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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Jämmerlicher Abscheid
locken von dem Weg zu JEsu dem süssen Hirten und seiner guten Way-
de, bald warff er sich zur Erden nieder, und meynte GOtt sollte ihm
flugs aufwütschen, und ihn mit seinem Himmel erfreuen, und mit der
Schenckung eines schleunigen Siegs und Triumphs über alles Ver-
derben, daß er wohl in der Welt zu seyn empfande, und weil es nicht
der Weg der reinesten Weißheit GOttes ist, die Sünd zu tilgen und
wegzunehmen, ehe man ihre Bitterkeit und Gewalt ihrer schwartzen
Kettenen und Geißlen wohl gefühlt, und erfahren was es sey, das höch-
ste Gut verachten und dem Feind nachlauffen; So brachte ers auch
mit seinem ängstlichen Unglaubens-Treiben nicht weit, da er so Jucks-
weiß nach dem Himmel fliegen wollte, im Augenblick hernach ins Was-
ser der Wollust hinunter sanck wie die Gänß und Enten: Es müssen
durch Buß und Glauben wohl gereinigte, ausgebrennte und ausge-
schwenckte Gefässe seyn, in welche GOTT sein Schatz legen soll, des
Teufels Larve und Gestalt, muß im Feur der Liebe JEsu lang zerflies-
sen, zerschmeltzen, damit die Seel in ein neu Model gegossen werde, Chri-
sti Bild zu empfahen, und ihm dem König in ihrer Schönheit gefallen
möge, das Mahlzeichen des Thiers durch viel Creutz-Proben, Abster-
bungen, ringendes, offt wiederhohltes Betten ausgefeget, ehe und be-
vor der Nahme des Vatters, das Siegel des lebendigen GOttes auf
die Stirnen gedruckt, von den 4. Thieren und den 24. Aeltesten mit
lieblichen Liechtes-Strahlen der Heiligkeit JEsu, durch alle Gassen
und Wohnungen der Stadt GOttes scheinen und leuchten möge, die-
ses nun geschicht nicht in einem Huy, gut Ding muß Weil haben. Wach-
set doch ein vergänglicher Baum nicht in einem Tage; Braucht es doch
Zeit und ein stätiges Bleiben unter dem Himmel und seinen Einflüssen,
Sonnenwärme, Monschein, Regen, Thau, ehe nur ein Kirschen oder
Apffel zeitig wird, wie viel mehr muß seine Zeit erwarten eine Frucht der
Ewigkeit, die auf GOttes Tisch kommen soll; Hat doch ein Lehr-Knab
Gedult, der ein Handwerck lernen will, und gibts nicht auf, wanns ihm
schon das erst und ander mahl nicht gerathet.

Er betrüb-
te sich
zwar dar-
über,

§. 6. Weilen aber dieses junge Blut sich in GOttes allerheiligste
Weiß zu handlen nicht zu schicken wußte, so verzagte er an seiner Be-
kehrung, ward unleidig und verdrüssig, daß es nicht nach seinem Wil-
len gerathen wollte, und weilen er nicht im ersten Sprung nicht übern
Berg konnte, verlohre er alle Hoffnung ihne jemahlen zu ersteigen, da
sahe es jämmerlich aus in seinem Gemüthe, und dachte er wäre doch ja

der

Jaͤmmerlicher Abſcheid
locken von dem Weg zu JEſu dem ſuͤſſen Hirten und ſeiner guten Way-
de, bald warff er ſich zur Erden nieder, und meynte GOtt ſollte ihm
flugs aufwuͤtſchen, und ihn mit ſeinem Himmel erfreuen, und mit der
Schenckung eines ſchleunigen Siegs und Triumphs uͤber alles Ver-
derben, daß er wohl in der Welt zu ſeyn empfande, und weil es nicht
der Weg der reineſten Weißheit GOttes iſt, die Suͤnd zu tilgen und
wegzunehmen, ehe man ihre Bitterkeit und Gewalt ihrer ſchwartzen
Kettenen und Geißlen wohl gefuͤhlt, und erfahren was es ſey, das hoͤch-
ſte Gut verachten und dem Feind nachlauffen; So brachte ers auch
mit ſeinem aͤngſtlichen Unglaubens-Treiben nicht weit, da er ſo Jucks-
weiß nach dem Himmel fliegen wollte, im Augenblick hernach ins Waſ-
ſer der Wolluſt hinunter ſanck wie die Gaͤnß und Enten: Es muͤſſen
durch Buß und Glauben wohl gereinigte, ausgebrennte und ausge-
ſchwenckte Gefaͤſſe ſeyn, in welche GOTT ſein Schatz legen ſoll, des
Teufels Larve und Geſtalt, muß im Feur der Liebe JEſu lang zerflieſ-
ſen, zerſchmeltzen, damit die Seel in ein neu Model gegoſſen werde, Chri-
ſti Bild zu empfahen, und ihm dem Koͤnig in ihrer Schoͤnheit gefallen
moͤge, das Mahlzeichen des Thiers durch viel Creutz-Proben, Abſter-
bungen, ringendes, offt wiederhohltes Betten ausgefeget, ehe und be-
vor der Nahme des Vatters, das Siegel des lebendigen GOttes auf
die Stirnen gedruckt, von den 4. Thieren und den 24. Aelteſten mit
lieblichen Liechtes-Strahlen der Heiligkeit JEſu, durch alle Gaſſen
und Wohnungen der Stadt GOttes ſcheinen und leuchten moͤge, die-
ſes nun geſchicht nicht in einem Huy, gut Ding muß Weil haben. Wach-
ſet doch ein vergaͤnglicher Baum nicht in einem Tage; Braucht es doch
Zeit und ein ſtaͤtiges Bleiben unter dem Himmel und ſeinen Einfluͤſſen,
Sonnenwaͤrme, Monſchein, Regen, Thau, ehe nur ein Kirſchen oder
Apffel zeitig wird, wie viel mehr muß ſeine Zeit erwarten eine Frucht der
Ewigkeit, die auf GOttes Tiſch kommen ſoll; Hat doch ein Lehr-Knab
Gedult, der ein Handwerck lernen will, und gibts nicht auf, wanns ihm
ſchon das erſt und ander mahl nicht gerathet.

