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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Tuch
dem Rahme nicht zu sehr ausge-
dehnet
sey, weil es vom Strecken
schwach wird, und bald reißt: Und
kann man diesen Fehler an dem Tu-
che, wenn man es gegen das Licht
hält, alsbald erkennen. Es wird
aber ein Tuch, das zu sehr ausgedeh-
net ist, ein gestrecktes oder gereck-
tes Tuch
genennet, und ist derglei-
chen in dem ganzen deutschen Reiche
verboten, laut kaiserl. Mandats
vom Jahre 1549, siehe Ausziehen.
Ferner muß man bey Beurtheilung
der Eigenschaften eines vollkomme-
nen und gut gearbeiteten Tuchs
2) auf dessen äußerliche Güte sehen,
wobey es darauf ankömmt, a) ob
das Tuch, wenn es ein melirtes
Tuch, gut melirt, oder, wenn es
ein Farbentuch ist, gut gefärbt sey
oder nicht. Man erkennet aber ob
(a) ein melirtes Tuch gut melirt sey,
durch den Augenschein, wenn es
nämlich nicht streifigt oder fleckigt
ist, denn dieses ist ein Anzeigen, daß
die gefärbte Wolle, von verschiede-
nen Farben, die zu dem Garne ge-
nommen worden ist, wohl durch-
einander und also gehörig gemen-
get worden sey. Die Holländer
wollen sonderlich in der Melirung
den Engländern gleichkommen,
ja noch wohl dieser und anderer ihre
Tuchmachereyen übertreffen: allein
es geben ihnen die Görlitzer, in den
sogenannten Sechsstädten, mit ihren
melirten Tüchern, in Ansehung der
Melirung, nicht das geringste nach:
Und sie würden es wohl noch höher
bringen, wenn sie die Wolle darzu
so gut aus Spanien, gleichwie die
Holländer hätten. Zur Untersu-
chung, ob (b) ein Farbentuch wohl
gefärbet
sey, muß man wissen, daß
alsdenn ein Tuch wohl gefärbet
heiße, wenn erstlich die Farbe auf
dem Tuche, so lange als dassel-
be selbst, hält; wenn ferner die
Farbe auf dem Tuche lebendig und
recht blühend ist; und wenn endlich
[Spaltenumbruch]
Tuch
das Tuch durch die Farbe oder das
Versehen des Färbers bey dem Fär-
ben selbsten (z. E. wenn es in der
Farbe verbrannt, als worauf man
insonderheit bey den schwarzen Tü-
chern wohl zu sehen hat, weil man
die verbrannten alsdenn schwarz zu
färben pfleget) nicht mürbe gemacht
ist. Das erste erkennet man theils
aus dem Röslein, so von den Fär-
bern an dem einen Ende des Tuchs
gelassen wird, woraus man ersie-
het, ob es auf einen falschen Grund
gefärbet worden, siehe Rose; theils
durchs Absieden, woraus sowol,
als wenn man ein Stücke von dem
Tuche lange an die Luft, oder in
die Sonne, oder in scharfe und
beißende Säfte legt, man die Güte
oder Falschheit der Farbe erfährt,
siehe Abkochen. Wobey man aber
auch selbst auf den Unterscheid der
beständigen und unbeständigen oder
leicht verschießenden Farben zu sehen
hat, immaßen manche Farben an
und vor sich leicht verschießen. Das
zweyte giebt der Augenschein zu er-
kennen, wobey man den Unterscheid,
ob es eine schlechte und gemeine,
oder eine hohe und kostbare, oder
eine neu erfundene Farbe sey, nicht
aus der Acht lassen muß. Desglei-
chen hat man dabey auf den Ort,
wo das Tuch gefärbet worden, zu
sehen, immaßen immer an einem
Orte eine Farbe schöner gefärbet
werden kann, als an dem andern,
wie denn z. E. in Ansehung der
schwarzen Farbe die aufrichtig in
Spanien gemachten Tücher denen,
ob wohl auch aus spanischer Wolle
gemachten englischen und holländi-
schen Tüchern, vorgezogen werden,
nach welchen die holländischen
schwarzen Tücher folgen, deren
Farbe insgemein schöner als der
englischen schwarzen Tücher ist.
Das dritte bemerket man, wenn
man das Tuch stark zerret und deh-
net. Jn Ansehung der äußerlichen

Güte
J 4

[Spaltenumbruch]

