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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
nacht a: Nachwerts erkannten sie, daß es seine Güte, Gedult und
Langmuth gewesen, (dann sein Will ist nicht, daß jemand verlohren
gehe, sondern daß sich jedermann zur Bekehrung begebe) ob sie noch
möchten in sich gehen und mercken, daß sie keine Gefässe mit Oehl
bey sich haben; solche zu erwerben, gönnete er ihnen so lange Zeit.
Darum ist viel mehr zu besorgen, er komme zu frühe als zu spät; ein-
mahl kommen wird er gewiß; GOTT nimmet nimmer wieder zu-
rück was er versprochen. Hat er sein Wort gehalten, da er verheis-
sen zu kommen, elend und niedrig zu seyn, von der Sünd am Creutz
umgebracht zu werden b; so wird er eben so gewiß sich lebendig in dei-
ner und meiner Seelen darstellen zum Gericht über den alten Adam;
Die in seinen tieffsten Niedrigkeiten erworbene Güter in seiner Erhö-
hung seinen Theur-Erkauffeten auszuspendiren c.

JESUS
Mensch-
heit ist der
nächste
Weg zur
Gottheit.

§. 5. V. Lernet hier, daß JEsus Menschheit der einige und näch-
ste Weg seye zur Gottheit. Das Kind muß mir zu erst gebohren
seyn, ehe mir der Sohn gegeben wird. Meine Bekanntschafft mit
GOTT muß bey dem Kind von Bethlehem ihren Anfang nehmen,
von JESU Christo dem einigen Menschen in Gnaden, der ein O-
pfer der Versöhnung, und ein Muster und lebendige Quelle der Hei-
ligung worden ist, als das vom Himmel gekommene Brodt, so der
Welt das Leben gibt, von welchem es heisset, esset, nehmet, kostet
und sehet daß Jehovah gut ist d; Wer Christi Fleisch is-
set, und sein Blut trincket, lernet aus innwendigem Gefühl GOTT
erkennen.

Wie dieses
zugehe.

§. 6. Wann GOTT der Vatter uns durch seinen Gnaden-Zug in
der Buß zu Christo gebracht hat e, so gehet Christus anfangs mit
der Heyls-begierigen zitternden Seel um wie ein holdseeliges Kind,
mit zart-hertzlichen, freundlichen Caressen oder Liebkosungen, und
hält denen noch Schwachen in den Schaalen der Evangelischen
Worten Milch und Honig vor f, ja streicht es ihnen gar sänfftiglich
ein; Es ist da eine gemeinsame Vertraulichkeit mit der heiligen
Menschheit des Gesalbeten. Das liebe Kindlein hat einen Schwamm
in der Hand, mit seinen Liebes-Thränen und mit seinem göttlichen
Liebes-Blut angefeuchtet, wormit es alle unnützen Traum- und Schat-

ten
a Matth. XXV.
b Hebr. IX. 28.
c Eph. IV. 8.
d Ps. XXXIV. 9.
e Joh. VI. 44.
f Heb. XII. 24.

Weyhnachts-Gedancken.
nacht a: Nachwerts erkannten ſie, daß es ſeine Guͤte, Gedult und
Langmuth geweſen, (dann ſein Will iſt nicht, daß jemand verlohren
gehe, ſondern daß ſich jedermann zur Bekehrung begebe) ob ſie noch
moͤchten in ſich gehen und mercken, daß ſie keine Gefaͤſſe mit Oehl
bey ſich haben; ſolche zu erwerben, goͤnnete er ihnen ſo lange Zeit.
Darum iſt viel mehr zu beſorgen, er komme zu fruͤhe als zu ſpaͤt; ein-
mahl kommen wird er gewiß; GOTT nimmet nimmer wieder zu-
ruͤck was er verſprochen. Hat er ſein Wort gehalten, da er verheiſ-
ſen zu kommen, elend und niedrig zu ſeyn, von der Suͤnd am Creutz
umgebracht zu werden b; ſo wird er eben ſo gewiß ſich lebendig in dei-
ner und meiner Seelen darſtellen zum Gericht uͤber den alten Adam;
Die in ſeinen tieffſten Niedrigkeiten erworbene Guͤter in ſeiner Erhoͤ-
hung ſeinen Theur-Erkauffeten auszuſpendiren c.

JESUS
Menſch-
heit iſt der
naͤchſte
Weg zur
Gottheit.

§. 5. V. Lernet hier, daß JEſus Menſchheit der einige und naͤch-
ſte Weg ſeye zur Gottheit. Das Kind muß mir zu erſt gebohren
ſeyn, ehe mir der Sohn gegeben wird. Meine Bekanntſchafft mit
GOTT muß bey dem Kind von Bethlehem ihren Anfang nehmen,
von JESU Chriſto dem einigen Menſchen in Gnaden, der ein O-
pfer der Verſoͤhnung, und ein Muſter und lebendige Quelle der Hei-
ligung worden iſt, als das vom Himmel gekommene Brodt, ſo der
Welt das Leben gibt, von welchem es heiſſet, eſſet, nehmet, koſtet
und ſehet daß Jehovah gut iſt d; Wer Chriſti Fleiſch iſ-
ſet, und ſein Blut trincket, lernet aus innwendigem Gefuͤhl GOTT
erkennen.

