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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wallfisch
und wenn es nöthig, gekentert, das
ist, auf die andere Seite umgewen-
det wird. Hierauf werden gleiche
Riemen von Speck, so sie Flenz-
stücke
nennen, nach einander abge-
schnitten, in das Schiff gezogen,
daselbst erst zu viereckigten Stücken
zerschnitten, in Fässer geschlagen,
und aufbehalten, bis man Thran
daraus brennet. Wenn von der
einen Seite der Speck abgeschnitten
ist, ehe der Fisch gekentert wird,
so wird zuvor das Fischbein in ei-
nem Stücke zusammen heraus ge-
schnitten, und in das Schiff gezo-
gen, woran wegen seiner Schwe-
re alle Leute, so viel ihrer im Schif-
fe sind, genug zu thun haben. Was
von dem Wallfische, nachdem der
Speck davon genommen, übrig blei-
bet, läßt man treiben, und solches
wird zum Raube der Vögel, (wie-
wol diese lieber dem Aaße nachge-
hen, daran noch Speck sitzet) und
der weißen Bären. Die (7) euro-
päischen Nationen,
welche ihre
Schiffe itziger Zeit auf den Wall-
fischfang aussenden, sind die Hol-
länder,
die Deutschen (deren See-
städte Hamburg, Bremen, Lübeck,
und Einden jährlich einige Schiffe
nach Grönland und der Davisstras-
se ausrüsten,) die Engländer, die
Schottländer, die Franzosen, die
Spanier, die Dänen, die Schwe-
den
und die Russen, unter welchen
allen aber die (a) Holländer diesen
Wallfischfang am stärksten treiben.
Sie haben solchen von den Einwoh-
nern der spanischen Landschaft Biscaja
gelernet. Denn da diese außeror-
dentlich erfahrne Seeleute waren, so
fiengen sie nicht nur an ihren Küsten
Finnfische, sondern auch, da sie um
Jrrland herum nach Jsland und
Grönland zusegelten, Wallfische.
Unterschiedene Reisen dieser Biscajer
liefen zu ihrem großen Vortheile ab,
Man schickte nachher aus einigen
Häfen von Biscaja wohl 50 bis 60
[Spaltenumbruch]
Wallfisch
60 Grönlandfahrer in See, welche
zum öftern reich beladen zurück ka-
men. Der Anwachs der nieder-
ländischen Schifffahrt machte, daß
mit dem Anfange des 17 Jahrhun-
derts einige Seefahrer ihre Gedan-
ken auf den Wallfischfang richteten.
Man sahe aber, daß ohne Hülfe
der Biscajer nichts vortheilhaftes
auszurichten sey, und diese waren
nicht ungeneigt, sich in die Dienste
der Holländer zu vermiethen. Es
kamen also jährlich biscajische Har-
punierer nach Holland, welche von
einzeln Kaufleuten angenommen,
und nach den nordischen Gegenden
geschickt wurden, auch die ganze
Fischerey dirigirten, und über alles
zu gebiethen hatten. Jm Anfange
war man nur bedacht Weißfische,
Robben und Wallrosse zu fangen.
Als aber diese Thiere sich nach eini-
gen Jahren wegwendeten, beschloß
man, sich an die Wallfische zu wa-
gen. Jm Jahre 1612 und 1613 wur-
den 2 holländische Schiffe, welche
auf den Wallfischfang ausgerüstet
waren, von den Engländern genom-
men, folglich Fang und Geräth-
schaft verloren. Gleichwol hat-
ten die Holländer mehr Herz, als
daß sie sich durch dieses Unglück
hätten sollen abschrecken lassen.
Man arbeitete inzwischen daran,
eine grönländische Gesellschaft zu
errichten. Jm Jahre 1611 und nach-
her geschahen zu solchem Ende in
Holland und Seeland Einschreibun-
gen. Weil aber unter den Theilha-
bern sich Uneinigkeit ereignete; so
wurde das Werk schläfrig getrieben.