Tuch
dem Rahme nicht zu ſehr ausge-
dehnet
ſey, weil es vom Strecken
ſchwach wird, und bald reißt: Und
kann man dieſen Fehler an dem Tu-
che, wenn man es gegen das Licht
haͤlt, alsbald erkennen. Es wird
aber ein Tuch, das zu ſehr ausgedeh-
net iſt, ein geſtrecktes oder gereck-
tes Tuch
genennet, und iſt derglei-
chen in dem ganzen deutſchen Reiche
verboten, laut kaiſerl. Mandats
vom Jahre 1549, ſiehe Ausziehen.
Ferner muß man bey Beurtheilung
der Eigenſchaften eines vollkomme-
nen und gut gearbeiteten Tuchs
2) auf deſſen aͤußerliche Guͤte ſehen,
wobey es darauf ankoͤmmt, a) ob
das Tuch, wenn es ein melirtes
Tuch, gut melirt, oder, wenn es
ein Farbentuch iſt, gut gefaͤrbt ſey
oder nicht. Man erkennet aber ob
(a) ein melirtes Tuch gut melirt ſey,
durch den Augenſchein, wenn es
naͤmlich nicht ſtreifigt oder fleckigt
iſt, denn dieſes iſt ein Anzeigen, daß
die gefaͤrbte Wolle, von verſchiede-
nen Farben, die zu dem Garne ge-
nommen worden iſt, wohl durch-
einander und alſo gehoͤrig gemen-
get worden ſey. Die Hollaͤnder
wollen ſonderlich in der Melirung
den Englaͤndern gleichkommen,
ja noch wohl dieſer und anderer ihre
Tuchmachereyen uͤbertreffen: allein
es geben ihnen die Goͤrlitzer, in den
ſogenannten Sechsſtaͤdten, mit ihren
melirten Tuͤchern, in Anſehung der
Melirung, nicht das geringſte nach:
Und ſie wuͤrden es wohl noch hoͤher
bringen, wenn ſie die Wolle darzu
ſo gut aus Spanien, gleichwie die
Hollaͤnder haͤtten. Zur Unterſu-
chung, ob (b) ein Farbentuch wohl
gefaͤrbet
ſey, muß man wiſſen, daß
alsdenn ein Tuch wohl gefaͤrbet
heiße, wenn erſtlich die Farbe auf
dem Tuche, ſo lange als daſſel-
be ſelbſt, haͤlt; wenn ferner die
Farbe auf dem Tuche lebendig und
recht bluͤhend iſt; und wenn endlich
[Spaltenumbruch]
Tuch
das Tuch durch die Farbe oder das
Verſehen des Faͤrbers bey dem Faͤr-
ben ſelbſten (z. E. wenn es in der
Farbe verbrannt, als worauf man
inſonderheit bey den ſchwarzen Tuͤ-
chern wohl zu ſehen hat, weil man
die verbrannten alsdenn ſchwarz zu
faͤrben pfleget) nicht muͤrbe gemacht
iſt. Das erſte erkennet man theils
aus dem Roͤslein, ſo von den Faͤr-
bern an dem einen Ende des Tuchs
gelaſſen wird, woraus man erſie-
het, ob es auf einen falſchen Grund
gefaͤrbet worden, ſiehe Roſe; theils
durchs Abſieden, woraus ſowol,
als wenn man ein Stuͤcke von dem
Tuche lange an die Luft, oder in
die Sonne, oder in ſcharfe und
beißende Saͤfte legt, man die Guͤte
oder Falſchheit der Farbe erfaͤhrt,
ſiehe Abkochen. Wobey man aber
auch ſelbſt auf den Unterſcheid der
beſtaͤndigen und unbeſtaͤndigen oder
leicht verſchießenden Farben zu ſehen
hat, immaßen manche Farben an
und vor ſich leicht verſchießen. Das
zweyte giebt der Augenſchein zu er-
kennen, wobey man den Unterſcheid,
ob es eine ſchlechte und gemeine,
oder eine hohe und koſtbare, oder
eine neu erfundene Farbe ſey, nicht
aus der Acht laſſen muß. Desglei-
chen hat man dabey auf den Ort,
wo das Tuch gefaͤrbet worden, zu
ſehen, immaßen immer an einem
Orte eine Farbe ſchoͤner gefaͤrbet
werden kann, als an dem andern,
wie denn z. E. in Anſehung der
ſchwarzen Farbe die aufrichtig in
Spanien gemachten Tuͤcher denen,
ob wohl auch aus ſpaniſcher Wolle
gemachten engliſchen und hollaͤndi-
ſchen Tuͤchern, vorgezogen werden,
nach welchen die hollaͤndiſchen
ſchwarzen Tuͤcher folgen, deren
Farbe insgemein ſchoͤner als der
engliſchen ſchwarzen Tuͤcher iſt.
Das dritte bemerket man, wenn
man das Tuch ſtark zerret und deh-
net. Jn Anſehung der aͤußerlichen

