Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

eines Küh-Hirten.
auch etwas zugegeben hätte, so wäre er mit ihm zu frieden gewesen, aber
er will das gantze Schlangen-Nest ausraumen; wo aber das falsche
Hertz mit Willen ein Schlänglein versteckt, ernehren will, da lässet er sie
alle bleiben zu Geißlen und Scorpionen, wer noch einem Cananiter und
Feind GOttes günstig ist, der muß sie alle haben zu aussaugenden Ty-
rannen in denen Ewigkeiten, denn es wäre JEsu keine Ehr, wann er
einen Menschen von seiner Kranckheit heilen wollte, und nur noch den
kleinsten Feind überließ, denn so wurd er vor einen unerfahrnen Artzt,
vor einen ohnmächtigen oder ohnweisen König passiren, vor einen hal-
ben JEsum, darum heißt es entweders gantz mein oder laß es seyn.

§. 4. Also ists diesem unglückseligen Jüngling ergangen, hätte ihmWollte
zugleich
GOTT
und der
Welt ge-
fallen,

der liebe HErr nicht alles abgeschnitten, und nur etwas wenigen fleisch-
licher Lustbarkeit und Ergötzlichkeit erlaubt; O wie gern hätte er ihme
auch etwas zu lieb gethan, wann er das Perle um einen niedrigen Preiß
wohlfeiler hätte haben mögen, so hätte er wohl etwas darum gegeben,
er machte es, wie viele 1000. pflegen, die es nirgend gern verschütten, son-
dern GOtt und der Welt zugleich gefallen möchten, ein wenig Fromm-
keit, Gebett, gute Gespräch, Allmosen etc. und dann auch ein wenig mit-
machen, nicht alles so gar anderst haben wollen im Christenthum als an-
dere Leut, sich etwan hier und da der Welt gleich stellen wollen, darmit
der Weg dem alten Adam desto leidentlicher und erträglicher sey, nicht
gantz in Christo leben, in JEsu alles Vergnügen und Kurtzweil allein su-
chen, und von ihm in- und zu GOtt gezogen, gantz geistlich, neu himm-
lisch werden und wandlen, wie JEsus gewandelt: 1 Joh. 2. Nein
das ware ihm zu hart, er wollte, seine Seel sollte wenig vom Bilde
GOttes, und dann wiederum ein wenig von der Welt und Teufels-
Bild haben, wie es viel solcher monstrose Ungeheur gibt, die nie zur
Erkanntnuß und Liebe Christi kommen, sondern als zwischen Himmel
und Erden schweben, und endlich ein Fluch und Feg-Opfer der Gerech-
tigkeit GOttes werden, als Verbannete 2 Cor. 6.

§. 5. O wie kläglich ware doch dieses elendigen Menschen Zustand,und liesse
sich als
ein Wet-
ter-Hahn
bald auf
diese bald
aufjene
Seite trei-
ben.

er ware wie ein Wetter-Hahn auf einem hohen Thurn, nachdeme ein
Wind wehete, so gieng sein Begierd hinnach, er sahe was ihm gut und
heilsam wäre, er seufftzete darnach, kame aber die Lust, und wollte ei-
nen Dienst von ihm haben, so hat er weder Hertz noch Muth, sich mit
Gebett und gläubiges Eindringen in die Wunden seines Nothhelffers
dargegen zu wehren, sondern ließ sich von dem Höllen-Wolff schnell ab-

locken

eines Kuͤh-Hirten.
auch etwas zugegeben haͤtte, ſo waͤre er mit ihm zu frieden geweſen, aber
er will das gantze Schlangen-Neſt ausraumen; wo aber das falſche
Hertz mit Willen ein Schlaͤnglein verſteckt, ernehren will, da laͤſſet er ſie
alle bleiben zu Geißlen und Scorpionen, wer noch einem Cananiter und
Feind GOttes guͤnſtig iſt, der muß ſie alle haben zu ausſaugenden Ty-
rannen in denen Ewigkeiten, denn es waͤre JEſu keine Ehr, wann er
einen Menſchen von ſeiner Kranckheit heilen wollte, und nur noch den
kleinſten Feind uͤberließ, denn ſo wurd er vor einen unerfahrnen Artzt,
vor einen ohnmaͤchtigen oder ohnweiſen Koͤnig paſſiren, vor einen hal-
ben JEſum, darum heißt es entweders gantz mein oder laß es ſeyn.

