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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die Bescheidenheit bey den Ansprüchen
ähnlicher Laster, die unter meinem Geschlechte herr-
schen. Dieß ist die Quelle des Misvergnügons, der
Unzufriedenheit, des häuslichen Elendes, die so häu-
fig unter uns angetroffen werden.

Du hast mich, gütigster Gott und Vater, du
hast mich nicht dazu bestimmt, daß ich große und
glänzende Thaten in der Welt verrichten, daß ich
meinen Namen unter den Menschen verewigen soll.
Meine ganze Natur, alle meine Fähigkeiten, Kräfte
und Anlagen zwecken auf eine stillere, ruhigere Lebens-
art ab. Der Ruhm im eigentlichen Verstande,
Aufsehen und Bewunderung sind nicht das Ziel, wor-
nach ich laufen soll, weil ich dasselbe bey meinen man-
nichfaltigen Einschränkungen auf keine Weise erreichen
kann. Ich bin für meine Familie und für den
häuslichen Wirkungskreis bestimmt. Diesem allein
sind meine Kräfte gewachsen; alles ziehet mich zu
ihm hin und hält mich in demselben zurück; alles
setzt sich mir entgegen, wenn ich aus diesem Kreise
herausgehen und mich auf eine größere, gefährlichere
Laufbahn wagen will. Andere mögen auf Millionen
Menschen wirken und ihnen Gesetze vorschreiben; mir
ist es Pflicht, auf die zu wirken, welche zunächst um
mich und genau mit mir verbunden sind. Andere
mögen so viel Macht und Einfluß besitzen, daß sie
tausende beglücken können; mir ist es genug, wenn
ich zum Wohlstande Einer Familie alles beytrage,
was in meinen Kräften steht. Andere mögen ihr
Andenken durch den Glanz ihrer Thaten unsterblich
machen; meine Ehre ist die, daß ich die mir aufge-

trage-

Die Beſcheidenheit bey den Anſprüchen
ähnlicher Laſter, die unter meinem Geſchlechte herr-
ſchen. Dieß iſt die Quelle des Misvergnügons, der
Unzufriedenheit, des häuslichen Elendes, die ſo häu-
fig unter uns angetroffen werden.

Du haſt mich, gütigſter Gott und Vater, du
haſt mich nicht dazu beſtimmt, daß ich große und
glänzende Thaten in der Welt verrichten, daß ich
meinen Namen unter den Menſchen verewigen ſoll.
Meine ganze Natur, alle meine Fähigkeiten, Kräfte
und Anlagen zwecken auf eine ſtillere, ruhigere Lebens-
art ab. Der Ruhm im eigentlichen Verſtande,
Aufſehen und Bewunderung ſind nicht das Ziel, wor-
nach ich laufen ſoll, weil ich daſſelbe bey meinen man-
nichfaltigen Einſchränkungen auf keine Weiſe erreichen
kann. Ich bin für meine Familie und für den
häuslichen Wirkungskreis beſtimmt. Dieſem allein
ſind meine Kräfte gewachſen; alles ziehet mich zu
ihm hin und hält mich in demſelben zurück; alles
ſetzt ſich mir entgegen, wenn ich aus dieſem Kreiſe
herausgehen und mich auf eine größere, gefährlichere
Laufbahn wagen will. Andere mögen auf Millionen
Menſchen wirken und ihnen Geſetze vorſchreiben; mir
iſt es Pflicht, auf die zu wirken, welche zunächſt um
mich und genau mit mir verbunden ſind. Andere
mögen ſo viel Macht und Einfluß beſitzen, daß ſie
tauſende beglücken können; mir iſt es genug, wenn
ich zum Wohlſtande Einer Familie alles beytrage,
was in meinen Kräften ſteht. Andere mögen ihr
Andenken durch den Glanz ihrer Thaten unſterblich
machen; meine Ehre iſt die, daß ich die mir aufge-

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[116/0128] Die Beſcheidenheit bey den Anſprüchen ähnlicher Laſter, die unter meinem Geſchlechte herr- ſchen. Dieß iſt die Quelle des Misvergnügons, der Unzufriedenheit, des häuslichen Elendes, die ſo häu- fig unter uns angetroffen werden. Du haſt mich, gütigſter Gott und Vater, du haſt mich nicht dazu beſtimmt, daß ich große und glänzende Thaten in der Welt verrichten, daß ich meinen Namen unter den Menſchen verewigen ſoll. Meine ganze Natur, alle meine Fähigkeiten, Kräfte und Anlagen zwecken auf eine ſtillere, ruhigere Lebens- art ab. Der Ruhm im eigentlichen Verſtande, Aufſehen und Bewunderung ſind nicht das Ziel, wor- nach ich laufen ſoll, weil ich daſſelbe bey meinen man- nichfaltigen Einſchränkungen auf keine Weiſe erreichen kann. Ich bin für meine Familie und für den häuslichen Wirkungskreis beſtimmt. Dieſem allein ſind meine Kräfte gewachſen; alles ziehet mich zu ihm hin und hält mich in demſelben zurück; alles ſetzt ſich mir entgegen, wenn ich aus dieſem Kreiſe herausgehen und mich auf eine größere, gefährlichere Laufbahn wagen will. Andere mögen auf Millionen Menſchen wirken und ihnen Geſetze vorſchreiben; mir iſt es Pflicht, auf die zu wirken, welche zunächſt um mich und genau mit mir verbunden ſind. Andere mögen ſo viel Macht und Einfluß beſitzen, daß ſie tauſende beglücken können; mir iſt es genug, wenn ich zum Wohlſtande Einer Familie alles beytrage, was in meinen Kräften ſteht. Andere mögen ihr Andenken durch den Glanz ihrer Thaten unſterblich machen; meine Ehre iſt die, daß ich die mir aufge- trage-

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/128>, abgerufen am 24.11.2024.