Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweites Kapitel.
noch vor einer andern Seite betrachten. Er begann
dieselben mit den seiner Zeit geläufigen, namentlich
durch die Technik entwickelten Begriffen. Ein solcher
Begriff ist der Begriff Geschwindigkeit, welcher sehr
leicht an der gleichförmigen Bewegung gewonnen wird.
Legt ein Körper in jeder Zeitsecunde den gleichen Weg
c zurück, so ist der nach t Secunden zurückgelegte
Weg s=ct. Den in der Secunde zurückgelegten Weg
c nennen wir die Geschwindigkeit, und finden dieselbe
auch durch Beobachtung eines beliebigen Wegstückes
und der zugehörigen Zeit mit Hülfe der Gleichung
c=, also indem wir die Maasszahl des zurückgelegten
[Abbildung] Fig. 94.
Weges durch die Maasszahl der verflossenen Zeit divi-
diren.

Galilei konnte nun seine Untersuchungen nicht voll-
enden, ohne den hergebrachten Begriff der Geschwin-
digkeit stillschweigend zu modificiren und zu erweitern.
Stellen wir uns der Anschaulichkeit wegen in 1 eine
gleichförmige, in 2 eine ungleichförmige Bewegung dar,
indem wir nach OA als Abscissen die verflossenen Zei-
ten, nach AB als Ordinaten die zurückgelegten Wege
auftragen. In 1 erhält man nun, man mag was immer
für einen Wegzuwachs durch den zugehörigen Zeitzu-
wachs dividiren, für die Geschwindigkeit c denselben
Werth. Wollte man hingegen in 2 ebenso verfahren,
so würde man die verschiedensten Werthe erhalten, und

Zweites Kapitel.
noch vor einer andern Seite betrachten. Er begann
dieselben mit den seiner Zeit geläufigen, namentlich
durch die Technik entwickelten Begriffen. Ein solcher
Begriff ist der Begriff Geschwindigkeit, welcher sehr
leicht an der gleichförmigen Bewegung gewonnen wird.
Legt ein Körper in jeder Zeitsecunde den gleichen Weg
c zurück, so ist der nach t Secunden zurückgelegte
Weg s=ct. Den in der Secunde zurückgelegten Weg
c nennen wir die Geschwindigkeit, und finden dieselbe
auch durch Beobachtung eines beliebigen Wegstückes
und der zugehörigen Zeit mit Hülfe der Gleichung
c=, also indem wir die Maasszahl des zurückgelegten
[Abbildung] Fig. 94.
Weges durch die Maasszahl der verflossenen Zeit divi-
diren.

Galilei konnte nun seine Untersuchungen nicht voll-
enden, ohne den hergebrachten Begriff der Geschwin-
digkeit stillschweigend zu modificiren und zu erweitern.
Stellen wir uns der Anschaulichkeit wegen in 1 eine
gleichförmige, in 2 eine ungleichförmige Bewegung dar,
indem wir nach OA als Abscissen die verflossenen Zei-
ten, nach AB als Ordinaten die zurückgelegten Wege
auftragen. In 1 erhält man nun, man mag was immer
für einen Wegzuwachs durch den zugehörigen Zeitzu-
wachs dividiren, für die Geschwindigkeit c denselben
Werth. Wollte man hingegen in 2 ebenso verfahren,
so würde man die verschiedensten Werthe erhalten, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0144" n="132"/><fw place="top" type="header">Zweites Kapitel.</fw><lb/>
noch vor einer andern Seite betrachten. Er begann<lb/>
dieselben mit den seiner Zeit geläufigen, namentlich<lb/>
durch die Technik entwickelten Begriffen. Ein solcher<lb/>
Begriff ist der Begriff Geschwindigkeit, welcher sehr<lb/>
leicht an der gleichförmigen Bewegung gewonnen wird.<lb/>
Legt ein Körper in jeder Zeitsecunde den gleichen Weg<lb/><hi rendition="#i">c</hi> zurück, so ist der nach <hi rendition="#i">t</hi> Secunden zurückgelegte<lb/>
Weg <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">s=ct</hi></hi>. Den in der Secunde zurückgelegten Weg<lb/><hi rendition="#i">c</hi> nennen wir die Geschwindigkeit, und finden dieselbe<lb/>
auch durch Beobachtung eines beliebigen Wegstückes<lb/>
und der zugehörigen Zeit mit Hülfe der Gleichung<lb/><hi rendition="#i">c=<formula notation="TeX"> \frac {s}{t}</formula></hi>, also indem wir die Maasszahl des zurückgelegten<lb/><figure><head><hi rendition="#i">Fig. 94.</hi></head></figure><lb/>
Weges durch die Maasszahl der verflossenen Zeit divi-<lb/>
diren.</p><lb/>
          <p>Galilei konnte nun seine Untersuchungen nicht voll-<lb/>
enden, ohne den hergebrachten Begriff der Geschwin-<lb/>
digkeit stillschweigend zu modificiren und zu erweitern.<lb/>
Stellen wir uns der Anschaulichkeit wegen in 1 eine<lb/>
gleichförmige, in 2 eine ungleichförmige Bewegung dar,<lb/>
indem wir nach <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">OA</hi></hi> als Abscissen die verflossenen Zei-<lb/>
ten, nach <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">AB</hi></hi> als Ordinaten die zurückgelegten Wege<lb/>
auftragen. In 1 erhält man nun, man mag was immer<lb/>
für einen Wegzuwachs durch den zugehörigen Zeitzu-<lb/>
wachs dividiren, für die Geschwindigkeit <hi rendition="#i">c</hi> <hi rendition="#g">denselben</hi><lb/>
Werth. Wollte man hingegen in 2 ebenso verfahren,<lb/>
so würde man die verschiedensten Werthe erhalten, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0144] Zweites Kapitel. noch vor einer andern Seite betrachten. Er begann dieselben mit den seiner Zeit geläufigen, namentlich durch die Technik entwickelten Begriffen. Ein solcher Begriff ist der Begriff Geschwindigkeit, welcher sehr leicht an der gleichförmigen Bewegung gewonnen wird. Legt ein Körper in jeder Zeitsecunde den gleichen Weg c zurück, so ist der nach t Secunden zurückgelegte Weg s=ct. Den in der Secunde zurückgelegten Weg c nennen wir die Geschwindigkeit, und finden dieselbe auch durch Beobachtung eines beliebigen Wegstückes und der zugehörigen Zeit mit Hülfe der Gleichung c=[FORMEL], also indem wir die Maasszahl des zurückgelegten [Abbildung Fig. 94.] Weges durch die Maasszahl der verflossenen Zeit divi- diren. Galilei konnte nun seine Untersuchungen nicht voll- enden, ohne den hergebrachten Begriff der Geschwin- digkeit stillschweigend zu modificiren und zu erweitern. Stellen wir uns der Anschaulichkeit wegen in 1 eine gleichförmige, in 2 eine ungleichförmige Bewegung dar, indem wir nach OA als Abscissen die verflossenen Zei- ten, nach AB als Ordinaten die zurückgelegten Wege auftragen. In 1 erhält man nun, man mag was immer für einen Wegzuwachs durch den zugehörigen Zeitzu- wachs dividiren, für die Geschwindigkeit c denselben Werth. Wollte man hingegen in 2 ebenso verfahren, so würde man die verschiedensten Werthe erhalten, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/144
Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/144>, abgerufen am 02.05.2024.