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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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zu zeigen, wohin es kommen müsse, zieh' er die Hand
vom Ruder ab, und daß er gesinnt sei, von nun an
selbst wieder das Schiff zu leiten. Dazwischen fragte
er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬
naueres von dem Verunglückten in Tambach wisse.
Apollonius konnte ihm sagen, er kenne den Mann;
es sei derselbe ungemüthliche Gesell, der vordem bei
ihnen gewesen. "So?" sagte der alte Herr gleich¬
gültig. "Und weiß man, was die Ursache war?"
Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem
Verunglückten gerissen, sei ein fast neues, aber es müsse
an der Stelle des Risses rundum mit einem scharfen
spitzen Werkzeug durchschnitten gewesen sein. Der alte
Herr erschrack. Er ahnte einen Zusammenhang, auf
den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte
er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn
mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren,
müsse auf dem Rückweg ein Anschleifeseil verloren
haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt,
er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte
Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müsse einen
Zusammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen;
und habe durch die Antwort an Valentin ihn den
Augen des alten Gesellen entziehen wollen. Er sah,
daß Apollonius in seinem, des alten Herren Geiste
verfuhr. Von dieser Seite war also nichts zu fürchten.
Aber es konnten Umstände im Spiele sein, die trotz

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zu zeigen, wohin es kommen müſſe, zieh' er die Hand
vom Ruder ab, und daß er geſinnt ſei, von nun an
ſelbſt wieder das Schiff zu leiten. Dazwiſchen fragte
er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬
naueres von dem Verunglückten in Tambach wiſſe.
Apollonius konnte ihm ſagen, er kenne den Mann;
es ſei derſelbe ungemüthliche Geſell, der vordem bei
ihnen geweſen. „So?“ ſagte der alte Herr gleich¬
gültig. „Und weiß man, was die Urſache war?“
Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem
Verunglückten geriſſen, ſei ein faſt neues, aber es müſſe
an der Stelle des Riſſes rundum mit einem ſcharfen
ſpitzen Werkzeug durchſchnitten geweſen ſein. Der alte
Herr erſchrack. Er ahnte einen Zuſammenhang, auf
den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte
er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn
mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren,
müſſe auf dem Rückweg ein Anſchleifeſeil verloren
haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt,
er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte
Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müſſe einen
Zuſammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen;
und habe durch die Antwort an Valentin ihn den
Augen des alten Geſellen entziehen wollen. Er ſah,
daß Apollonius in ſeinem, des alten Herren Geiſte
verfuhr. Von dieſer Seite war alſo nichts zu fürchten.
Aber es konnten Umſtände im Spiele ſein, die trotz

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[243/0252] zu zeigen, wohin es kommen müſſe, zieh' er die Hand vom Ruder ab, und daß er geſinnt ſei, von nun an ſelbſt wieder das Schiff zu leiten. Dazwiſchen fragte er den Sohn einmal wie beiläufig, ob er etwas Ge¬ naueres von dem Verunglückten in Tambach wiſſe. Apollonius konnte ihm ſagen, er kenne den Mann; es ſei derſelbe ungemüthliche Geſell, der vordem bei ihnen geweſen. „So?“ ſagte der alte Herr gleich¬ gültig. „Und weiß man, was die Urſache war?“ Apollonius hatte gehört, das Seil, das über dem Verunglückten geriſſen, ſei ein faſt neues, aber es müſſe an der Stelle des Riſſes rundum mit einem ſcharfen ſpitzen Werkzeug durchſchnitten geweſen ſein. Der alte Herr erſchrack. Er ahnte einen Zuſammenhang, auf den auch Andere kommen konnten. Valentin, wußte er, hatte vorhin beredet, der Arbeiter, der den Karrn mit dem Handwerkszeuge nach Brambach gefahren, müſſe auf dem Rückweg ein Anſchleifeſeil verloren haben. Apollonius hatte den Valentin damit beruhigt, er habe das Seil in Brambach verliehn. Der alte Herr war nun überzeugt, auch Apollonius müſſe einen Zuſammenhang ahnen, wenn nicht mehr, als nur ahnen; und habe durch die Antwort an Valentin ihn den Augen des alten Geſellen entziehen wollen. Er ſah, daß Apollonius in ſeinem, des alten Herren Geiſte verfuhr. Von dieſer Seite war alſo nichts zu fürchten. Aber es konnten Umſtände im Spiele ſein, die trotz 16 *

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/252>, abgerufen am 29.11.2024.