§. 4. Alſo iſts dieſem ungluͤckſeligen Juͤngling ergangen, haͤtte ihmWollte
zugleich
GOTT
und der
Welt ge-
fallen,

der liebe HErr nicht alles abgeſchnitten, und nur etwas wenigen fleiſch-
licher Luſtbarkeit und Ergoͤtzlichkeit erlaubt; O wie gern haͤtte er ihme
auch etwas zu lieb gethan, wann er das Perle um einen niedrigen Preiß
wohlfeiler haͤtte haben moͤgen, ſo haͤtte er wohl etwas darum gegeben,
er machte es, wie viele 1000. pflegen, die es nirgend gern verſchuͤtten, ſon-
dern GOtt und der Welt zugleich gefallen moͤchten, ein wenig Fromm-
keit, Gebett, gute Geſpraͤch, Allmoſen ꝛc. und dann auch ein wenig mit-
machen, nicht alles ſo gar anderſt haben wollen im Chriſtenthum als an-
dere Leut, ſich etwan hier und da der Welt gleich ſtellen wollen, darmit
der Weg dem alten Adam deſto leidentlicher und ertraͤglicher ſey, nicht
gantz in Chriſto leben, in JEſu alles Vergnuͤgen und Kurtzweil allein ſu-
chen, und von ihm in- und zu GOtt gezogen, gantz geiſtlich, neu himm-
liſch werden und wandlen, wie JEſus gewandelt: 1 Joh. 2. Nein
das ware ihm zu hart, er wollte, ſeine Seel ſollte wenig vom Bilde
GOttes, und dann wiederum ein wenig von der Welt und Teufels-
Bild haben, wie es viel ſolcher monſtroſe Ungeheur gibt, die nie zur
Erkanntnuß und Liebe Chriſti kommen, ſondern als zwiſchen Himmel
und Erden ſchweben, und endlich ein Fluch und Feg-Opfer der Gerech-
tigkeit GOttes werden, als Verbannete 2 Cor. 6.

§. 5. O wie klaͤglich ware doch dieſes elendigen Menſchen Zuſtand,und lieſſe
ſich als
ein Wet-
ter-Hahn
bald auf
dieſe bald
aufjene
Seite trei-
ben.

er ware wie ein Wetter-Hahn auf einem hohen Thurn, nachdeme ein
Wind wehete, ſo gieng ſein Begierd hinnach, er ſahe was ihm gut und
heilſam waͤre, er ſeufftzete darnach, kame aber die Luſt, und wollte ei-
nen Dienſt von ihm haben, ſo hat er weder Hertz noch Muth, ſich mit
Gebett und glaͤubiges Eindringen in die Wunden ſeines Nothhelffers
dargegen zu wehren, ſondern ließ ſich von dem Hoͤllen-Wolff ſchnell ab-

