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Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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Die Liebe deß Nechsten bestehet nicht in Worten / sondern in der That / daß wir jhm im Hertzen hold seyn / vnd mit Rath vnd That beyspringen / worinnen er vnser von nöthen hat / vnd wir jhm helffen können. An dieser Liebe deß Nechsten ist die Liebe Gottes so hart verbunden / daß keine von der andern will getrennet seyn. So jemand spricht / ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner; denn es kan nicht seyn / daß einer GOtt liebe / der nicht zugleich seinen Bruder liebe.

Vrsach / Wer seinen Bruder nicht liebet / den erRatio 1. sihet / wie kan er GOTT lieben / den er nicht sihet? Die Liebe folget der Erkäntnüß / GOtt aber sehen wir nicht / vnd kennen jhn kaum. Hingegen so schwebet vns vnser nothleidender Bruder täglich für Augen / daß seine Noth vns leicht kan das Hertz bewegen / als wann ein armer Lazarus für eines Reichen Thür liget / kranck / hungerig / durstig / nacket vnd ohnmächtig. Wer da keine Liebe übet / wann er für Augen sihet / das jhn zur Liebe bewegen solte / was will er sich rühmen / daß er liebe das / welches er nicht sihet / vnd kaum kennet? Zu dem muß die Liebe thätig seyn. GOtt aber bedarff vnserer Dienste nicht für sich / er ist vns zu hoch gesessen / daß wir jhm weder rathen noch helffen können. Vnsere Brüder vnd Schwestern hat GOtt der himlische Vatter vns für Augen gestellet / an denen können wir Liebe üben. Vben wir aber keine Liebe an denen / so üben wir gar keine Liebe. Auff solche weise hat Johannes vorhin gesaget: Ihr Lieben / hat vns GOttV. 11. also geliebet / so sollen wir vns auch vnter einander lieben. Niemand hat GOtt jemals gesehen. Als wolte er sagen: Wer lieben will / muß in der That lieben. GOtt an jhm selbsten können wir keine Liebe erzeigen; denn wir sehen jhn nicht. Doch seynd wir schuldig jhn zu lieben / denn er hat vns vor geliebet / darumb so lasset vns jhn in vnsern Brüdern lieben.

Eine andere Vrsach / warumb Gottes vnd deß NechstenRatio 2.

Die Liebe deß Nechsten bestehet nicht in Worten / sondern in der That / daß wir jhm im Hertzen hold seyn / vnd mit Rath vnd That beyspringen / worinnen er vnser von nöthen hat / vnd wir jhm helffen können. An dieser Liebe deß Nechsten ist die Liebe Gottes so hart verbunden / daß keine von der andern will getrennet seyn. So jemand spricht / ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner; denn es kan nicht seyn / daß einer GOtt liebe / der nicht zugleich seinen Bruder liebe.

Vrsach / Wer seinen Bruder nicht liebet / den erRatio 1. sihet / wie kan er GOTT lieben / den er nicht sihet? Die Liebe folget der Erkäntnüß / GOtt aber sehen wir nicht / vnd kennen jhn kaum. Hingegen so schwebet vns vnser nothleidender Bruder täglich für Augen / daß seine Noth vns leicht kan das Hertz bewegen / als wann ein armer Lazarus für eines Reichen Thür liget / kranck / hungerig / durstig / nacket vnd ohnmächtig. Wer da keine Liebe übet / wann er für Augen sihet / das jhn zur Liebe bewegen solte / was will er sich rühmen / daß er liebe das / welches er nicht sihet / vnd kaum kennet? Zu dem muß die Liebe thätig seyn. GOtt aber bedarff vnserer Dienste nicht für sich / er ist vns zu hoch gesessen / daß wir jhm weder rathen noch helffen können. Vnsere Brüder vnd Schwestern hat GOtt der himlische Vatter vns für Augen gestellet / an denen können wir Liebe üben. Vben wir aber keine Liebe an denen / so üben wir gar keine Liebe. Auff solche weise hat Johannes vorhin gesaget: Ihr Lieben / hat vns GOttV. 11. also geliebet / so sollen wir vns auch vnter einander lieben. Niemand hat GOtt jemals gesehen. Als wolte er sagen: Wer lieben will / muß in der That lieben. GOtt an jhm selbsten können wir keine Liebe erzeigen; denn wir sehen jhn nicht. Doch seynd wir schuldig jhn zu lieben / denn er hat vns vor geliebet / darumb so lasset vns jhn in vnsern Brüdern lieben.

Eine andere Vrsach / warumb Gottes vnd deß NechstenRatio 2.

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[35/0051] Die Liebe deß Nechsten bestehet nicht in Worten / sondern in der That / daß wir jhm im Hertzen hold seyn / vnd mit Rath vnd That beyspringen / worinnen er vnser von nöthen hat / vnd wir jhm helffen können. An dieser Liebe deß Nechsten ist die Liebe Gottes so hart verbunden / daß keine von der andern will getrennet seyn. So jemand spricht / ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner; denn es kan nicht seyn / daß einer GOtt liebe / der nicht zugleich seinen Bruder liebe. Vrsach / Wer seinen Bruder nicht liebet / den er sihet / wie kan er GOTT lieben / den er nicht sihet? Die Liebe folget der Erkäntnüß / GOtt aber sehen wir nicht / vnd kennen jhn kaum. Hingegen so schwebet vns vnser nothleidender Bruder täglich für Augen / daß seine Noth vns leicht kan das Hertz bewegen / als wann ein armer Lazarus für eines Reichen Thür liget / kranck / hungerig / durstig / nacket vnd ohnmächtig. Wer da keine Liebe übet / wann er für Augen sihet / das jhn zur Liebe bewegen solte / was will er sich rühmen / daß er liebe das / welches er nicht sihet / vnd kaum kennet? Zu dem muß die Liebe thätig seyn. GOtt aber bedarff vnserer Dienste nicht für sich / er ist vns zu hoch gesessen / daß wir jhm weder rathen noch helffen können. Vnsere Brüder vnd Schwestern hat GOtt der himlische Vatter vns für Augen gestellet / an denen können wir Liebe üben. Vben wir aber keine Liebe an denen / so üben wir gar keine Liebe. Auff solche weise hat Johannes vorhin gesaget: Ihr Lieben / hat vns GOtt also geliebet / so sollen wir vns auch vnter einander lieben. Niemand hat GOtt jemals gesehen. Als wolte er sagen: Wer lieben will / muß in der That lieben. GOtt an jhm selbsten können wir keine Liebe erzeigen; denn wir sehen jhn nicht. Doch seynd wir schuldig jhn zu lieben / denn er hat vns vor geliebet / darumb so lasset vns jhn in vnsern Brüdern lieben. Ratio 1. V. 11. Eine andere Vrsach / warumb Gottes vnd deß Nechsten Ratio 2.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/51>, abgerufen am 26.04.2024.