Zu Amsterdam allein wurde 1614
eine Gesellschaft, unter dem Namen
der nordischen Compagnie von ge-
wissen Personen errichtet, welche
den ersten April des folgenden
Jahres ein Privilegium erhielten,
vermöge dessen ihnen auf 2 Jahre
die Handlung nach Nova Zembla
bis an die Davisstraße, Grönland,

Spitz-

[Spaltenumbruch]

Wallfiſch
und wenn es noͤthig, gekentert, das
iſt, auf die andere Seite umgewen-
det wird. Hierauf werden gleiche
Riemen von Speck, ſo ſie Flenz-
ſtuͤcke
nennen, nach einander abge-
ſchnitten, in das Schiff gezogen,
daſelbſt erſt zu viereckigten Stuͤcken
zerſchnitten, in Faͤſſer geſchlagen,
und aufbehalten, bis man Thran
daraus brennet. Wenn von der
einen Seite der Speck abgeſchnitten
iſt, ehe der Fiſch gekentert wird,
ſo wird zuvor das Fiſchbein in ei-
nem Stuͤcke zuſammen heraus ge-
ſchnitten, und in das Schiff gezo-
gen, woran wegen ſeiner Schwe-
re alle Leute, ſo viel ihrer im Schif-
fe ſind, genug zu thun haben. Was
von dem Wallfiſche, nachdem der
Speck davon genommen, uͤbrig blei-
bet, laͤßt man treiben, und ſolches
wird zum Raube der Voͤgel, (wie-
wol dieſe lieber dem Aaße nachge-
hen, daran noch Speck ſitzet) und
der weißen Baͤren. Die (7) euro-
paͤiſchen Nationen,
welche ihre
Schiffe itziger Zeit auf den Wall-
fiſchfang ausſenden, ſind die Hol-
laͤnder,
die Deutſchen (deren See-
ſtaͤdte Hamburg, Bremen, Luͤbeck,
und Einden jaͤhrlich einige Schiffe
nach Groͤnland und der Davisſtraſ-
ſe ausruͤſten,) die Englaͤnder, die
Schottlaͤnder, die Franzoſen, die
Spanier, die Daͤnen, die Schwe-
den
und die Ruſſen, unter welchen
allen aber die (a) Hollaͤnder dieſen
Wallfiſchfang am ſtaͤrkſten treiben.
Sie haben ſolchen von den Einwoh-
nern der ſpaniſchen Landſchaft Biſcaja
gelernet. Denn da dieſe außeror-
dentlich erfahrne Seeleute waren, ſo
fiengen ſie nicht nur an ihren Kuͤſten
Finnfiſche, ſondern auch, da ſie um
Jrrland herum nach Jsland und
Groͤnland zuſegelten, Wallfiſche.
Unterſchiedene Reiſen dieſer Biſcajer
liefen zu ihrem großen Vortheile ab,
Man ſchickte nachher aus einigen
Haͤfen von Biſcaja wohl 50 bis 60
[Spaltenumbruch]
Wallfiſch
60 Groͤnlandfahrer in See, welche
zum oͤftern reich beladen zuruͤck ka-
men. Der Anwachs der nieder-
laͤndiſchen Schifffahrt machte, daß
mit dem Anfange des 17 Jahrhun-
derts einige Seefahrer ihre Gedan-
ken auf den Wallfiſchfang richteten.
Man ſahe aber, daß ohne Huͤlfe
der Biſcajer nichts vortheilhaftes
auszurichten ſey, und dieſe waren
nicht ungeneigt, ſich in die Dienſte
der Hollaͤnder zu vermiethen. Es
kamen alſo jaͤhrlich biſcajiſche Har-
punierer nach Holland, welche von
einzeln Kaufleuten angenommen,
und nach den nordiſchen Gegenden
geſchickt wurden, auch die ganze
Fiſcherey dirigirten, und uͤber alles
zu gebiethen hatten. Jm Anfange
war man nur bedacht Weißfiſche,
Robben und Wallroſſe zu fangen.
Als aber dieſe Thiere ſich nach eini-
gen Jahren wegwendeten, beſchloß
man, ſich an die Wallfiſche zu wa-
gen. Jm Jahre 1612 und 1613 wur-
den 2 hollaͤndiſche Schiffe, welche
auf den Wallfiſchfang ausgeruͤſtet
waren, von den Englaͤndern genom-
men, folglich Fang und Geraͤth-
ſchaft verloren. Gleichwol hat-
ten die Hollaͤnder mehr Herz, als
daß ſie ſich durch dieſes Ungluͤck
haͤtten ſollen abſchrecken laſſen.
Man arbeitete inzwiſchen daran,
eine groͤnlaͤndiſche Geſellſchaft zu
errichten. Jm Jahre 1611 und nach-
her geſchahen zu ſolchem Ende in
Holland und Seeland Einſchreibun-
gen. Weil aber unter den Theilha-
bern ſich Uneinigkeit ereignete; ſo
wurde das Werk ſchlaͤfrig getrieben.
