfen das Daseyn giebst, so giebst du ihnen mit demselben alles, was deine Weisheit und Güte zu geben vermag. Denn was durch dich ist und lebet, das ist und lebet zu großen, herrlichen Ab- sichten, das hast du zum völligsten Genusse des Le- bens, zur Vollkommenheit und Glückseligkeit be- stimmt.
O wie leuchtet mir der hohe Werth eines Men- schenlebens auch diesen Morgen in die Augen! Wie fühle ich mich aufs neue gestärkt, von Freude durch- drungen und zu deinem Lobe ermuntert! Mit welchen verjüngten und erhöheten Kräften gehe ich den Ge- schäfften des Tages, meinem Berufe und meinen Schicksalen entgegen! Wie erhaben, wie freudenvoll ist mir meine weibliche Bestimmung! Wie groß und vielversprechend erscheint mir die Bestimmung meines gegenwärtigen Standes, in welchem ich den Grund zu dem Glücke meines ganzen Lebens legen kann und soll! Welch ein mächtiger, trostvoller Gedanke ist es nicht für mich: ich lebe, um glücklich zu seyn und um andere zugleich mit mir und durch mich zu be- glücken!
Und welchen neuen Werth, welche noch wün- schenswürdigere Vorzüge giebt nicht das Christen- thum meinem Leben! Hier lerne ich die wahren Ab- sichten meines Daseyns kennen. Hier werde ich von der Art und Weise unterrichtet, wie ich alle meine Fähigkeiten und Kräfte gebrauchen und anwenden, wie ich meine Anlagen entwickeln und veredeln, wir ich meine Würde behaupten und erhöhen, auf wel-
chem
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Morgengebet allgemeinen Inhalts.
du deinen Geſchöpfen das Daſeyn giebſt, ſo giebſt du ihnen mit demſelben alles, was deine Weisheit und Güte zu geben vermag. Denn was durch dich iſt und lebet, das iſt und lebet zu großen, herrlichen Ab- ſichten, das haſt du zum völligſten Genuſſe des Le- bens, zur Vollkommenheit und Glückſeligkeit be- ſtimmt.
O wie leuchtet mir der hohe Werth eines Men- ſchenlebens auch dieſen Morgen in die Augen! Wie fühle ich mich aufs neue geſtärkt, von Freude durch- drungen und zu deinem Lobe ermuntert! Mit welchen verjüngten und erhöheten Kräften gehe ich den Ge- ſchäfften des Tages, meinem Berufe und meinen Schickſalen entgegen! Wie erhaben, wie freudenvoll iſt mir meine weibliche Beſtimmung! Wie groß und vielverſprechend erſcheint mir die Beſtimmung meines gegenwärtigen Standes, in welchem ich den Grund zu dem Glücke meines ganzen Lebens legen kann und ſoll! Welch ein mächtiger, troſtvoller Gedanke iſt es nicht für mich: ich lebe, um glücklich zu ſeyn und um andere zugleich mit mir und durch mich zu be- glücken!
Und welchen neuen Werth, welche noch wün- ſchenswürdigere Vorzüge giebt nicht das Chriſten- thum meinem Leben! Hier lerne ich die wahren Ab- ſichten meines Daſeyns kennen. Hier werde ich von der Art und Weiſe unterrichtet, wie ich alle meine Fähigkeiten und Kräfte gebrauchen und anwenden, wie ich meine Anlagen entwickeln und veredeln, wir ich meine Würde behaupten und erhöhen, auf wel-
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Morgengebet allgemeinen Inhalts.
du deinen Geſchöpfen das Daſeyn giebſt, ſo giebſt du
ihnen mit demſelben alles, was deine Weisheit und
Güte zu geben vermag. Denn was durch dich iſt
und lebet, das iſt und lebet zu großen, herrlichen Ab-
ſichten, das haſt du zum völligſten Genuſſe des Le-
bens, zur Vollkommenheit und Glückſeligkeit be-
ſtimmt.
O wie leuchtet mir der hohe Werth eines Men-
ſchenlebens auch dieſen Morgen in die Augen! Wie
fühle ich mich aufs neue geſtärkt, von Freude durch-
drungen und zu deinem Lobe ermuntert! Mit welchen
verjüngten und erhöheten Kräften gehe ich den Ge-
ſchäfften des Tages, meinem Berufe und meinen
Schickſalen entgegen! Wie erhaben, wie freudenvoll
iſt mir meine weibliche Beſtimmung! Wie groß und
vielverſprechend erſcheint mir die Beſtimmung meines
gegenwärtigen Standes, in welchem ich den Grund
zu dem Glücke meines ganzen Lebens legen kann und
ſoll! Welch ein mächtiger, troſtvoller Gedanke iſt es
nicht für mich: ich lebe, um glücklich zu ſeyn und
um andere zugleich mit mir und durch mich zu be-
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Und welchen neuen Werth, welche noch wün-
ſchenswürdigere Vorzüge giebt nicht das Chriſten-
thum meinem Leben! Hier lerne ich die wahren Ab-
ſichten meines Daſeyns kennen. Hier werde ich von
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/165>, abgerufen am 23.06.2024.
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