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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.

§. 7. Achte niemand vor deinen Feind als dich selbst und den Teu-Durch
Betrach-
tung, daß
man so
wohl
selbsten

fel; dein Verderben kommt von dir o Jsrael! Es sind deine began-
gene Sünden, die dich schrecken, ängsten: Hättest du nicht gesündi-
get, du könntest allstäts in sanfftester Ruh, Freud und Friede in GOtt
wie geschmoltzener Zucker zerfliessen, und ein stetes jubilierendes Freu-
den-Mahl im Gewissen haben: Du, du selbst bist schuld; der Geitz
hat dich bethöret, die Heucheley verführet, der Hochmuth zerrüttet,
die Wollust bezauberet, der Zorn verfinsteret. Murre, ach! murre
doch nicht über deinen Nächsten; du eintzig hast gefehlt, du bist der
Sünder! wenigstens hast du dieses böse Stück gethan, daß du GOtt
zwar wollen lieben und loben, aber den Nächsten dabey benachreden
und niedertrucken ohne Scheu, und hast dir also selbst das Ubel über
den Halß gezogen; wie billich ists dann, daß du erfahrest die Wahr-
heit GOttes; daß fleischlich gesinnet seyn, Tod a, Verdruß, Ban-
gigkeit, und alle Qual bringe und seye. Du hast lieber wollen von
der verbottenen Frucht essen als vom Lebens-Baum; hättest du
dich von dem Sinn des Geistes beherrschen lassen, so genössest du jetzt
Leben und Friede, und wäre dir himmlisch wohl. Du bildest dir ein,
was man dir gethan, seye nicht zu leiden; aber was du anderen thust,
sollen sie nur vor Schertz und Kurtzweil halten; so klein bedunckt dich
dein Balcken, und so groß des Nächsten Splitter b. Wer sich in
diesem Spiegel beschauet, wird den Groll leicht und bald vergessen.

§. 8. Dem neidigen, häßigen, greulichen Satan sollt du nichtals auch
Satan
wider wel-
chen man
tapfer
kämpfen
muß,
Schuld
daran
seye,

unterthan bleiben, (er hat Diener genug, obschon er nicht vor die
seinen gestorben;) er ist dein geschworner Tod-Feind, der dich um
GOtt, um Leib und Leben, Seel, Seeligkeit und um alles bringt,
und noch darzu den ewigen Tod zum Sold gibt; der dich zu Fall brin-
get, und über kurtz oder lang hernach dich höllisch ängstiget. Bet-
test du nicht, und bist wacker allezeit, so locket er dich nach und nach
auf seinen Grund und Boden, allda er dir einen Qual-Strick anwirfft,
daran du fast ersticken möchtest. Ja bist du nicht innwendig mit
dem lebendigen Geist JEsu wohl bewaffnet, so kommt unversehens
ein Pfeil daher geflogen, und macht dir eine tödtliche Wunde; ein
unvermutherer Einfall und Gedancken, der dich biß aufs Leben trifft.
Darum halte eintzig den Teufel vor deinen abgesagten Mord-Hässer,

und
a Rom. VIII. 6.
b Luc. VI. 43.
hervor bluͤhende Lilien-Zweig.

§. 7. Achte niemand vor deinen Feind als dich ſelbſt und den Teu-Durch
Betrach-
tung, daß
man ſo
wohl
ſelbſten

fel; dein Verderben kommt von dir o Jſrael! Es ſind deine began-
gene Suͤnden, die dich ſchrecken, aͤngſten: Haͤtteſt du nicht geſuͤndi-
get, du koͤnnteſt allſtaͤts in ſanffteſter Ruh, Freud und Friede in GOtt
wie geſchmoltzener Zucker zerflieſſen, und ein ſtetes jubilierendes Freu-
den-Mahl im Gewiſſen haben: Du, du ſelbſt biſt ſchuld; der Geitz
hat dich bethoͤret, die Heucheley verfuͤhret, der Hochmuth zerruͤttet,
die Wolluſt bezauberet, der Zorn verfinſteret. Murre, ach! murre
doch nicht uͤber deinen Naͤchſten; du eintzig haſt gefehlt, du biſt der
Suͤnder! wenigſtens haſt du dieſes boͤſe Stuͤck gethan, daß du GOtt
zwar wollen lieben und loben, aber den Naͤchſten dabey benachreden
und niedertrucken ohne Scheu, und haſt dir alſo ſelbſt das Ubel uͤber
den Halß gezogen; wie billich iſts dann, daß du erfahreſt die Wahr-
heit GOttes; daß fleiſchlich geſinnet ſeyn, Tod a, Verdruß, Ban-
gigkeit, und alle Qual bringe und ſeye. Du haſt lieber wollen von
der verbottenen Frucht eſſen als vom Lebens-Baum; haͤtteſt du
dich von dem Sinn des Geiſtes beherrſchen laſſen, ſo genoͤſſeſt du jetzt
Leben und Friede, und waͤre dir himmliſch wohl. Du bildeſt dir ein,
was man dir gethan, ſeye nicht zu leiden; aber was du anderen thuſt,
ſollen ſie nur vor Schertz und Kurtzweil halten; ſo klein bedunckt dich
dein Balcken, und ſo groß des Naͤchſten Splitter b. Wer ſich in
dieſem Spiegel beſchauet, wird den Groll leicht und bald vergeſſen.