Er betruͤb-
te ſich
zwar dar-
uͤber,

§. 6. Weilen aber dieſes junge Blut ſich in GOttes allerheiligſte
Weiß zu handlen nicht zu ſchicken wußte, ſo verzagte er an ſeiner Be-
kehrung, ward unleidig und verdruͤſſig, daß es nicht nach ſeinem Wil-
len gerathen wollte, und weilen er nicht im erſten Sprung nicht uͤbern
Berg konnte, verlohre er alle Hoffnung ihne jemahlen zu erſteigen, da
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[664/0760] Jaͤmmerlicher Abſcheid locken von dem Weg zu JEſu dem ſuͤſſen Hirten und ſeiner guten Way- de, bald warff er ſich zur Erden nieder, und meynte GOtt ſollte ihm flugs aufwuͤtſchen, und ihn mit ſeinem Himmel erfreuen, und mit der Schenckung eines ſchleunigen Siegs und Triumphs uͤber alles Ver- derben, daß er wohl in der Welt zu ſeyn empfande, und weil es nicht der Weg der reineſten Weißheit GOttes iſt, die Suͤnd zu tilgen und wegzunehmen, ehe man ihre Bitterkeit und Gewalt ihrer ſchwartzen Kettenen und Geißlen wohl gefuͤhlt, und erfahren was es ſey, das hoͤch- ſte Gut verachten und dem Feind nachlauffen; So brachte ers auch mit ſeinem aͤngſtlichen Unglaubens-Treiben nicht weit, da er ſo Jucks- weiß nach dem Himmel fliegen wollte, im Augenblick hernach ins Waſ- ſer der Wolluſt hinunter ſanck wie die Gaͤnß und Enten: Es muͤſſen durch Buß und Glauben wohl gereinigte, ausgebrennte und ausge- ſchwenckte Gefaͤſſe ſeyn, in welche GOTT ſein Schatz legen ſoll, des Teufels Larve und Geſtalt, muß im Feur der Liebe JEſu lang zerflieſ- ſen, zerſchmeltzen, damit die Seel in ein neu Model gegoſſen werde, Chri- ſti Bild zu empfahen, und ihm dem Koͤnig in ihrer Schoͤnheit gefallen moͤge, das Mahlzeichen des Thiers durch viel Creutz-Proben, Abſter- bungen, ringendes, offt wiederhohltes Betten ausgefeget, ehe und be- vor der Nahme des Vatters, das Siegel des lebendigen GOttes auf die Stirnen gedruckt, von den 4. Thieren und den 24. Aelteſten mit lieblichen Liechtes-Strahlen der Heiligkeit JEſu, durch alle Gaſſen und Wohnungen der Stadt GOttes ſcheinen und leuchten moͤge, die- ſes nun geſchicht nicht in einem Huy, gut Ding muß Weil haben. Wach- ſet doch ein vergaͤnglicher Baum nicht in einem Tage; Braucht es doch Zeit und ein ſtaͤtiges Bleiben unter dem Himmel und ſeinen Einfluͤſſen, Sonnenwaͤrme, Monſchein, Regen, Thau, ehe nur ein Kirſchen oder Apffel zeitig wird, wie viel mehr muß ſeine Zeit erwarten eine Frucht der Ewigkeit, die auf GOttes Tiſch kommen ſoll; Hat doch ein Lehr-Knab Gedult, der ein Handwerck lernen will, und gibts nicht auf, wanns ihm ſchon das erſt und ander mahl nicht gerathet. §. 6. Weilen aber dieſes junge Blut ſich in GOttes allerheiligſte Weiß zu handlen nicht zu ſchicken wußte, ſo verzagte er an ſeiner Be- kehrung, ward unleidig und verdruͤſſig, daß es nicht nach ſeinem Wil- len gerathen wollte, und weilen er nicht im erſten Sprung nicht uͤbern Berg konnte, verlohre er alle Hoffnung ihne jemahlen zu erſteigen, da ſahe es jaͤmmerlich aus in ſeinem Gemuͤthe, und dachte er waͤre doch ja der

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/760>, abgerufen am 23.11.2024.