und das Glück meines Lebens dem Zufalle Preis ge- ben würde. So gut es meine Freunde mit mir mei- nen und so sehr sie auch für mein Bestes besorgt seyn mögen, so gewiß ist es doch, daß sie eigentlich nicht für mich wählen und entscheiden, daß sie nicht meine Stelle vertreten, daß sie zwar mit mir, aber nicht für mich überlegen können.
War es je nöthig für mich, über den Werth der Dinge nachzudenken, irrdische Vorzüge richtig zu schätzen und zu beurtheilen und äussere, zusällige Gü- ter nach den Vorschriften der Vernunft und des Chri- stenthums zu würdigen, so ist es itzt. War es je gefährlich und nachtheilig, mich vom Scheine blenden zu lassen und mehr der Einbildung als dem Verstan- de zu folgen, so ist dieser Leichtsinn itzt mit desto grös- serer Gefahr und mit desto vielfachern Nachtheilen verbunden, je gewisser und unausbleiblicher in dem gegenwärtigen Falle die bösen Folgen desselben sind. O möchte ich doch den wahren, nur bedingten Werth des Reichthums, der Ehre und des sinnlichen Vergnü- gens kennen! Möchte ich Pracht und Ueberfluß nicht für Kennzeichen der Zufriedenheit, und Glück nicht für Glückseligkeit halten! Möchte ich mir doch die Bedürfnisse meines Standes nicht so vervielfältigen und erschweren, möchte ich mich nicht so sehr von der Mo- de und der Eitelkeit fesseln lassen, daß ich, vermöge dieser sinnlichen und verschwenderischen Denkungsart, da nur nach Reichthum und Ueberfluß trachten muß, wo ich auf Verstand und Tugend sehen soll!
Ja,
K
Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten.
und das Glück meines Lebens dem Zufalle Preis ge- ben würde. So gut es meine Freunde mit mir mei- nen und ſo ſehr ſie auch für mein Beſtes beſorgt ſeyn mögen, ſo gewiß iſt es doch, daß ſie eigentlich nicht für mich wählen und entſcheiden, daß ſie nicht meine Stelle vertreten, daß ſie zwar mit mir, aber nicht für mich überlegen können.
War es je nöthig für mich, über den Werth der Dinge nachzudenken, irrdiſche Vorzüge richtig zu ſchätzen und zu beurtheilen und äuſſere, zuſällige Gü- ter nach den Vorſchriften der Vernunft und des Chri- ſtenthums zu würdigen, ſo iſt es itzt. War es je gefährlich und nachtheilig, mich vom Scheine blenden zu laſſen und mehr der Einbildung als dem Verſtan- de zu folgen, ſo iſt dieſer Leichtſinn itzt mit deſto gröſ- ſerer Gefahr und mit deſto vielfachern Nachtheilen verbunden, je gewiſſer und unausbleiblicher in dem gegenwärtigen Falle die böſen Folgen deſſelben ſind. O möchte ich doch den wahren, nur bedingten Werth des Reichthums, der Ehre und des ſinnlichen Vergnü- gens kennen! Möchte ich Pracht und Ueberfluß nicht für Kennzeichen der Zufriedenheit, und Glück nicht für Glückſeligkeit halten! Möchte ich mir doch die Bedürfniſſe meines Standes nicht ſo vervielfältigen und erſchweren, möchte ich mich nicht ſo ſehr von der Mo- de und der Eitelkeit feſſeln laſſen, daß ich, vermöge dieſer ſinnlichen und verſchwenderiſchen Denkungsart, da nur nach Reichthum und Ueberfluß trachten muß, wo ich auf Verſtand und Tugend ſehen ſoll!
Ja,
K
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Die Vorſicht bey der Wahl eines Gatten.
und das Glück meines Lebens dem Zufalle Preis ge-
ben würde. So gut es meine Freunde mit mir mei-
nen und ſo ſehr ſie auch für mein Beſtes beſorgt ſeyn
mögen, ſo gewiß iſt es doch, daß ſie eigentlich nicht
für mich wählen und entſcheiden, daß ſie nicht meine
Stelle vertreten, daß ſie zwar mit mir, aber nicht
für mich überlegen können.
War es je nöthig für mich, über den Werth
der Dinge nachzudenken, irrdiſche Vorzüge richtig zu
ſchätzen und zu beurtheilen und äuſſere, zuſällige Gü-
ter nach den Vorſchriften der Vernunft und des Chri-
ſtenthums zu würdigen, ſo iſt es itzt. War es je
gefährlich und nachtheilig, mich vom Scheine blenden
zu laſſen und mehr der Einbildung als dem Verſtan-
de zu folgen, ſo iſt dieſer Leichtſinn itzt mit deſto gröſ-
ſerer Gefahr und mit deſto vielfachern Nachtheilen
verbunden, je gewiſſer und unausbleiblicher in dem
gegenwärtigen Falle die böſen Folgen deſſelben ſind.
O möchte ich doch den wahren, nur bedingten Werth
des Reichthums, der Ehre und des ſinnlichen Vergnü-
gens kennen! Möchte ich Pracht und Ueberfluß nicht
für Kennzeichen der Zufriedenheit, und Glück nicht
für Glückſeligkeit halten! Möchte ich mir doch die
Bedürfniſſe meines Standes nicht ſo vervielfältigen und
erſchweren, möchte ich mich nicht ſo ſehr von der Mo-
de und der Eitelkeit feſſeln laſſen, daß ich, vermöge
dieſer ſinnlichen und verſchwenderiſchen Denkungsart,
da nur nach Reichthum und Ueberfluß trachten muß,
wo ich auf Verſtand und Tugend ſehen ſoll!
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/157>, abgerufen am 23.06.2024.
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