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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die erste Betrachtung.


darauff nicht zuverlassen/ wann schon ein vermö-
gender Herr dir wohl wil/ du weist nicht wie
lange er lebet/ hast du denn keinen mehr der dir
wol wil/ so wird es dir warlich nimmer wol gehen.

Es scheinet/ als wenn wider die hohe Maje-
stät und Gewalt in der Welt allhie gar zu ge-
ringschätzig geredet sey. Aber man lese was im
62. Psalm v. 10. von ihnen stehet/ so wird man
noch ein mehrers hören: Menschen seynd
doch ja nichts
/ spricht David/ der doch auch
ein mächtiger König war. Menschen seynd
doch ja nichts/ grosse Leute feilen auch.
Ei-
gentlich: Menschen-Kinder seynd nur lauter
Eitelkeit/ und grosse Leute nur eitel Lügen.
Sie wegen weniger denn nichts/ so viel ih-
rer ist.
Wann man sie auff eine Wage leget/
und Menschliche Noth dagegen/ zuvernehmen
wie viel ein Mensch vermag/ so wird sich befin-
den/ daß sie allesammt/ wie ansehnlich sie auch sind/
so eitel und an Kräfften so leer sind/ daß sie nicht
gnugsam seyn gegen allerley Zufälle der Men-
schen. Sie werden leichter gefunden als die Ei-
telkeit selbst. Sihe/ so redet der Geist von ih-
nen. Es wil zwar GOtt/ daß Könige und Für-
sten ihres Ambts halber in hohen Ehren gehal-
ten werden; er kan aber nicht leiden/ daß man
das Vertrauen auff dieselben setze. Denn da
gelten sie weniger als nichts. Das äusserliche

An-
F f f jv

Die erſte Betrachtung.


darauff nicht zuverlaſſen/ wann ſchon ein vermö-
gender Herr dir wohl wil/ du weiſt nicht wie
lange er lebet/ haſt du denn keinen mehr der dir
wol wil/ ſo wird es dir warlich nim̃er wol gehen.

Es ſcheinet/ als wenn wider die hohe Maje-
ſtät und Gewalt in der Welt allhie gar zu ge-
ringſchätzig geredet ſey. Aber man leſe was im
62. Pſalm v. 10. von ihnen ſtehet/ ſo wird man
noch ein mehrers hören: Menſchen ſeynd
doch ja nichts
/ ſpricht David/ der doch auch
ein mächtiger König war. Menſchen ſeynd
doch ja nichts/ groſſe Leute feilen auch.
Ei-
gentlich: Menſchen-Kinder ſeynd nur lauter
Eitelkeit/ und groſſe Leute nur eitel Lügen.
Sie wegen weniger denn nichts/ ſo viel ih-
rer iſt.
Wann man ſie auff eine Wage leget/
und Menſchliche Noth dagegen/ zuvernehmen
wie viel ein Menſch vermag/ ſo wird ſich befin-
den/ daß ſie alleſam̃t/ wie anſehnlich ſie auch ſind/
ſo eitel und an Kräfften ſo leer ſind/ daß ſie nicht
gnugſam ſeyn gegen allerley Zufälle der Men-
ſchen. Sie werden leichter gefunden als die Ei-
telkeit ſelbſt. Sihe/ ſo redet der Geiſt von ih-
nen. Es wil zwar GOtt/ daß Könige und Für-
ſten ihres Ambts halber in hohen Ehren gehal-
ten werden; er kan aber nicht leiden/ daß man
das Vertrauen auff dieſelben ſetze. Denn da
gelten ſie weniger als nichts. Das äuſſerliche

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[823/0846] Die erſte Betrachtung. darauff nicht zuverlaſſen/ wann ſchon ein vermö- gender Herr dir wohl wil/ du weiſt nicht wie lange er lebet/ haſt du denn keinen mehr der dir wol wil/ ſo wird es dir warlich nim̃er wol gehen. Es ſcheinet/ als wenn wider die hohe Maje- ſtät und Gewalt in der Welt allhie gar zu ge- ringſchätzig geredet ſey. Aber man leſe was im 62. Pſalm v. 10. von ihnen ſtehet/ ſo wird man noch ein mehrers hören: Menſchen ſeynd doch ja nichts/ ſpricht David/ der doch auch ein mächtiger König war. Menſchen ſeynd doch ja nichts/ groſſe Leute feilen auch. Ei- gentlich: Menſchen-Kinder ſeynd nur lauter Eitelkeit/ und groſſe Leute nur eitel Lügen. Sie wegen weniger denn nichts/ ſo viel ih- rer iſt. Wann man ſie auff eine Wage leget/ und Menſchliche Noth dagegen/ zuvernehmen wie viel ein Menſch vermag/ ſo wird ſich befin- den/ daß ſie alleſam̃t/ wie anſehnlich ſie auch ſind/ ſo eitel und an Kräfften ſo leer ſind/ daß ſie nicht gnugſam ſeyn gegen allerley Zufälle der Men- ſchen. Sie werden leichter gefunden als die Ei- telkeit ſelbſt. Sihe/ ſo redet der Geiſt von ih- nen. Es wil zwar GOtt/ daß Könige und Für- ſten ihres Ambts halber in hohen Ehren gehal- ten werden; er kan aber nicht leiden/ daß man das Vertrauen auff dieſelben ſetze. Denn da gelten ſie weniger als nichts. Das äuſſerliche An- F f f jv

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 823. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/846>, abgerufen am 23.11.2024.