§. 8. Dem neidigen, haͤßigen, greulichen Satan ſollt du nichtals auch
Satan
wider wel-
chen man
tapfer
kaͤmpfen
muß,
Schuld
daran
ſeye,

unterthan bleiben, (er hat Diener genug, obſchon er nicht vor die
ſeinen geſtorben;) er iſt dein geſchworner Tod-Feind, der dich um
GOtt, um Leib und Leben, Seel, Seeligkeit und um alles bringt,
und noch darzu den ewigen Tod zum Sold gibt; der dich zu Fall brin-
get, und uͤber kurtz oder lang hernach dich hoͤlliſch aͤngſtiget. Bet-
teſt du nicht, und biſt wacker allezeit, ſo locket er dich nach und nach
auf ſeinen Grund und Boden, allda er dir einen Qual-Strick anwirfft,
daran du faſt erſticken moͤchteſt. Ja biſt du nicht innwendig mit
dem lebendigen Geiſt JEſu wohl bewaffnet, ſo kommt unverſehens
ein Pfeil daher geflogen, und macht dir eine toͤdtliche Wunde; ein
unvermutherer Einfall und Gedancken, der dich biß aufs Leben trifft.
Darum halte eintzig den Teufel vor deinen abgeſagten Mord-Haͤſſer,

und
a Rom. VIII. 6.
b Luc. VI. 43.
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[719/0815] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. §. 7. Achte niemand vor deinen Feind als dich ſelbſt und den Teu- fel; dein Verderben kommt von dir o Jſrael! Es ſind deine began- gene Suͤnden, die dich ſchrecken, aͤngſten: Haͤtteſt du nicht geſuͤndi- get, du koͤnnteſt allſtaͤts in ſanffteſter Ruh, Freud und Friede in GOtt wie geſchmoltzener Zucker zerflieſſen, und ein ſtetes jubilierendes Freu- den-Mahl im Gewiſſen haben: Du, du ſelbſt biſt ſchuld; der Geitz hat dich bethoͤret, die Heucheley verfuͤhret, der Hochmuth zerruͤttet, die Wolluſt bezauberet, der Zorn verfinſteret. Murre, ach! murre doch nicht uͤber deinen Naͤchſten; du eintzig haſt gefehlt, du biſt der Suͤnder! wenigſtens haſt du dieſes boͤſe Stuͤck gethan, daß du GOtt zwar wollen lieben und loben, aber den Naͤchſten dabey benachreden und niedertrucken ohne Scheu, und haſt dir alſo ſelbſt das Ubel uͤber den Halß gezogen; wie billich iſts dann, daß du erfahreſt die Wahr- heit GOttes; daß fleiſchlich geſinnet ſeyn, Tod a, Verdruß, Ban- gigkeit, und alle Qual bringe und ſeye. Du haſt lieber wollen von der verbottenen Frucht eſſen als vom Lebens-Baum; haͤtteſt du dich von dem Sinn des Geiſtes beherrſchen laſſen, ſo genoͤſſeſt du jetzt Leben und Friede, und waͤre dir himmliſch wohl. Du bildeſt dir ein, was man dir gethan, ſeye nicht zu leiden; aber was du anderen thuſt, ſollen ſie nur vor Schertz und Kurtzweil halten; ſo klein bedunckt dich dein Balcken, und ſo groß des Naͤchſten Splitter b. Wer ſich in dieſem Spiegel beſchauet, wird den Groll leicht und bald vergeſſen. Durch Betrach- tung, daß man ſo wohl ſelbſten §. 8. Dem neidigen, haͤßigen, greulichen Satan ſollt du nicht unterthan bleiben, (er hat Diener genug, obſchon er nicht vor die ſeinen geſtorben;) er iſt dein geſchworner Tod-Feind, der dich um GOtt, um Leib und Leben, Seel, Seeligkeit und um alles bringt, und noch darzu den ewigen Tod zum Sold gibt; der dich zu Fall brin- get, und uͤber kurtz oder lang hernach dich hoͤlliſch aͤngſtiget. Bet- teſt du nicht, und biſt wacker allezeit, ſo locket er dich nach und nach auf ſeinen Grund und Boden, allda er dir einen Qual-Strick anwirfft, daran du faſt erſticken moͤchteſt. Ja biſt du nicht innwendig mit dem lebendigen Geiſt JEſu wohl bewaffnet, ſo kommt unverſehens ein Pfeil daher geflogen, und macht dir eine toͤdtliche Wunde; ein unvermutherer Einfall und Gedancken, der dich biß aufs Leben trifft. Darum halte eintzig den Teufel vor deinen abgeſagten Mord-Haͤſſer, und als auch Satan wider wel- chen man tapfer kaͤmpfen muß, Schuld daran ſeye, a Rom. VIII. 6. b Luc. VI. 43.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/815>, abgerufen am 23.11.2024.