Sünden als eine Schlacht-Ordnung vor Augen gestellt, ins Licht sei- nes H. Angesichts, und wird ihr vorgehalten, wie sie GOttes Bund in Mund genommen, geschwätzt und geheuchlet, seines Geistes Zucht aber gehasset und zuruck geworffen habe, viel leere Wort ausgestreut, wenig aber, ja gar nichts in wahrer That, Werck und göttlichem Leben bewiesen, zu GOtt nahen wollen, ohne Heiligung, und ver- meinet, GOtt sey gleich wie sie, das Christenthum führen wollen ohne Uberschlagung der Kösten, auch niemahlen rechtschaffen in Chri- sti gehorsame Nachfolge und Evangelisches Leben zu tretten gesucht, die himmlische Lehr JEsu seines Sohns, wie es seyn müsse, mit Gedancken, Worten und Wercken zu erfüllen; GOtt zeigt ihr als wie mit erschütterendem Donner und mit innerstem durchpfeilendem Blitzen, wie sie ihre so vielmahls gethane Gelübde und gemachte Vorsätze so meyneydig gebrochen, stets wider ihr eigen Gebett und schöne Wort gehandlet, im Eigenwillen dahin gezaudert, andere zur Hochzeit des Lamms genöthiget, zur Heyls-Quelle eingeladen, und selbst nicht die Hindernussen der Sünden überstreiten wollen, dahin zu kommen, anderen die Süßigkeit und Leutseligkeit JEsu an- gerühmet und selbst nicht genossen, viel von anderen geforderet und selbst gar wenig gehalten, und wie er so in allem seinem Thun nicht GOttes Reich und Ehr, sondern seinen eigenen Nutzen, Ruhm und Vergnügen gesucht, auch dem Nächsten die Seeligkeit nicht redlich gegönnet, sondern über dessen höhere, herrlichere Gaben neidisch worden, und denselben nur gern immer unter sich gehalten, auf eine gantz teuflische Art, ihne auch verläumdet, verkleineret, heimlich affterredet aus verdecktem Groll etc. ja wie sie GOttes Herrlichkeit und aller seiner Creaturen Vermögen nur gerne zu ihrer eigenen Er- höhung und Großmachung angewendet hätte, eben wie Satanas etc. Summa, wie es ein jeder in seiner Verdorbenheit mag getrieben ha- ben, das wird ihme hier keines wegs verschwiegen; GOttes heiliger Geist schmeichelt niemand, da verwelckets wie ein Blum, deren Blätter abgewehet worden.
§. 2. Hier stehet der Mensch am Rand der Höllen, und haltetNeu und Verzagen, sich vor den Allergottlosesten, glaubt auch, alle Menschen können leichter zu Gnaden kommen, als er, siehet sich als in einem tieffen
Abgrund
(c 2)
Suͤnden als eine Schlacht-Ordnung vor Augen geſtellt, ins Licht ſei- nes H. Angeſichts, und wird ihr vorgehalten, wie ſie GOttes Bund in Mund genommen, geſchwaͤtzt und geheuchlet, ſeines Geiſtes Zucht aber gehaſſet und zuruck geworffen habe, viel leere Wort ausgeſtreut, wenig aber, ja gar nichts in wahrer That, Werck und goͤttlichem Leben bewieſen, zu GOtt nahen wollen, ohne Heiligung, und ver- meinet, GOtt ſey gleich wie ſie, das Chriſtenthum fuͤhren wollen ohne Uberſchlagung der Koͤſten, auch niemahlen rechtſchaffen in Chri- ſti gehorſame Nachfolge und Evangeliſches Leben zu tretten geſucht, die himmliſche Lehr JEſu ſeines Sohns, wie es ſeyn muͤſſe, mit Gedancken, Worten und Wercken zu erfuͤllen; GOtt zeigt ihr als wie mit erſchuͤtterendem Donner und mit innerſtem durchpfeilendem Blitzen, wie ſie ihre ſo vielmahls gethane Geluͤbde und gemachte Vorſaͤtze ſo meyneydig gebrochen, ſtets wider ihr eigen Gebett und ſchoͤne Wort gehandlet, im Eigenwillen dahin gezaudert, andere zur Hochzeit des Lamms genoͤthiget, zur Heyls-Quelle eingeladen, und ſelbſt nicht die Hindernuſſen der Suͤnden uͤberſtreiten wollen, dahin zu kommen, anderen die Suͤßigkeit und Leutſeligkeit JEſu an- geruͤhmet und ſelbſt nicht genoſſen, viel von anderen geforderet und ſelbſt gar wenig gehalten, und wie er ſo in allem ſeinem Thun nicht GOttes Reich und Ehr, ſondern ſeinen eigenen Nutzen, Ruhm und Vergnuͤgen geſucht, auch dem Naͤchſten die Seeligkeit nicht redlich gegoͤnnet, ſondern uͤber deſſen hoͤhere, herrlichere Gaben neidiſch worden, und denſelben nur gern immer unter ſich gehalten, auf eine gantz teufliſche Art, ihne auch verlaͤumdet, verkleineret, heimlich affterredet aus verdecktem Groll ꝛc. ja wie ſie GOttes Herrlichkeit und aller ſeiner Creaturen Vermoͤgen nur gerne zu ihrer eigenen Er- hoͤhung und Großmachung angewendet haͤtte, eben wie Satanas ꝛc. Summa, wie es ein jeder in ſeiner Verdorbenheit mag getrieben ha- ben, das wird ihme hier keines wegs verſchwiegen; GOttes heiliger Geiſt ſchmeichelt niemand, da verwelckets wie ein Blum, deren Blaͤtter abgewehet worden.
