zu zeigen, wohin es kommen müsse, zieh' er die Hand vom Ruder ab, und daß er gesinnt sei, von nun an selbst wieder das Schiff zu leiten. Dazwischen fragte er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬ naueres von dem Verunglückten in Tambach wisse. Apollonius konnte ihm sagen, er kenne den Mann; es sei derselbe ungemüthliche Gesell, der vordem bei ihnen gewesen. "So?" sagte der alte Herr gleich¬ gültig. "Und weiß man, was die Ursache war?" Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem Verunglückten gerissen, sei ein fast neues, aber es müsse an der Stelle des Risses rundum mit einem scharfen spitzen Werkzeug durchschnitten gewesen sein. Der alte Herr erschrack. Er ahnte einen Zusammenhang, auf den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren, müsse auf dem Rückweg ein Anschleifeseil verloren haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt, er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müsse einen Zusammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen; und habe durch die Antwort an Valentin ihn den Augen des alten Gesellen entziehen wollen. Er sah, daß Apollonius in seinem, des alten Herren Geiste verfuhr. Von dieser Seite war also nichts zu fürchten. Aber es konnten Umstände im Spiele sein, die trotz
16 *
zu zeigen, wohin es kommen müſſe, zieh' er die Hand vom Ruder ab, und daß er geſinnt ſei, von nun an ſelbſt wieder das Schiff zu leiten. Dazwiſchen fragte er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬ naueres von dem Verunglückten in Tambach wiſſe. Apollonius konnte ihm ſagen, er kenne den Mann; es ſei derſelbe ungemüthliche Geſell, der vordem bei ihnen geweſen. „So?“ ſagte der alte Herr gleich¬ gültig. „Und weiß man, was die Urſache war?“ Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem Verunglückten geriſſen, ſei ein faſt neues, aber es müſſe an der Stelle des Riſſes rundum mit einem ſcharfen ſpitzen Werkzeug durchſchnitten geweſen ſein. Der alte Herr erſchrack. Er ahnte einen Zuſammenhang, auf den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren, müſſe auf dem Rückweg ein Anſchleifeſeil verloren haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt, er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müſſe einen Zuſammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen; und habe durch die Antwort an Valentin ihn den Augen des alten Geſellen entziehen wollen. Er ſah, daß Apollonius in ſeinem, des alten Herren Geiſte verfuhr. Von dieſer Seite war alſo nichts zu fürchten. Aber es konnten Umſtände im Spiele ſein, die trotz
16 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0252"n="243"/>
zu zeigen, wohin es kommen müſſe, zieh' er die Hand<lb/>
vom Ruder ab, und daß er geſinnt ſei, von nun an<lb/>ſelbſt wieder das Schiff zu leiten. Dazwiſchen fragte<lb/>
er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬<lb/>
naueres von dem Verunglückten in Tambach wiſſe.<lb/>
Apollonius konnte ihm ſagen, er kenne den Mann;<lb/>
es ſei derſelbe ungemüthliche Geſell, der vordem bei<lb/>
ihnen geweſen. „So?“ſagte der alte Herr gleich¬<lb/>
gültig. „Und weiß man, was die Urſache war?“<lb/>
Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem<lb/>
Verunglückten geriſſen, ſei ein faſt neues, aber es müſſe<lb/>
an der Stelle des Riſſes rundum mit einem ſcharfen<lb/>ſpitzen Werkzeug durchſchnitten geweſen ſein. Der alte<lb/>
Herr erſchrack. Er ahnte einen Zuſammenhang, auf<lb/>
den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte<lb/>
er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn<lb/>
mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren,<lb/>
müſſe auf dem Rückweg ein Anſchleifeſeil verloren<lb/>
haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt,<lb/>
er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte<lb/>
Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müſſe einen<lb/>
Zuſammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen;<lb/>
und habe durch die Antwort an Valentin ihn den<lb/>
Augen des alten Geſellen entziehen wollen. Er ſah,<lb/>
daß Apollonius in ſeinem, des alten Herren Geiſte<lb/>
verfuhr. Von dieſer Seite war alſo nichts zu fürchten.<lb/>
Aber es konnten Umſtände im Spiele ſein, die trotz<lb/><fwplace="bottom"type="sig">16 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[243/0252]
zu zeigen, wohin es kommen müſſe, zieh' er die Hand
vom Ruder ab, und daß er geſinnt ſei, von nun an
ſelbſt wieder das Schiff zu leiten. Dazwiſchen fragte
er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬
naueres von dem Verunglückten in Tambach wiſſe.
Apollonius konnte ihm ſagen, er kenne den Mann;
es ſei derſelbe ungemüthliche Geſell, der vordem bei
ihnen geweſen. „So?“ ſagte der alte Herr gleich¬
gültig. „Und weiß man, was die Urſache war?“
Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem
Verunglückten geriſſen, ſei ein faſt neues, aber es müſſe
an der Stelle des Riſſes rundum mit einem ſcharfen
ſpitzen Werkzeug durchſchnitten geweſen ſein. Der alte
Herr erſchrack. Er ahnte einen Zuſammenhang, auf
den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte
er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn
mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren,
müſſe auf dem Rückweg ein Anſchleifeſeil verloren
haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt,
er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte
Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müſſe einen
Zuſammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen;
und habe durch die Antwort an Valentin ihn den
Augen des alten Geſellen entziehen wollen. Er ſah,
daß Apollonius in ſeinem, des alten Herren Geiſte
verfuhr. Von dieſer Seite war alſo nichts zu fürchten.
Aber es konnten Umſtände im Spiele ſein, die trotz
16 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/252>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.