locken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0759" n="663"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">eines Ku&#x0364;h-Hirten.</hi></fw><lb/>
auch etwas zugegeben ha&#x0364;tte, &#x017F;o wa&#x0364;re er mit ihm zu frieden gewe&#x017F;en, aber<lb/>
er will das gantze Schlangen-Ne&#x017F;t ausraumen; wo aber das fal&#x017F;che<lb/>
Hertz mit Willen ein Schla&#x0364;nglein ver&#x017F;teckt, ernehren will, da la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er &#x017F;ie<lb/>
alle bleiben zu Geißlen und Scorpionen, wer noch einem Cananiter und<lb/>
Feind GOttes gu&#x0364;n&#x017F;tig i&#x017F;t, der muß &#x017F;ie alle haben zu aus&#x017F;augenden Ty-<lb/>
rannen in denen Ewigkeiten, denn es wa&#x0364;re JE&#x017F;u keine Ehr, wann er<lb/>
einen Men&#x017F;chen von &#x017F;einer Kranckheit heilen wollte, und nur noch den<lb/>
klein&#x017F;ten Feind u&#x0364;berließ, denn &#x017F;o wurd er vor einen unerfahrnen Artzt,<lb/>
vor einen ohnma&#x0364;chtigen oder ohnwei&#x017F;en Ko&#x0364;nig pa&#x017F;&#x017F;iren, vor einen hal-<lb/>
ben JE&#x017F;um, darum heißt es entweders gantz mein oder laß es &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>§. 4. Al&#x017F;o i&#x017F;ts die&#x017F;em unglu&#x0364;ck&#x017F;eligen Ju&#x0364;ngling ergangen, ha&#x0364;tte ihm<note place="right">Wollte<lb/>
zugleich<lb/>
GOTT<lb/>
und der<lb/>
Welt ge-<lb/>
fallen,</note><lb/>
der liebe HErr nicht alles abge&#x017F;chnitten, und nur etwas wenigen flei&#x017F;ch-<lb/>
licher Lu&#x017F;tbarkeit und Ergo&#x0364;tzlichkeit erlaubt; O wie gern ha&#x0364;tte er ihme<lb/>
auch etwas zu lieb gethan, wann er das Perle um einen niedrigen Preiß<lb/>
wohlfeiler ha&#x0364;tte haben mo&#x0364;gen, &#x017F;o ha&#x0364;tte er wohl etwas darum gegeben,<lb/>
er machte es, wie viele 1000. pflegen, die es nirgend gern ver&#x017F;chu&#x0364;tten, &#x017F;on-<lb/>
dern GOtt und der Welt zugleich gefallen mo&#x0364;chten, ein wenig Fromm-<lb/>
keit, Gebett, gute Ge&#x017F;pra&#x0364;ch, Allmo&#x017F;en &#xA75B;c. und dann auch ein wenig mit-<lb/>
machen, nicht alles &#x017F;o gar ander&#x017F;t haben wollen im Chri&#x017F;tenthum als an-<lb/>
dere Leut, &#x017F;ich etwan hier und da der Welt gleich &#x017F;tellen wollen, darmit<lb/>
der Weg dem alten Adam de&#x017F;to leidentlicher und ertra&#x0364;glicher &#x017F;ey, nicht<lb/>
gantz in Chri&#x017F;to leben, in JE&#x017F;u alles Vergnu&#x0364;gen und Kurtzweil allein &#x017F;u-<lb/>
chen, und von ihm in- und zu GOtt gezogen, gantz gei&#x017F;tlich, neu himm-<lb/>
li&#x017F;ch werden und wandlen, wie JE&#x017F;us gewandelt: 1 Joh. 2. Nein<lb/>
das ware ihm zu hart, er wollte, &#x017F;eine Seel &#x017F;ollte wenig vom Bilde<lb/>
GOttes, und dann wiederum ein wenig von der Welt und Teufels-<lb/>
Bild haben, wie es viel &#x017F;olcher mon&#x017F;tro&#x017F;e Ungeheur gibt, die nie zur<lb/>
Erkanntnuß und Liebe Chri&#x017F;ti kommen, &#x017F;ondern als zwi&#x017F;chen Himmel<lb/>
und Erden &#x017F;chweben, und endlich ein Fluch und Feg-Opfer der Gerech-<lb/>
tigkeit GOttes werden, als Verbannete 2 Cor. 6.</p><lb/>
          <p>§. 5. O wie kla&#x0364;glich ware doch die&#x017F;es elendigen Men&#x017F;chen Zu&#x017F;tand,<note place="right">und lie&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich als<lb/>
ein Wet-<lb/>
ter-Hahn<lb/>
bald auf<lb/>
die&#x017F;e bald<lb/>
aufjene<lb/>
Seite trei-<lb/>
ben.</note><lb/>
er ware wie ein Wetter-Hahn auf einem hohen Thurn, nachdeme ein<lb/>