§. 2. Hier ſtehet der Menſch am Rand der Hoͤllen, und haltetNeu und Veꝛzagen, ſich vor den Allergottloſeſten, glaubt auch, alle Menſchen koͤnnen leichter zu Gnaden kommen, als er, ſiehet ſich als in einem tieffen
Abgrund
(c 2)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0075"n="19"/>
Suͤnden als eine Schlacht-Ordnung vor Augen geſtellt, ins Licht ſei-<lb/>
nes H. Angeſichts, und wird ihr vorgehalten, wie ſie GOttes Bund<lb/>
in Mund genommen, geſchwaͤtzt und geheuchlet, ſeines Geiſtes Zucht<lb/>
aber gehaſſet und zuruck geworffen habe, viel leere Wort ausgeſtreut,<lb/>
wenig aber, ja gar nichts in wahrer That, Werck und goͤttlichem<lb/>
Leben bewieſen, zu GOtt nahen wollen, ohne Heiligung, und ver-<lb/>
meinet, GOtt ſey gleich wie ſie, das Chriſtenthum fuͤhren wollen<lb/>
ohne Uberſchlagung der Koͤſten, auch niemahlen rechtſchaffen in Chri-<lb/>ſti gehorſame Nachfolge und Evangeliſches Leben zu tretten geſucht,<lb/>
die himmliſche Lehr JEſu ſeines Sohns, wie es ſeyn muͤſſe, mit<lb/>
Gedancken, Worten und Wercken zu erfuͤllen; GOtt zeigt ihr als<lb/>
wie mit erſchuͤtterendem Donner und mit innerſtem durchpfeilendem<lb/>
Blitzen, wie ſie ihre ſo vielmahls gethane Geluͤbde und gemachte<lb/>
Vorſaͤtze ſo meyneydig gebrochen, ſtets wider ihr eigen Gebett und<lb/>ſchoͤne Wort gehandlet, im Eigenwillen dahin gezaudert, andere<lb/>
zur Hochzeit des Lamms genoͤthiget, zur Heyls-Quelle eingeladen,<lb/>
und ſelbſt nicht die Hindernuſſen der Suͤnden uͤberſtreiten wollen,<lb/>
dahin zu kommen, anderen die Suͤßigkeit und Leutſeligkeit JEſu an-<lb/>
geruͤhmet und ſelbſt nicht genoſſen, viel von anderen geforderet und<lb/>ſelbſt gar wenig gehalten, und wie er ſo in allem ſeinem Thun nicht<lb/>
GOttes Reich und Ehr, ſondern ſeinen eigenen Nutzen, Ruhm und<lb/>
Vergnuͤgen geſucht, auch dem Naͤchſten die Seeligkeit nicht redlich<lb/>
gegoͤnnet, ſondern uͤber deſſen hoͤhere, herrlichere Gaben neidiſch<lb/>
worden, und denſelben nur gern immer unter ſich gehalten, auf eine<lb/>
gantz teufliſche Art, ihne auch verlaͤumdet, verkleineret, heimlich<lb/>
affterredet aus verdecktem Groll ꝛc. ja wie ſie GOttes Herrlichkeit<lb/>
und aller ſeiner Creaturen Vermoͤgen nur gerne zu ihrer eigenen Er-<lb/>
hoͤhung und Großmachung angewendet haͤtte, eben wie Satanas ꝛc.<lb/>
Summa, wie es ein jeder in ſeiner Verdorbenheit mag getrieben ha-<lb/>
ben, das wird ihme hier keines wegs verſchwiegen; GOttes heiliger<lb/>
Geiſt ſchmeichelt niemand, da verwelckets wie ein Blum, deren<lb/>
Blaͤtter abgewehet worden.</p><lb/><p><hirendition="#i">§.</hi> 2. Hier ſtehet der Menſch am Rand der Hoͤllen, und haltet<noteplace="right">Neu und<lb/>
