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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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intermundiis Epicuri, cum libet scribimus. Solus
post Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red-
dit, & immortalitate donat Achillem. Caesis visum
dat &c. probosq; superlativis donat-nec abest a Mi-
raculo, grandem caeli Machinam in Epigrammatis
punctum contrahere, & numerosos Exercitus clas-
sesque Terras omnes & Insulas paucis pagellis com-
plecti, &c.
Wuste Orpheus seine Proserpinam aus
der Hölle mit seiner Harffe zu bringen/ so weiß die
Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir-
ten melancholischen Saul wiederum auffzurichten.

4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von
poieo, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/
ahme nach/ etc. Also daß ein Poet der sey/ welcher
stets arbeite/ nachsinne/ und occupat in der Mühe
sich erweise. Garzon will/ es komme her von poiethes,
welches so viel heist/ als eine schöne Rede. Aber
kurtz zu fassen/ so stammt es her von poietes, wel-
ches so viel anzeiget/ als ein Poet sey ein stattlicher
Macher oder Kunst-Würcker/ der seine Rede geschick-
lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung stelle/ sein
Vornehmen recht wol ausführe/ dem Original natu-
rel
nachahme/ fingere enim seu effingere est imitari,
nempe Rem illam, cujus imago & similitudo fingi-
tur, & qui imitatur, effingit quippiam
schreibt Buch-
lerus in Institut. Poet. p. 2. Conf. Pasor. Lexico Grae-
co pag.
592.

5. Die Poesie ist gleichsam das Confect aller Wis-
schafften/ so unsere Sinnen vergnüget; Und wie das
Latein der Zucker ist/ so keine Suppen verdirbt/ son-

dern

intermundiis Epicuri, cum libet ſcribimus. Solus
poſt Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red-
dit, & immortalitate donat Achillem. Cæſis viſum
dat &c. probosq́; ſuperlativis donat-nec abeſt a Mi-
raculo, grandem cæli Machinam in Epigrammatis
punctum contrahere, & numeroſos Exercitus claſ-
ſesque Terras omnes & Inſulas paucis pagellis com-
plecti, &c.
Wuſte Orpheus ſeine Proſerpinam aus
der Hoͤlle mit ſeiner Harffe zu bringen/ ſo weiß die
Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir-
ten melancholiſchen Saul wiederum auffzurichten.

4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von
ϖοίεω, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/
ahme nach/ ꝛc. Alſo daß ein Poet der ſey/ welcher
ſtets arbeite/ nachſinne/ und occupat in der Muͤhe
ſich erweiſe. Garzon will/ es komme her von ϖοιηϑὴς,
welches ſo viel heiſt/ als eine ſchoͤne Rede. Aber
kurtz zu faſſen/ ſo ſtammt es her von ϖοιητὴς, wel-
ches ſo viel anzeiget/ als ein Poet ſey ein ſtattlicher
Macher oder Kunſt-Wuͤrcker/ der ſeine Rede geſchick-
lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung ſtelle/ ſein
Vornehmen recht wol ausfuͤhre/ dem Original natu-
rel
nachahme/ fingere enim ſeu effingere eſt imitari,
nempe Rem illam, cujus imago & ſimilitudo fingi-
tur, & qui imitatur, effingit quippiam
ſchreibt Buch-
lerus in Inſtitut. Poet. p. 2. Conf. Paſor. Lexico Græ-
co pag.
592.

5. Die Poeſie iſt gleichſam das Confect aller Wiſ-
ſchafften/ ſo unſere Sinnen vergnuͤget; Und wie das
Latein der Zucker iſt/ ſo keine Suppen verdirbt/ ſon-

dern
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[11/0023] intermundiis Epicuri, cum libet ſcribimus. Solus poſt Deos Miracula facit Poeta, mortuis vitam red- dit, & immortalitate donat Achillem. Cæſis viſum dat &c. probosq́; ſuperlativis donat-nec abeſt a Mi- raculo, grandem cæli Machinam in Epigrammatis punctum contrahere, & numeroſos Exercitus claſ- ſesque Terras omnes & Inſulas paucis pagellis com- plecti, &c. Wuſte Orpheus ſeine Proſerpinam aus der Hoͤlle mit ſeiner Harffe zu bringen/ ſo weiß die Dichterey durch ihren lieblichen Thon einen verir- ten melancholiſchen Saul wiederum auffzurichten. 4. Einige deriviren das Wort Poeterey/ von ϖοίεω, ich mache/ arbeite/ formire, baue auf/ dichte/ ahme nach/ ꝛc. Alſo daß ein Poet der ſey/ welcher ſtets arbeite/ nachſinne/ und occupat in der Muͤhe ſich erweiſe. Garzon will/ es komme her von ϖοιηϑὴς, welches ſo viel heiſt/ als eine ſchoͤne Rede. Aber kurtz zu faſſen/ ſo ſtammt es her von ϖοιητὴς, wel- ches ſo viel anzeiget/ als ein Poet ſey ein ſtattlicher Macher oder Kunſt-Wuͤrcker/ der ſeine Rede geſchick- lich ausarbeite/ ziere/ in gute Ordnung ſtelle/ ſein Vornehmen recht wol ausfuͤhre/ dem Original natu- rel nachahme/ fingere enim ſeu effingere eſt imitari, nempe Rem illam, cujus imago & ſimilitudo fingi- tur, & qui imitatur, effingit quippiam ſchreibt Buch- lerus in Inſtitut. Poet. p. 2. Conf. Paſor. Lexico Græ- co pag. 592. 5. Die Poeſie iſt gleichſam das Confect aller Wiſ- ſchafften/ ſo unſere Sinnen vergnuͤget; Und wie das Latein der Zucker iſt/ ſo keine Suppen verdirbt/ ſon- dern

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Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/23>, abgerufen am 23.11.2024.