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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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sus radicem, quadrupedia fructum, sic in poetis alius
aliud quaerit, hic Historiam, ille Sermonis Ornamen-
ta, ille probationes, ille praecepta vivendi.
Daß
dannenhero Ovidius von ihr singt Lib. Amor 3. 11.
c. F.

Exit in immensum foecunda Licentia vatum
Obligat historica nec sua verba fide.

Und Buchnerus von Poeten:

Poetae est repraesentare Rem licet recedat a Regula.

3. Die Dicht-Kunst führt auf den Parnassum, da
wir nicht dürffen aus der Stelle gehen. Sie weiset
uns die güldne Berge/ die Schatz-Kammern Indi-
ens/ da wir keinen Schacht betreten. Sie bringt uns
in die glückliche Insuln/ in das gelobte Land/ wo Ho-
nig und Milch fliest/ da wir nicht dürffen aus der
Stuben schreiten. Sie stellet uns den Kasten Noä
und das alte Eiß von der Sündfluht vor/ als wann
es noch vor unsern Augen schwimme. Sie weiß
Methusalems Zeit so zu erneuren/ als wenn sein
Stunden-Glaß itzt erst anfinge zu lauffen/ und wie
weit wir mit unserm Verstande reichen/ mit unsern
Sinnen begreiffen/ daß weiß sie alles lebendig und
vollkommen vorzustellen. Wie dann der berühmte
Barlaeus in seinen Poemat. P. 2. gar schön schreibt:
Nemo propius ad Deos accedit, nemo cum iis fa-
miliarius agit, nemo indolem divinam magis refert
quam Poeta. Joves, Mercurios nobiscum loqui fa-
cimus in Poesi, quod nec Juris Consulto, nec Medi-
co, nec Philosopho, concessum. Non minus ubique
sumus quam superi, & licet habitemus in Terris in

inter-

ſus radicem, quadrupedia fructum, ſic in poetis alius
aliud quærit, hic Hiſtoriam, ille Sermonis Ornamen-
ta, ille probationes, ille præcepta vivendi.
Daß
dannenhero Ovidius von ihr ſingt Lib. Amor 3. 11.
c. F.

Exit in immenſum fœcunda Licentia vatum
Obligat hiſtorica nec ſua verba fide.

Und Buchnerus von Poeten:

Poetæ eſt repræſentare Rem licet recedat a Regula.

3. Die Dicht-Kunſt fuͤhrt auf den Parnasſum, da
wir nicht duͤrffen aus der Stelle gehen. Sie weiſet
uns die guͤldne Berge/ die Schatz-Kammern Indi-
ens/ da wir keinen Schacht betreten. Sie bringt uns
in die gluͤckliche Inſuln/ in das gelobte Land/ wo Ho-
nig und Milch flieſt/ da wir nicht duͤrffen aus der
Stuben ſchreiten. Sie ſtellet uns den Kaſten Noaͤ
und das alte Eiß von der Suͤndfluht vor/ als wann
es noch vor unſern Augen ſchwimme. Sie weiß
Methuſalems Zeit ſo zu erneuren/ als wenn ſein
Stunden-Glaß itzt erſt anfinge zu lauffen/ und wie
weit wir mit unſerm Verſtande reichen/ mit unſern
Sinnen begreiffen/ daß weiß ſie alles lebendig und
vollkommen vorzuſtellen. Wie dann der beruͤhmte
Barlæus in ſeinen Poemat. P. 2. gar ſchoͤn ſchreibt:
Nemo propius ad Deos accedit, nemo cum iis fa-
miliarius agit, nemo indolem divinam magis refert
quam Poeta. Joves, Mercurios nobiſcum loqui fa-
cimus in Poeſi, quod nec Juris Conſulto, nec Medi-
co, nec Philoſopho, concesſum. Non minus ubique
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[10/0022] ſus radicem, quadrupedia fructum, ſic in poetis alius aliud quærit, hic Hiſtoriam, ille Sermonis Ornamen- ta, ille probationes, ille præcepta vivendi. Daß dannenhero Ovidius von ihr ſingt Lib. Amor 3. 11. c. F. Exit in immenſum fœcunda Licentia vatum Obligat hiſtorica nec ſua verba fide. Und Buchnerus von Poeten: Poetæ eſt repræſentare Rem licet recedat a Regula. 3. Die Dicht-Kunſt fuͤhrt auf den Parnasſum, da wir nicht duͤrffen aus der Stelle gehen. Sie weiſet uns die guͤldne Berge/ die Schatz-Kammern Indi- ens/ da wir keinen Schacht betreten. Sie bringt uns in die gluͤckliche Inſuln/ in das gelobte Land/ wo Ho- nig und Milch flieſt/ da wir nicht duͤrffen aus der Stuben ſchreiten. Sie ſtellet uns den Kaſten Noaͤ und das alte Eiß von der Suͤndfluht vor/ als wann es noch vor unſern Augen ſchwimme. Sie weiß Methuſalems Zeit ſo zu erneuren/ als wenn ſein Stunden-Glaß itzt erſt anfinge zu lauffen/ und wie weit wir mit unſerm Verſtande reichen/ mit unſern Sinnen begreiffen/ daß weiß ſie alles lebendig und vollkommen vorzuſtellen. Wie dann der beruͤhmte Barlæus in ſeinen Poemat. P. 2. gar ſchoͤn ſchreibt: Nemo propius ad Deos accedit, nemo cum iis fa- miliarius agit, nemo indolem divinam magis refert quam Poeta. Joves, Mercurios nobiſcum loqui fa- cimus in Poeſi, quod nec Juris Conſulto, nec Medi- co, nec Philoſopho, concesſum. Non minus ubique ſumus quam ſuperi, & licet habitemus in Terris in inter-

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/22>, abgerufen am 23.11.2024.