Guͤte
J 4
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[[135]/0141] Tuch Tuch dem Rahme nicht zu ſehr ausge- dehnet ſey, weil es vom Strecken ſchwach wird, und bald reißt: Und kann man dieſen Fehler an dem Tu- che, wenn man es gegen das Licht haͤlt, alsbald erkennen. Es wird aber ein Tuch, das zu ſehr ausgedeh- net iſt, ein geſtrecktes oder gereck- tes Tuch genennet, und iſt derglei- chen in dem ganzen deutſchen Reiche verboten, laut kaiſerl. Mandats vom Jahre 1549, ſiehe Ausziehen. Ferner muß man bey Beurtheilung der Eigenſchaften eines vollkomme- nen und gut gearbeiteten Tuchs 2) auf deſſen aͤußerliche Guͤte ſehen, wobey es darauf ankoͤmmt, a) ob das Tuch, wenn es ein melirtes Tuch, gut melirt, oder, wenn es ein Farbentuch iſt, gut gefaͤrbt ſey oder nicht. Man erkennet aber ob (a) ein melirtes Tuch gut melirt ſey, durch den Augenſchein, wenn es naͤmlich nicht ſtreifigt oder fleckigt iſt, denn dieſes iſt ein Anzeigen, daß die gefaͤrbte Wolle, von verſchiede- nen Farben, die zu dem Garne ge- nommen worden iſt, wohl durch- einander und alſo gehoͤrig gemen- get worden ſey. Die Hollaͤnder wollen ſonderlich in der Melirung den Englaͤndern gleichkommen, ja noch wohl dieſer und anderer ihre Tuchmachereyen uͤbertreffen: allein es geben ihnen die Goͤrlitzer, in den ſogenannten Sechsſtaͤdten, mit ihren melirten Tuͤchern, in Anſehung der Melirung, nicht das geringſte nach: Und ſie wuͤrden es wohl noch hoͤher bringen, wenn ſie die Wolle darzu ſo gut aus Spanien, gleichwie die Hollaͤnder haͤtten. Zur Unterſu- chung, ob (b) ein Farbentuch wohl gefaͤrbet ſey, muß man wiſſen, daß alsdenn ein Tuch wohl gefaͤrbet heiße, wenn erſtlich die Farbe auf dem Tuche, ſo lange als daſſel- be ſelbſt, haͤlt; wenn ferner die Farbe auf dem Tuche lebendig und recht bluͤhend iſt; und wenn endlich das Tuch durch die Farbe oder das Verſehen des Faͤrbers bey dem Faͤr- ben ſelbſten (z. E. wenn es in der Farbe verbrannt, als worauf man inſonderheit bey den ſchwarzen Tuͤ- chern wohl zu ſehen hat, weil man die verbrannten alsdenn ſchwarz zu faͤrben pfleget) nicht muͤrbe gemacht iſt. Das erſte erkennet man theils aus dem Roͤslein, ſo von den Faͤr- bern an dem einen Ende des Tuchs gelaſſen wird, woraus man erſie- het, ob es auf einen falſchen Grund gefaͤrbet worden, ſiehe Roſe; theils durchs Abſieden, woraus ſowol, als wenn man ein Stuͤcke von dem Tuche lange an die Luft, oder in die Sonne, oder in ſcharfe und beißende Saͤfte legt, man die Guͤte oder Falſchheit der Farbe erfaͤhrt, ſiehe Abkochen. Wobey man aber auch ſelbſt auf den Unterſcheid der beſtaͤndigen und unbeſtaͤndigen oder leicht verſchießenden Farben zu ſehen hat, immaßen manche Farben an und vor ſich leicht verſchießen. Das zweyte giebt der Augenſchein zu er- kennen, wobey man den Unterſcheid, ob es eine ſchlechte und gemeine, oder eine hohe und koſtbare, oder eine neu erfundene Farbe ſey, nicht aus der Acht laſſen muß. Desglei- chen hat man dabey auf den Ort, wo das Tuch gefaͤrbet worden, zu ſehen, immaßen immer an einem Orte eine Farbe ſchoͤner gefaͤrbet werden kann, als an dem andern, wie denn z. E. in Anſehung der ſchwarzen Farbe die aufrichtig in Spanien gemachten Tuͤcher denen, ob wohl auch aus ſpaniſcher Wolle gemachten engliſchen und hollaͤndi- ſchen Tuͤchern, vorgezogen werden, nach welchen die hollaͤndiſchen ſchwarzen Tuͤcher folgen, deren Farbe insgemein ſchoͤner als der engliſchen ſchwarzen Tuͤcher iſt. Das dritte bemerket man, wenn man das Tuch ſtark zerret und deh- net. Jn Anſehung der aͤußerlichen Guͤte J 4

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [135]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/141>, abgerufen am 24.11.2024.