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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.

8. Als Längeneinheit wird bereits sehr allgemein
der Meter (die Länge des in Paris aufbewahrten Platin-
maasstabes bei 0° C., nahezu des Erdmeridianqua-
dranten) als Zeiteinheit die Secunde (mittlerer Sonnen-
zeit, zuweilen auch Sternzeit) verwendet. Mit Beachtung
der obigen Bemerkungen wählt man als Geschwindigkeits-
einheit diejenige Geschwindigkeit, durch welche 1 m
in der Secunde zurückgelegt wird, und als Beschleu-
nigungseinheit jene, welche einem Geschwindigkeitszu-
wachs 1 in der Secunde entspricht.

Verwickelungen entstehen durch die Wahl der Massen-
einheit und der Krafteinheit. Nimmt man als Massen-
einheit die Masse des pariser Platinkilogrammgewichts-
stückes (nahezu die Masse eines Kubikdecimeters Wasser
von 4° C.) an, so ist die Kraft, mit welcher dieses Stück
von der Erde angezogen wird, nicht 1, sondern hat
wegen p=m·g den Werth g, in Paris also 9·808, an
andern Orten der Erde einen davon etwas verschiedenen
Werth. Die Krafteinheit ist dann diejenige Kraft,
welche in einer Secunde der Masse des Kilogrammstückes
einen Geschwindigkeitszuwachs von 1m per Secunde er-
theilt. Die Arbeitseinheit ist die Wirkung dieser Kraft-
einheit auf 1 m Wegstrecke u. s. w. Dieses consequente
metrische Maasssystem, in welchem also die Masse des
Kilogrammstückes 1 gesetzt wird, nennt man gewöhnlich
das absolute.

Das sogenannte terrestrische Maasssystem entsteht
dadurch, dass man die Kraft, mit welcher das pariser
Kilogrammstück in Paris von der Erde angezogen
wird=1 setzt. Will man dann die einfache Beziehung
p=mg beibehalten, so ist die Masse dieses Kilo-
grammstückes nicht=1, sondern . Es haben dem
nach erst g solche Kilogrammstücke oder 9·808 solche
Kilogrammstücke zusammen die Masse 1. Dasselbe
Kilogrammstück wird an einem andern Ort der Erde A,

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.

8. Als Längeneinheit wird bereits sehr allgemein
der Meter (die Länge des in Paris aufbewahrten Platin-
maasstabes bei 0° C., nahezu des Erdmeridianqua-
dranten) als Zeiteinheit die Secunde (mittlerer Sonnen-
zeit, zuweilen auch Sternzeit) verwendet. Mit Beachtung
der obigen Bemerkungen wählt man als Geschwindigkeits-
einheit diejenige Geschwindigkeit, durch welche 1 m
in der Secunde zurückgelegt wird, und als Beschleu-
nigungseinheit jene, welche einem Geschwindigkeitszu-
wachs 1 in der Secunde entspricht.

Verwickelungen entstehen durch die Wahl der Massen-
einheit und der Krafteinheit. Nimmt man als Massen-
einheit die Masse des pariser Platinkilogrammgewichts-
stückes (nahezu die Masse eines Kubikdecimeters Wasser
von 4° C.) an, so ist die Kraft, mit welcher dieses Stück
von der Erde angezogen wird, nicht 1, sondern hat
wegen p=m·g den Werth g, in Paris also 9·808, an
andern Orten der Erde einen davon etwas verschiedenen
Werth. Die Krafteinheit ist dann diejenige Kraft,
welche in einer Secunde der Masse des Kilogrammstückes
einen Geschwindigkeitszuwachs von 1m per Secunde er-
theilt. Die Arbeitseinheit ist die Wirkung dieser Kraft-
einheit auf 1 m Wegstrecke u. s. w. Dieses consequente
metrische Maasssystem, in welchem also die Masse des
Kilogrammstückes 1 gesetzt wird, nennt man gewöhnlich
das absolute.

Das sogenannte terrestrische Maasssystem entsteht
dadurch, dass man die Kraft, mit welcher das pariser
Kilogrammstück in Paris von der Erde angezogen
wird=1 setzt. Will man dann die einfache Beziehung
p=mg beibehalten, so ist die Masse dieses Kilo-
grammstückes nicht=1, sondern . Es haben dem
nach erst g solche Kilogrammstücke oder 9·808 solche
Kilogrammstücke zusammen die Masse 1. Dasselbe
Kilogrammstück wird an einem andern Ort der Erde A,

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[263/0275] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. 8. Als Längeneinheit wird bereits sehr allgemein der Meter (die Länge des in Paris aufbewahrten Platin- maasstabes bei 0° C., nahezu [FORMEL] des Erdmeridianqua- dranten) als Zeiteinheit die Secunde (mittlerer Sonnen- zeit, zuweilen auch Sternzeit) verwendet. Mit Beachtung der obigen Bemerkungen wählt man als Geschwindigkeits- einheit diejenige Geschwindigkeit, durch welche 1 m in der Secunde zurückgelegt wird, und als Beschleu- nigungseinheit jene, welche einem Geschwindigkeitszu- wachs 1 in der Secunde entspricht. Verwickelungen entstehen durch die Wahl der Massen- einheit und der Krafteinheit. Nimmt man als Massen- einheit die Masse des pariser Platinkilogrammgewichts- stückes (nahezu die Masse eines Kubikdecimeters Wasser von 4° C.) an, so ist die Kraft, mit welcher dieses Stück von der Erde angezogen wird, nicht 1, sondern hat wegen p=m·g den Werth g, in Paris also 9·808, an andern Orten der Erde einen davon etwas verschiedenen Werth. Die Krafteinheit ist dann diejenige Kraft, welche in einer Secunde der Masse des Kilogrammstückes einen Geschwindigkeitszuwachs von 1m per Secunde er- theilt. Die Arbeitseinheit ist die Wirkung dieser Kraft- einheit auf 1 m Wegstrecke u. s. w. Dieses consequente metrische Maasssystem, in welchem also die Masse des Kilogrammstückes 1 gesetzt wird, nennt man gewöhnlich das absolute. Das sogenannte terrestrische Maasssystem entsteht dadurch, dass man die Kraft, mit welcher das pariser Kilogrammstück in Paris von der Erde angezogen wird=1 setzt. Will man dann die einfache Beziehung p=mg beibehalten, so ist die Masse dieses Kilo- grammstückes nicht=1, sondern [FORMEL]. Es haben dem nach erst g solche Kilogrammstücke oder 9·808 solche Kilogrammstücke zusammen die Masse 1. Dasselbe Kilogrammstück wird an einem andern Ort der Erde A,

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/275>, abgerufen am 25.11.2024.