Wind wehete, &#x017F;o gieng &#x017F;ein Begierd hinnach, er &#x017F;ahe was ihm gut und<lb/>
heil&#x017F;am wa&#x0364;re, er &#x017F;eufftzete darnach, kame aber die Lu&#x017F;t, und wollte ei-<lb/>
nen Dien&#x017F;t von ihm haben, &#x017F;o hat er weder Hertz noch Muth, &#x017F;ich mit<lb/>
Gebett und gla&#x0364;ubiges Eindringen in die Wunden &#x017F;eines Nothhelffers<lb/>
dargegen zu wehren, &#x017F;ondern ließ &#x017F;ich von dem Ho&#x0364;llen-Wolff &#x017F;chnell ab-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">locken</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[663/0759] eines Kuͤh-Hirten. auch etwas zugegeben haͤtte, ſo waͤre er mit ihm zu frieden geweſen, aber er will das gantze Schlangen-Neſt ausraumen; wo aber das falſche Hertz mit Willen ein Schlaͤnglein verſteckt, ernehren will, da laͤſſet er ſie alle bleiben zu Geißlen und Scorpionen, wer noch einem Cananiter und Feind GOttes guͤnſtig iſt, der muß ſie alle haben zu ausſaugenden Ty- rannen in denen Ewigkeiten, denn es waͤre JEſu keine Ehr, wann er einen Menſchen von ſeiner Kranckheit heilen wollte, und nur noch den kleinſten Feind uͤberließ, denn ſo wurd er vor einen unerfahrnen Artzt, vor einen ohnmaͤchtigen oder ohnweiſen Koͤnig paſſiren, vor einen hal- ben JEſum, darum heißt es entweders gantz mein oder laß es ſeyn. §. 4. Alſo iſts dieſem ungluͤckſeligen Juͤngling ergangen, haͤtte ihm der liebe HErr nicht alles abgeſchnitten, und nur etwas wenigen fleiſch- licher Luſtbarkeit und Ergoͤtzlichkeit erlaubt; O wie gern haͤtte er ihme auch etwas zu lieb gethan, wann er das Perle um einen niedrigen Preiß wohlfeiler haͤtte haben moͤgen, ſo haͤtte er wohl etwas darum gegeben, er machte es, wie viele 1000. pflegen, die es nirgend gern verſchuͤtten, ſon- dern GOtt und der Welt zugleich gefallen moͤchten, ein wenig Fromm- keit, Gebett, gute Geſpraͤch, Allmoſen ꝛc. und dann auch ein wenig mit- machen, nicht alles ſo gar anderſt haben wollen im Chriſtenthum als an- dere Leut, ſich etwan hier und da der Welt gleich ſtellen wollen, darmit der Weg dem alten Adam deſto leidentlicher und ertraͤglicher ſey, nicht gantz in Chriſto leben, in JEſu alles Vergnuͤgen und Kurtzweil allein ſu- chen, und von ihm in- und zu GOtt gezogen, gantz geiſtlich, neu himm- liſch werden und wandlen, wie JEſus gewandelt: 1 Joh. 2. Nein das ware ihm zu hart, er wollte, ſeine Seel ſollte wenig vom Bilde GOttes, und dann wiederum ein wenig von der Welt und Teufels- Bild haben, wie es viel ſolcher monſtroſe Ungeheur gibt, die nie zur Erkanntnuß und Liebe Chriſti kommen, ſondern als zwiſchen Himmel und Erden ſchweben, und endlich ein Fluch und Feg-Opfer der Gerech- tigkeit GOttes werden, als Verbannete 2 Cor. 6. Wollte zugleich GOTT und der Welt ge- fallen, §. 5. O wie klaͤglich ware doch dieſes elendigen Menſchen Zuſtand, er ware wie ein Wetter-Hahn auf einem hohen Thurn, nachdeme ein Wind wehete, ſo gieng ſein Begierd hinnach, er ſahe was ihm gut und heilſam waͤre, er ſeufftzete darnach, kame aber die Luſt, und wollte ei- nen Dienſt von ihm haben, ſo hat er weder Hertz noch Muth, ſich mit Gebett und glaͤubiges Eindringen in die Wunden ſeines Nothhelffers dargegen zu wehren, ſondern ließ ſich von dem Hoͤllen-Wolff ſchnell ab- locken und lieſſe ſich als ein Wet- ter-Hahn bald auf dieſe bald aufjene Seite trei- ben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/759
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/759>, abgerufen am 25.11.2024.