Zu Amſterdam allein wurde 1614
eine Geſellſchaft, unter dem Namen
der nordiſchen Compagnie von ge-
wiſſen Perſonen errichtet, welche
den erſten April des folgenden
Jahres ein Privilegium erhielten,
vermoͤge deſſen ihnen auf 2 Jahre
die Handlung nach Nova Zembla
bis an die Davisſtraße, Groͤnland,

Spitz-
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[[320]/0326] Wallfiſch Wallfiſch und wenn es noͤthig, gekentert, das iſt, auf die andere Seite umgewen- det wird. Hierauf werden gleiche Riemen von Speck, ſo ſie Flenz- ſtuͤcke nennen, nach einander abge- ſchnitten, in das Schiff gezogen, daſelbſt erſt zu viereckigten Stuͤcken zerſchnitten, in Faͤſſer geſchlagen, und aufbehalten, bis man Thran daraus brennet. Wenn von der einen Seite der Speck abgeſchnitten iſt, ehe der Fiſch gekentert wird, ſo wird zuvor das Fiſchbein in ei- nem Stuͤcke zuſammen heraus ge- ſchnitten, und in das Schiff gezo- gen, woran wegen ſeiner Schwe- re alle Leute, ſo viel ihrer im Schif- fe ſind, genug zu thun haben. Was von dem Wallfiſche, nachdem der Speck davon genommen, uͤbrig blei- bet, laͤßt man treiben, und ſolches wird zum Raube der Voͤgel, (wie- wol dieſe lieber dem Aaße nachge- hen, daran noch Speck ſitzet) und der weißen Baͤren. Die (7) euro- paͤiſchen Nationen, welche ihre Schiffe itziger Zeit auf den Wall- fiſchfang ausſenden, ſind die Hol- laͤnder, die Deutſchen (deren See- ſtaͤdte Hamburg, Bremen, Luͤbeck, und Einden jaͤhrlich einige Schiffe nach Groͤnland und der Davisſtraſ- ſe ausruͤſten,) die Englaͤnder, die Schottlaͤnder, die Franzoſen, die Spanier, die Daͤnen, die Schwe- den und die Ruſſen, unter welchen allen aber die (a) Hollaͤnder dieſen Wallfiſchfang am ſtaͤrkſten treiben. Sie haben ſolchen von den Einwoh- nern der ſpaniſchen Landſchaft Biſcaja gelernet. Denn da dieſe außeror- dentlich erfahrne Seeleute waren, ſo fiengen ſie nicht nur an ihren Kuͤſten Finnfiſche, ſondern auch, da ſie um Jrrland herum nach Jsland und Groͤnland zuſegelten, Wallfiſche. Unterſchiedene Reiſen dieſer Biſcajer liefen zu ihrem großen Vortheile ab, Man ſchickte nachher aus einigen Haͤfen von Biſcaja wohl 50 bis 60 60 Groͤnlandfahrer in See, welche zum oͤftern reich beladen zuruͤck ka- men. Der Anwachs der nieder- laͤndiſchen Schifffahrt machte, daß mit dem Anfange des 17 Jahrhun- derts einige Seefahrer ihre Gedan- ken auf den Wallfiſchfang richteten. Man ſahe aber, daß ohne Huͤlfe der Biſcajer nichts vortheilhaftes auszurichten ſey, und dieſe waren nicht ungeneigt, ſich in die Dienſte der Hollaͤnder zu vermiethen. Es kamen alſo jaͤhrlich biſcajiſche Har- punierer nach Holland, welche von einzeln Kaufleuten angenommen, und nach den nordiſchen Gegenden geſchickt wurden, auch die ganze Fiſcherey dirigirten, und uͤber alles zu gebiethen hatten. Jm Anfange war man nur bedacht Weißfiſche, Robben und Wallroſſe zu fangen. Als aber dieſe Thiere ſich nach eini- gen Jahren wegwendeten, beſchloß man, ſich an die Wallfiſche zu wa- gen. Jm Jahre 1612 und 1613 wur- den 2 hollaͤndiſche Schiffe, welche auf den Wallfiſchfang ausgeruͤſtet waren, von den Englaͤndern genom- men, folglich Fang und Geraͤth- ſchaft verloren. Gleichwol hat- ten die Hollaͤnder mehr Herz, als daß ſie ſich durch dieſes Ungluͤck haͤtten ſollen abſchrecken laſſen. Man arbeitete inzwiſchen daran, eine groͤnlaͤndiſche Geſellſchaft zu errichten. Jm Jahre 1611 und nach- her geſchahen zu ſolchem Ende in Holland und Seeland Einſchreibun- gen. Weil aber unter den Theilha- bern ſich Uneinigkeit ereignete; ſo wurde das Werk ſchlaͤfrig getrieben. Zu Amſterdam allein wurde 1614 eine Geſellſchaft, unter dem Namen der nordiſchen Compagnie von ge- wiſſen Perſonen errichtet, welche den erſten April des folgenden Jahres ein Privilegium erhielten, vermoͤge deſſen ihnen auf 2 Jahre die Handlung nach Nova Zembla bis an die Davisſtraße, Groͤnland, Spitz-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [320]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/326>, abgerufen am 22.11.2024.