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Lütkemann, Joachim: Von dem blawen Dunst der Welt ... : Ein Leich-Sermon bey der Leichbegängniß ... Conradi Fincken ... Rostock, 1647.

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Vater über jhn verhängen würde. Weil er nun selbst Hertzen Angst geschmeckt / kan er desto mehr Mitleyden tragen mit angsthafftigen betrübten Hertzen.

Nun möcht man aber sagen: Er schickt vns ja selbstOccupatio. die Trübsal zu. Ist auch wol ein Vnglück in der Stadt / daß der HErr nicht thue? Wahr ists / durch seine schickung oder zulassung geschicht alles / doch sollen wir vns Gott nicht einbilden als einen harten Klotz / dem keine Noth zu Hertzen gehet / er sihet vnser Noth / hat mitleiden vnd ist bereit zu trösten vnd zu helffen. In dem fall ist vnser Gott gleich einem trewen Vater / der sein Kind steupet / vnd jammert jhn doch das ängstliche Flehen seines Kindes / Vnser Wollfart er forderts / wenn wir Christen seyn / daß Gott vns Trübsal zuschicke / solte er aber damit sein barmhertziges Hertz ablegen? daß sey ferne. Denn ob ein Weib jhres Kindes vergiesse / daß sie sich nicht erbarme über den Sohn jhres Leibes / so wil ich doch dein nicht vergessen / spricht der HErr.

In betrachtung des mitleydenden Hertzen ChristiConsectarium primnm do cet, licitun esse, aliquando lugere. vnd vnsers Gottes / erkennen wir / daß zu viel gefodert haben die Heydnischen Philosophi, Stoici genandt / wenn sie begehret / daß man weder durch Glück noch Vnglück sich sol bewegen lassen / sondern alles gleich tragen vnd annehmen / ohne alle Bewegniß des Gemüthes. Traget Christus im Himmel mitleyden mit der betrübten Seelen / wie solte ein Christ nicht mitley den mit dem andern tragen? vnd wie solt eine fromme Seele über einen kläglichen Fall nicht betrübet werden? Wer wil den verdencken / der hochbetrübten Mutter des verstorbenen

Vater über jhn verhängen würde. Weil er nun selbst Hertzen Angst geschmeckt / kan er desto mehr Mitleyden tragen mit angsthafftigen betrübten Hertzen.

Nun möcht man aber sagen: Er schickt vns ja selbstOccupatio. die Trübsal zu. Ist auch wol ein Vnglück in der Stadt / daß der HErr nicht thue? Wahr ists / durch seine schickung oder zulassung geschicht alles / doch sollen wir vns Gott nicht einbilden als einen harten Klotz / dem keine Noth zu Hertzen gehet / er sihet vnser Noth / hat mitleiden vnd ist bereit zu trösten vnd zu helffen. In dem fall ist vnser Gott gleich einem trewen Vater / der sein Kind steupet / vnd jammert jhn doch das ängstliche Flehen seines Kindes / Vnser Wollfart er forderts / wenn wir Christen seyn / daß Gott vns Trübsal zuschicke / solte er aber damit sein barmhertziges Hertz ablegen? daß sey ferne. Deñ ob ein Weib jhres Kindes vergiesse / daß sie sich nicht erbarme über den Sohn jhres Leibes / so wil ich doch dein nicht vergessen / spricht der HErr.

In betrachtung des mitleydenden Hertzen ChristiConsectarium primnm do cet, licitũ esse, aliquando lugere. vnd vnsers Gottes / erkennen wir / daß zu viel gefodert haben die Heydnischen Philosophi, Stoici genandt / wenn sie begehret / daß man weder durch Glück noch Vnglück sich sol bewegen lassen / sondern alles gleich tragen vnd annehmen / ohne alle Bewegniß des Gemüthes. Traget Christus im Himmel mitleyden mit der betrübten Seelen / wie solte ein Christ nicht mitley den mit dem andern tragen? vnd wie solt eine fromme Seele über einen kläglichen Fall nicht betrübet werden? Wer wil den verdencken / der hochbetrübten Mutter des verstorbenen

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[0011] Vater über jhn verhängen würde. Weil er nun selbst Hertzen Angst geschmeckt / kan er desto mehr Mitleyden tragen mit angsthafftigen betrübten Hertzen. Nun möcht man aber sagen: Er schickt vns ja selbst die Trübsal zu. Ist auch wol ein Vnglück in der Stadt / daß der HErr nicht thue? Wahr ists / durch seine schickung oder zulassung geschicht alles / doch sollen wir vns Gott nicht einbilden als einen harten Klotz / dem keine Noth zu Hertzen gehet / er sihet vnser Noth / hat mitleiden vnd ist bereit zu trösten vnd zu helffen. In dem fall ist vnser Gott gleich einem trewen Vater / der sein Kind steupet / vnd jammert jhn doch das ängstliche Flehen seines Kindes / Vnser Wollfart er forderts / wenn wir Christen seyn / daß Gott vns Trübsal zuschicke / solte er aber damit sein barmhertziges Hertz ablegen? daß sey ferne. Deñ ob ein Weib jhres Kindes vergiesse / daß sie sich nicht erbarme über den Sohn jhres Leibes / so wil ich doch dein nicht vergessen / spricht der HErr. Occupatio. In betrachtung des mitleydenden Hertzen Christi vnd vnsers Gottes / erkennen wir / daß zu viel gefodert haben die Heydnischen Philosophi, Stoici genandt / wenn sie begehret / daß man weder durch Glück noch Vnglück sich sol bewegen lassen / sondern alles gleich tragen vnd annehmen / ohne alle Bewegniß des Gemüthes. Traget Christus im Himmel mitleyden mit der betrübten Seelen / wie solte ein Christ nicht mitley den mit dem andern tragen? vnd wie solt eine fromme Seele über einen kläglichen Fall nicht betrübet werden? Wer wil den verdencken / der hochbetrübten Mutter des verstorbenen Consectarium primnm do cet, licitũ esse, aliquando lugere.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Von dem blawen Dunst der Welt ... : Ein Leich-Sermon bey der Leichbegängniß ... Conradi Fincken ... Rostock, 1647, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_dunst_1647/11>, abgerufen am 29.03.2024.