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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
merklicher Weg zurückgelegt wäre, hätte m schon den
Grund des Geschützrohres erreicht. Sobald aber M
und m miteinander in starre Verbindung treten, gegen-
einander relativ ruhen, muss auch absolute Ruhe ein-
treten, weil der Gesammtschwerpunkt ebenfalls ruht.
Aus demselben Grunde könnte beim Aufnehmen von
Steinen in dem obigen Beispiele keine ausgiebige Be-
wegung eintreten, weil beim Eintreten der starren Ver-
bindung zwischen dem Wagen und den Steinen die er-
zeugten entgegengesetzten Bewegungsgrössen wieder auf-
gehoben würden. Ein Geschütz könnte beim Einsaugen
eines Geschosses nur dann einen merklichen Rückstoss
erhalten, wenn das eingesaugte Geschoss hindurch-
fliegen könnte.

Der Körper einer frei aufgehängten, oder mit nicht
genügender Reibung auf den Schienen ruhenden Loco-
motive kommt, sobald die beträchtlichen Eisenmassen
mit dem Kolben des Dampfcylinders in oscillirende
Bewegung gerathen, nach dem Schwerpunktsgesetz in
entgegengesetzte Oscillation, welche für den gleich-
mässigen Gang sehr störend werden kann. Um diese
Oscillation auszuschliessen, muss man dafür sorgen,
dass die Bewegung der durch den Kolben getriebenen
Eisenmassen durch die entgegengesetzte Bewegung an-
derer Massen derart compensirt wird, dass der Ge-
sammtschwerpunkt ohne Bewegung des Locomotiven-
körpers an Ort und Stelle bleiben kann. Dies ge-
schieht durch Anbringen von Eisenmassen an den Trieb-
rädern der Locomotive.

Die hierher gehörigen Verhältnisse lassen sich sehr
hübsch an dem Elektromotor von Page Fig. 150 erläutern.
Wenn der Eisenkern in der Spule AB durch die
innern Kräfte swischen Spule und Kern nach rechts
rückt, bewegt sich der Motorkörper nach links, sobald
derselbe leicht beweglich auf Rädchen rr ruht. Bringt
man aber an einer Speiche des Schwungrades R ein
passendes Laufgewicht a an, welches sich dem Eisen-

Drittes Kapitel.
merklicher Weg zurückgelegt wäre, hätte m schon den
Grund des Geschützrohres erreicht. Sobald aber M
und m miteinander in starre Verbindung treten, gegen-
einander relativ ruhen, muss auch absolute Ruhe ein-
treten, weil der Gesammtschwerpunkt ebenfalls ruht.
Aus demselben Grunde könnte beim Aufnehmen von
Steinen in dem obigen Beispiele keine ausgiebige Be-
wegung eintreten, weil beim Eintreten der starren Ver-
bindung zwischen dem Wagen und den Steinen die er-
zeugten entgegengesetzten Bewegungsgrössen wieder auf-
gehoben würden. Ein Geschütz könnte beim Einsaugen
eines Geschosses nur dann einen merklichen Rückstoss
erhalten, wenn das eingesaugte Geschoss hindurch-
fliegen könnte.

Der Körper einer frei aufgehängten, oder mit nicht
genügender Reibung auf den Schienen ruhenden Loco-
motive kommt, sobald die beträchtlichen Eisenmassen
mit dem Kolben des Dampfcylinders in oscillirende
Bewegung gerathen, nach dem Schwerpunktsgesetz in
entgegengesetzte Oscillation, welche für den gleich-
mässigen Gang sehr störend werden kann. Um diese
Oscillation auszuschliessen, muss man dafür sorgen,
dass die Bewegung der durch den Kolben getriebenen
Eisenmassen durch die entgegengesetzte Bewegung an-
derer Massen derart compensirt wird, dass der Ge-
sammtschwerpunkt ohne Bewegung des Locomotiven-
körpers an Ort und Stelle bleiben kann. Dies ge-
schieht durch Anbringen von Eisenmassen an den Trieb-
rädern der Locomotive.

Die hierher gehörigen Verhältnisse lassen sich sehr
hübsch an dem Elektromotor von Page Fig. 150 erläutern.
Wenn der Eisenkern in der Spule AB durch die
innern Kräfte swischen Spule und Kern nach rechts
rückt, bewegt sich der Motorkörper nach links, sobald
derselbe leicht beweglich auf Rädchen rr ruht. Bringt
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[270/0282] Drittes Kapitel. merklicher Weg zurückgelegt wäre, hätte m schon den Grund des Geschützrohres erreicht. Sobald aber M und m miteinander in starre Verbindung treten, gegen- einander relativ ruhen, muss auch absolute Ruhe ein- treten, weil der Gesammtschwerpunkt ebenfalls ruht. Aus demselben Grunde könnte beim Aufnehmen von Steinen in dem obigen Beispiele keine ausgiebige Be- wegung eintreten, weil beim Eintreten der starren Ver- bindung zwischen dem Wagen und den Steinen die er- zeugten entgegengesetzten Bewegungsgrössen wieder auf- gehoben würden. Ein Geschütz könnte beim Einsaugen eines Geschosses nur dann einen merklichen Rückstoss erhalten, wenn das eingesaugte Geschoss hindurch- fliegen könnte. Der Körper einer frei aufgehängten, oder mit nicht genügender Reibung auf den Schienen ruhenden Loco- motive kommt, sobald die beträchtlichen Eisenmassen mit dem Kolben des Dampfcylinders in oscillirende Bewegung gerathen, nach dem Schwerpunktsgesetz in entgegengesetzte Oscillation, welche für den gleich- mässigen Gang sehr störend werden kann. Um diese Oscillation auszuschliessen, muss man dafür sorgen, dass die Bewegung der durch den Kolben getriebenen Eisenmassen durch die entgegengesetzte Bewegung an- derer Massen derart compensirt wird, dass der Ge- sammtschwerpunkt ohne Bewegung des Locomotiven- körpers an Ort und Stelle bleiben kann. Dies ge- schieht durch Anbringen von Eisenmassen an den Trieb- rädern der Locomotive. Die hierher gehörigen Verhältnisse lassen sich sehr hübsch an dem Elektromotor von Page Fig. 150 erläutern. Wenn der Eisenkern in der Spule AB durch die innern Kräfte swischen Spule und Kern nach rechts rückt, bewegt sich der Motorkörper nach links, sobald derselbe leicht beweglich auf Rädchen rr ruht. Bringt man aber an einer Speiche des Schwungrades R ein passendes Laufgewicht a an, welches sich dem Eisen-

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/282>, abgerufen am 13.05.2024.