Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Unschuld.
Gott und Vater, schenke mir stets die gehörige Klug-
heit, um die Schlingen, welche meiner Unerfahren-
heit gelegt werden, entdecken und vermeiden zu kön-
nen. Erfülle und durchdringe mein Herz mit wahrer,
aufrichtiger Liebe zu dir und zur Tugend. Lehre mich
das Laster als Laster fliehen, und bey Bewahrung mei-
ner Unschuld mehr auf dich und mein Gewissen, als
auf alles übrige sehen. Lehre mich die Schande vor
mir selbst mehr, als die Schande bey Menschen fürch-
ten; und die verborgenste Dunkelheit müsse mich zu
keiner That verleiten, welche das Licht des Tages zu
scheuen Ursache hat! Amen.



III.
Die weibliche Ehre.


Gott, der du alles Gute deiner Kinder mit Wohl-
gefallen siehest, und einen jeden von uns nach
seinem wahren, innern Werthe schätzest und beurthei-
lest, wie viel muß mir an deinem Beyfalle gelegen
seyn, da nur du mich ganz kennest, da ich nur von
dir meine höchste Glückseligkeit erwarte! Ja, dein
Wohlgefallen muß ich höher als alle Gunst der Welt
schätzen, dein Beyfall muß mir unendlich theurer als
der Ruhm bey Menschen seyn; und so oft Umstände

ein-
G 2

Die Unſchuld.
Gott und Vater, ſchenke mir ſtets die gehörige Klug-
heit, um die Schlingen, welche meiner Unerfahren-
heit gelegt werden, entdecken und vermeiden zu kön-
nen. Erfülle und durchdringe mein Herz mit wahrer,
aufrichtiger Liebe zu dir und zur Tugend. Lehre mich
das Laſter als Laſter fliehen, und bey Bewahrung mei-
ner Unſchuld mehr auf dich und mein Gewiſſen, als
auf alles übrige ſehen. Lehre mich die Schande vor
mir ſelbſt mehr, als die Schande bey Menſchen fürch-
ten; und die verborgenſte Dunkelheit müſſe mich zu
keiner That verleiten, welche das Licht des Tages zu
ſcheuen Urſache hat! Amen.



III.
Die weibliche Ehre.


Gott, der du alles Gute deiner Kinder mit Wohl-
gefallen ſieheſt, und einen jeden von uns nach
ſeinem wahren, innern Werthe ſchätzeſt und beurthei-
leſt, wie viel muß mir an deinem Beyfalle gelegen
ſeyn, da nur du mich ganz kenneſt, da ich nur von
dir meine höchſte Glückſeligkeit erwarte! Ja, dein
Wohlgefallen muß ich höher als alle Gunſt der Welt
ſchätzen, dein Beyfall muß mir unendlich theurer als
der Ruhm bey Menſchen ſeyn; und ſo oft Umſtände

ein-
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0111" n="99"/><fw place="top" type="header">Die Un&#x017F;chuld.</fw><lb/>
Gott und Vater, &#x017F;chenke mir &#x017F;tets die gehörige Klug-<lb/>
heit, um die Schlingen, welche meiner Unerfahren-<lb/>
heit gelegt werden, entdecken und vermeiden zu kön-<lb/>
nen. Erfülle und durchdringe mein Herz mit wahrer,<lb/>
aufrichtiger Liebe zu dir und zur Tugend. Lehre mich<lb/>
das La&#x017F;ter als La&#x017F;ter fliehen, und bey Bewahrung mei-<lb/>
ner Un&#x017F;chuld mehr auf dich und mein Gewi&#x017F;&#x017F;en, als<lb/>
auf alles übrige &#x017F;ehen. Lehre mich die Schande vor<lb/>
mir &#x017F;elb&#x017F;t mehr, als die Schande bey Men&#x017F;chen fürch-<lb/>
ten; und die verborgen&#x017F;te Dunkelheit mü&#x017F;&#x017F;e mich zu<lb/>
keiner That verleiten, welche das Licht des Tages zu<lb/>
&#x017F;cheuen Ur&#x017F;ache hat! Amen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Die weibliche Ehre.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">G</hi>ott, der du alles Gute deiner Kinder mit Wohl-<lb/>
gefallen &#x017F;iehe&#x017F;t, und einen jeden von uns nach<lb/>
&#x017F;einem wahren, innern Werthe &#x017F;chätze&#x017F;t und beurthei-<lb/>
le&#x017F;t, wie viel muß mir an deinem Beyfalle gelegen<lb/>
&#x017F;eyn, da nur du mich ganz kenne&#x017F;t, da ich nur von<lb/>
dir meine höch&#x017F;te Glück&#x017F;eligkeit erwarte! Ja, dein<lb/>
Wohlgefallen muß ich höher als alle Gun&#x017F;t der Welt<lb/>
&#x017F;chätzen, dein Beyfall muß mir unendlich theurer als<lb/>
der Ruhm bey Men&#x017F;chen &#x017F;eyn; und &#x017F;o oft Um&#x017F;tände<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0111] Die Unſchuld. Gott und Vater, ſchenke mir ſtets die gehörige Klug- heit, um die Schlingen, welche meiner Unerfahren- heit gelegt werden, entdecken und vermeiden zu kön- nen. Erfülle und durchdringe mein Herz mit wahrer, aufrichtiger Liebe zu dir und zur Tugend. Lehre mich das Laſter als Laſter fliehen, und bey Bewahrung mei- ner Unſchuld mehr auf dich und mein Gewiſſen, als auf alles übrige ſehen. Lehre mich die Schande vor mir ſelbſt mehr, als die Schande bey Menſchen fürch- ten; und die verborgenſte Dunkelheit müſſe mich zu keiner That verleiten, welche das Licht des Tages zu ſcheuen Urſache hat! Amen. III. Die weibliche Ehre. Gott, der du alles Gute deiner Kinder mit Wohl- gefallen ſieheſt, und einen jeden von uns nach ſeinem wahren, innern Werthe ſchätzeſt und beurthei- leſt, wie viel muß mir an deinem Beyfalle gelegen ſeyn, da nur du mich ganz kenneſt, da ich nur von dir meine höchſte Glückſeligkeit erwarte! Ja, dein Wohlgefallen muß ich höher als alle Gunſt der Welt ſchätzen, dein Beyfall muß mir unendlich theurer als der Ruhm bey Menſchen ſeyn; und ſo oft Umſtände ein- G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/111
Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/111>, abgerufen am 23.06.2024.