Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.Die Entwickelung der Principien der Dynamik. nebenher das sogenannte Gesetz der Trägheit gefundenhat. Ein Körper, auf welchen, wie man zu sagen pflegt, keine Kraft wirkt, behält seine Richtung und Geschwindigkeit unverändert bei. Mit diesem Gesetz der Trägheit ist es sonderbar zugegangen. Bei Galilei scheint es nie eine besondere Rolle gespielt zu haben. Die Nachfolger aber, namentlich Huyghens und Newton haben es als ein besonderes Gesetz formulirt. Ja man hat sogar aus der Trägheit eine allgemeine Eigenschaft der Materie gemacht. Man erkennt aber leicht, dass das Trägheitsgesetz gar kein besonderes Gesetz ist, sondern in der Galilei'schen Anschauung, dass alle be- wegungsbestimmenden Umstände (Kräfte) Beschleuni- gungen setzen, schon mit enthalten ist. In der That, wenn eine Kraft keine Lage und keine Die Trägheit als selbstverständlich darzustellen, oder 12. Wir wollen nun die Galilei'schen Untersuchungen 9*
Die Entwickelung der Principien der Dynamik. nebenher das sogenannte Gesetz der Trägheit gefundenhat. Ein Körper, auf welchen, wie man zu sagen pflegt, keine Kraft wirkt, behält seine Richtung und Geschwindigkeit unverändert bei. Mit diesem Gesetz der Trägheit ist es sonderbar zugegangen. Bei Galilei scheint es nie eine besondere Rolle gespielt zu haben. Die Nachfolger aber, namentlich Huyghens und Newton haben es als ein besonderes Gesetz formulirt. Ja man hat sogar aus der Trägheit eine allgemeine Eigenschaft der Materie gemacht. Man erkennt aber leicht, dass das Trägheitsgesetz gar kein besonderes Gesetz ist, sondern in der Galilei’schen Anschauung, dass alle be- wegungsbestimmenden Umstände (Kräfte) Beschleuni- gungen setzen, schon mit enthalten ist. In der That, wenn eine Kraft keine Lage und keine Die Trägheit als selbstverständlich darzustellen, oder 12. Wir wollen nun die Galilei’schen Untersuchungen 9*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0143" n="131"/><fw place="top" type="header">Die Entwickelung der Principien der Dynamik.</fw><lb/><hi rendition="#g">nebenher</hi> das sogenannte Gesetz der Trägheit gefunden<lb/> hat. Ein Körper, auf welchen, wie man zu sagen<lb/> pflegt, keine Kraft wirkt, behält seine Richtung und<lb/> Geschwindigkeit unverändert bei. Mit diesem Gesetz<lb/> der Trägheit ist es sonderbar zugegangen. Bei Galilei<lb/> scheint es nie eine besondere Rolle gespielt zu haben.<lb/> Die Nachfolger aber, namentlich Huyghens und Newton<lb/> haben es als ein besonderes Gesetz formulirt. Ja man<lb/> hat sogar aus der Trägheit eine allgemeine Eigenschaft<lb/> der Materie gemacht. Man erkennt aber leicht, dass<lb/> das Trägheitsgesetz gar kein besonderes Gesetz ist,<lb/> sondern in der Galilei’schen Anschauung, dass alle be-<lb/> wegungsbestimmenden Umstände (Kräfte) <hi rendition="#g">Beschleuni-<lb/> gungen</hi> setzen, schon mit enthalten ist.