Veꝛzagen,</note><lb/>ſich vor den Allergottloſeſten, glaubt auch, alle Menſchen koͤnnen<lb/>
leichter zu Gnaden kommen, als er, ſiehet ſich als in einem tieffen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(c 2)</fw><fwplace="bottom"type="catch">Abgrund</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[19/0075]
Suͤnden als eine Schlacht-Ordnung vor Augen geſtellt, ins Licht ſei-
nes H. Angeſichts, und wird ihr vorgehalten, wie ſie GOttes Bund
in Mund genommen, geſchwaͤtzt und geheuchlet, ſeines Geiſtes Zucht
aber gehaſſet und zuruck geworffen habe, viel leere Wort ausgeſtreut,
wenig aber, ja gar nichts in wahrer That, Werck und goͤttlichem
Leben bewieſen, zu GOtt nahen wollen, ohne Heiligung, und ver-
meinet, GOtt ſey gleich wie ſie, das Chriſtenthum fuͤhren wollen
ohne Uberſchlagung der Koͤſten, auch niemahlen rechtſchaffen in Chri-
ſti gehorſame Nachfolge und Evangeliſches Leben zu tretten geſucht,
die himmliſche Lehr JEſu ſeines Sohns, wie es ſeyn muͤſſe, mit
Gedancken, Worten und Wercken zu erfuͤllen; GOtt zeigt ihr als
wie mit erſchuͤtterendem Donner und mit innerſtem durchpfeilendem
Blitzen, wie ſie ihre ſo vielmahls gethane Geluͤbde und gemachte
Vorſaͤtze ſo meyneydig gebrochen, ſtets wider ihr eigen Gebett und
ſchoͤne Wort gehandlet, im Eigenwillen dahin gezaudert, andere
zur Hochzeit des Lamms genoͤthiget, zur Heyls-Quelle eingeladen,
und ſelbſt nicht die Hindernuſſen der Suͤnden uͤberſtreiten wollen,
dahin zu kommen, anderen die Suͤßigkeit und Leutſeligkeit JEſu an-
geruͤhmet und ſelbſt nicht genoſſen, viel von anderen geforderet und
ſelbſt gar wenig gehalten, und wie er ſo in allem ſeinem Thun nicht
GOttes Reich und Ehr, ſondern ſeinen eigenen Nutzen, Ruhm und
Vergnuͤgen geſucht, auch dem Naͤchſten die Seeligkeit nicht redlich
gegoͤnnet, ſondern uͤber deſſen hoͤhere, herrlichere Gaben neidiſch
worden, und denſelben nur gern immer unter ſich gehalten, auf eine
gantz teufliſche Art, ihne auch verlaͤumdet, verkleineret, heimlich
affterredet aus verdecktem Groll ꝛc. ja wie ſie GOttes Herrlichkeit
und aller ſeiner Creaturen Vermoͤgen nur gerne zu ihrer eigenen Er-
hoͤhung und Großmachung angewendet haͤtte, eben wie Satanas ꝛc.
Summa, wie es ein jeder in ſeiner Verdorbenheit mag getrieben ha-
ben, das wird ihme hier keines wegs verſchwiegen; GOttes heiliger
Geiſt ſchmeichelt niemand, da verwelckets wie ein Blum, deren
Blaͤtter abgewehet worden.
§. 2. Hier ſtehet der Menſch am Rand der Hoͤllen, und haltet
ſich vor den Allergottloſeſten, glaubt auch, alle Menſchen koͤnnen
leichter zu Gnaden kommen, als er, ſiehet ſich als in einem tieffen
Abgrund
Neu und
Veꝛzagen,
(c 2)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/75>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.