Wie dieſes
zugehe.

§. 6. Wann GOTT der Vatter uns durch ſeinen Gnaden-Zug in
der Buß zu Chriſto gebracht hat e, ſo gehet Chriſtus anfangs mit
der Heyls-begierigen zitternden Seel um wie ein holdſeeliges Kind,
mit zart-hertzlichen, freundlichen Careſſen oder Liebkoſungen, und
haͤlt denen noch Schwachen in den Schaalen der Evangeliſchen
Worten Milch und Honig vor f, ja ſtreicht es ihnen gar ſaͤnfftiglich
ein; Es iſt da eine gemeinſame Vertraulichkeit mit der heiligen
Menſchheit des Geſalbeten. Das liebe Kindlein hat einen Schwamm
in der Hand, mit ſeinen Liebes-Thraͤnen und mit ſeinem goͤttlichen
Liebes-Blut angefeuchtet, wormit es alle unnuͤtzen Traum- und Schat-

ten
a Matth. XXV.
b Hebr. IX. 28.
c Eph. IV. 8.
d Pſ. XXXIV. 9.
e Joh. VI. 44.
f Heb. XII. 24.
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[618/0714] Weyhnachts-Gedancken. nacht a: Nachwerts erkannten ſie, daß es ſeine Guͤte, Gedult und Langmuth geweſen, (dann ſein Will iſt nicht, daß jemand verlohren gehe, ſondern daß ſich jedermann zur Bekehrung begebe) ob ſie noch moͤchten in ſich gehen und mercken, daß ſie keine Gefaͤſſe mit Oehl bey ſich haben; ſolche zu erwerben, goͤnnete er ihnen ſo lange Zeit. Darum iſt viel mehr zu beſorgen, er komme zu fruͤhe als zu ſpaͤt; ein- mahl kommen wird er gewiß; GOTT nimmet nimmer wieder zu- ruͤck was er verſprochen. Hat er ſein Wort gehalten, da er verheiſ- ſen zu kommen, elend und niedrig zu ſeyn, von der Suͤnd am Creutz umgebracht zu werden b; ſo wird er eben ſo gewiß ſich lebendig in dei- ner und meiner Seelen darſtellen zum Gericht uͤber den alten Adam; Die in ſeinen tieffſten Niedrigkeiten erworbene Guͤter in ſeiner Erhoͤ- hung ſeinen Theur-Erkauffeten auszuſpendiren c. §. 5. V. Lernet hier, daß JEſus Menſchheit der einige und naͤch- ſte Weg ſeye zur Gottheit. Das Kind muß mir zu erſt gebohren ſeyn, ehe mir der Sohn gegeben wird. Meine Bekanntſchafft mit GOTT muß bey dem Kind von Bethlehem ihren Anfang nehmen, von JESU Chriſto dem einigen Menſchen in Gnaden, der ein O- pfer der Verſoͤhnung, und ein Muſter und lebendige Quelle der Hei- ligung worden iſt, als das vom Himmel gekommene Brodt, ſo der Welt das Leben gibt, von welchem es heiſſet, eſſet, nehmet, koſtet und ſehet daß Jehovah gut iſt d; Wer Chriſti Fleiſch iſ- ſet, und ſein Blut trincket, lernet aus innwendigem Gefuͤhl GOTT erkennen. §. 6. Wann GOTT der Vatter uns durch ſeinen Gnaden-Zug in der Buß zu Chriſto gebracht hat e, ſo gehet Chriſtus anfangs mit der Heyls-begierigen zitternden Seel um wie ein holdſeeliges Kind, mit zart-hertzlichen, freundlichen Careſſen oder Liebkoſungen, und haͤlt denen noch Schwachen in den Schaalen der Evangeliſchen Worten Milch und Honig vor f, ja ſtreicht es ihnen gar ſaͤnfftiglich ein; Es iſt da eine gemeinſame Vertraulichkeit mit der heiligen Menſchheit des Geſalbeten. Das liebe Kindlein hat einen Schwamm in der Hand, mit ſeinen Liebes-Thraͤnen und mit ſeinem goͤttlichen Liebes-Blut angefeuchtet, wormit es alle unnuͤtzen Traum- und Schat- ten a Matth. XXV. b Hebr. IX. 28. c Eph. IV. 8. d Pſ. XXXIV. 9. e Joh. VI. 44. f Heb. XII. 24.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/714>, abgerufen am 23.11.2024.