</p><lb/> <p>In der That, wenn eine Kraft keine Lage und keine<lb/> Geschwindigkeit, sondern eine Beschleunigung, eine<lb/> Geschwindigkeit<hi rendition="#g">sänderung</hi> bestimmt, so versteht es sich,<lb/> dass wo keine Kraft ist, auch keine Aenderung der<lb/> Geschwindigkeit stattfindet. Man hat nicht nöthig das<lb/> besonders auszusprechen. Nur die Befangenheit des<lb/> Anfängers, die sich auch der grossen Forscher der<lb/> Fülle des neuen Stoffes gegenüber bemächtigte, konnte<lb/> bewirken, dass sie sich <hi rendition="#g">dieselbe</hi> Thatsache als <hi rendition="#g">zwei ver-<lb/> schiedene</hi> Thatsachen vorstellten und dieselbe <hi rendition="#g">zwei-<lb/> mal</hi> formulirten.</p><lb/> <p>Die Trägheit als selbstverständlich darzustellen, oder<lb/> sie aus dem allgemeinen Satze „die Wirkung einer<lb/> Ursache verharrt‟ abzuleiten, ist jedenfalls durchaus<lb/> verfehlt. Nur ein falsches Streben nach Strenge kann<lb/> auf solche Abwege führen. Mit scholastischen Sätzen,<lb/> wie mit dem angeführten, ist auf diesem Gebiete nichts<lb/> zu verrichten. Man überzeugt sich leicht, dass auch<lb/> der entgegengesetzte Satz, „cessante causa cessat effectus‟,<lb/> ebenso gut passt. Nennt man die erlangte Geschwin-<lb/> digkeit „Wirkung‟, so ist der erste Satz richtig, nennt<lb/> man die Beschleunigung „Wirkung‟, so gilt der zweite<lb/> Satz.</p><lb/> <p>12. Wir wollen nun die Galilei’schen Untersuchungen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0143]
Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
nebenher das sogenannte Gesetz der Trägheit gefunden
hat. Ein Körper, auf welchen, wie man zu sagen
pflegt, keine Kraft wirkt, behält seine Richtung und
Geschwindigkeit unverändert bei. Mit diesem Gesetz
der Trägheit ist es sonderbar zugegangen. Bei Galilei
scheint es nie eine besondere Rolle gespielt zu haben.
Die Nachfolger aber, namentlich Huyghens und Newton
haben es als ein besonderes Gesetz formulirt. Ja man
hat sogar aus der Trägheit eine allgemeine Eigenschaft
der Materie gemacht. Man erkennt aber leicht, dass
das Trägheitsgesetz gar kein besonderes Gesetz ist,
sondern in der Galilei’schen Anschauung, dass alle be-
wegungsbestimmenden Umstände (Kräfte) Beschleuni-
gungen setzen, schon mit enthalten ist.
In der That, wenn eine Kraft keine Lage und keine
Geschwindigkeit, sondern eine Beschleunigung, eine
Geschwindigkeitsänderung bestimmt, so versteht es sich,
dass wo keine Kraft ist, auch keine Aenderung der
Geschwindigkeit stattfindet. Man hat nicht nöthig das
besonders auszusprechen. Nur die Befangenheit des
Anfängers, die sich auch der grossen Forscher der
Fülle des neuen Stoffes gegenüber bemächtigte, konnte
bewirken, dass sie sich dieselbe Thatsache als zwei ver-
schiedene Thatsachen vorstellten und dieselbe zwei-
mal formulirten.
Die Trägheit als selbstverständlich darzustellen, oder
sie aus dem allgemeinen Satze „die Wirkung einer
Ursache verharrt‟ abzuleiten, ist jedenfalls durchaus
verfehlt. Nur ein falsches Streben nach Strenge kann
auf solche Abwege führen. Mit scholastischen Sätzen,
wie mit dem angeführten, ist auf diesem Gebiete nichts
zu verrichten. Man überzeugt sich leicht, dass auch
der entgegengesetzte Satz, „cessante causa cessat effectus‟,
ebenso gut passt. Nennt man die erlangte Geschwin-
digkeit „Wirkung‟, so ist der erste Satz richtig, nennt
man die Beschleunigung „Wirkung‟, so gilt der zweite
Satz.
12. Wir wollen nun die Galilei’schen Untersuchungen
9*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |