Jmmanuel, und zum erfüllet werden mit aller GOt- tes Fülle, etc. kommet ihm allzukostbar, lieblich, se- lig und herrlich vor, als daß er ihn so leichtlich aus dem Gemüth verlieren sollte. Wann ein grosser Monarch einem Schweitzer zum General-Stab, oder sein Vice-König und Stadthalter in einem mächtigen Reich zu seyn, beruffen würde; ey wie würde dieses ihm und seiner gantzen Verwandt- schafft das Hertz einnehmen; und man würde von wenig anders als von der Zurüstung zu der Abrei- se reden hören. Aber wie wenig freuet man sich, des himmlischen Beruffs!
Ein gewisser Herr gabe seinem Hof-Narren einen Ste- cken so lang aufzubehalten, bis er einen grössern Narren finde, als er selber seye. Als er nun sterben sollte; fragte ihn der Hof-Narr, was er mache? und bekame zur Ant- wort: Jch muß von hinnen abfahren/ in ein unbe- kanntes Land/ wo ich zuvor noch niemahls gewesen. Da er aber dem Narren auf seine Frage: Ob er keine Bereitschafft auch dazu gemacht habe? zur Antwort gabe: Gar keine: Gabe er dem Herrn den Stecken wie- der, und sprach: Ein solcher Narr bin ich gleichwohl nicht/ daß ich an einen Ort reisen wollte/ ohne vor- her auch zu wissen/ wer mir Aufenthalt und Herberg verschaffen werde.
§. 9.
3) Siehe wohl zu, daß deine Got- tesfurcht nicht Heucheley sey, und du nicht GOtt dienest mit falschem Hertzen; Sir. 1, 34. Laß dich also die Sitten eines solchen Volcks, das sich im- mer mit den Lippen zu GOtt nahet, aber
mit
Cap. 5. Die fuͤnffte Quelle
Jmmanuel, und zum erfuͤllet werden mit aller GOt- tes Fuͤlle, ꝛc. kommet ihm allzukoſtbar, lieblich, ſe- lig und herrlich vor, als daß er ihn ſo leichtlich aus dem Gemuͤth verlieren ſollte. Wann ein groſſer Monarch einem Schweitzer zum General-Stab, oder ſein Vice-Koͤnig und Stadthalter in einem maͤchtigen Reich zu ſeyn, beruffen wuͤrde; ey wie wuͤrde dieſes ihm und ſeiner gantzen Verwandt- ſchafft das Hertz einnehmen; und man wuͤrde von wenig anders als von der Zuruͤſtung zu der Abrei- ſe reden hoͤren. Aber wie wenig freuet man ſich, des himmliſchen Beruffs!
Ein gewiſſer Herr gabe ſeinem Hof-Narren einen Ste- cken ſo lang aufzubehalten, bis er einen groͤſſern Narren finde, als er ſelber ſeye. Als er nun ſterben ſollte; fragte ihn der Hof-Narr, was er mache? und bekame zur Ant- wort: Jch muß von hinnen abfahren/ in ein unbe- kanntes Land/ wo ich zuvor noch niemahls geweſen. Da er aber dem Narren auf ſeine Frage: Ob er keine Bereitſchafft auch dazu gemacht habe? zur Antwort gabe: Gar keine: Gabe er dem Herrn den Stecken wie- der, und ſprach: Ein ſolcher Narr bin ich gleichwohl nicht/ daß ich an einen Ort reiſen wollte/ ohne vor- her auch zu wiſſen/ wer mir Aufenthalt und Herberg verſchaffen werde.
§. 9.
3) Siehe wohl zu, daß deine Got- tesfurcht nicht Heucheley ſey, und du nicht GOtt dieneſt mit falſchem Hertzen; Sir. 1, 34. Laß dich alſo die Sitten eines ſolchen Volcks, das ſich im- mer mit den Lippen zu GOtt nahet, aber
mit
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Cap. 5. Die fuͤnffte Quelle
Jmmanuel, und zum erfuͤllet werden mit aller GOt-
tes Fuͤlle, ꝛc. kommet ihm allzukoſtbar, lieblich, ſe-
lig und herrlich vor, als daß er ihn ſo leichtlich aus
dem Gemuͤth verlieren ſollte. Wann ein groſſer
Monarch einem Schweitzer zum General-Stab,
oder ſein Vice-Koͤnig und Stadthalter in einem
maͤchtigen Reich zu ſeyn, beruffen wuͤrde; ey wie
wuͤrde dieſes ihm und ſeiner gantzen Verwandt-
ſchafft das Hertz einnehmen; und man wuͤrde von
wenig anders als von der Zuruͤſtung zu der Abrei-
ſe reden hoͤren. Aber wie wenig freuet man ſich,
des himmliſchen Beruffs!
Ein gewiſſer Herr gabe ſeinem Hof-Narren einen Ste-
cken ſo lang aufzubehalten, bis er einen groͤſſern Narren
finde, als er ſelber ſeye. Als er nun ſterben ſollte; fragte
ihn der Hof-Narr, was er mache? und bekame zur Ant-
wort: Jch muß von hinnen abfahren/ in ein unbe-
kanntes Land/ wo ich zuvor noch niemahls geweſen.
Da er aber dem Narren auf ſeine Frage: Ob er keine
Bereitſchafft auch dazu gemacht habe? zur Antwort
gabe: Gar keine: Gabe er dem Herrn den Stecken wie-
der, und ſprach: Ein ſolcher Narr bin ich gleichwohl
nicht/ daß ich an einen Ort reiſen wollte/ ohne vor-
her auch zu wiſſen/ wer mir Aufenthalt und Herberg
verſchaffen werde.
§. 9.
3) Siehe wohl zu, daß deine Got-
tesfurcht nicht Heucheley ſey, und
du nicht GOtt dieneſt mit falſchem
Hertzen; Sir. 1, 34. Laß dich alſo die
Sitten eines ſolchen Volcks, das ſich im-
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/320>, abgerufen am 17.07.2024.
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