Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Weyhnachts-Gedancken.

§. 2. Die Ursach nun warum GOttes Sohn ins Fleisch kommen,um uns
aus dem
Elend da-
rinnen
wir ge-
stecket
seynd zu
erlösen.

ist unser Elend, und Noth der Sünden. Uns sagt Jesajas, nicht
ihm selbst, nicht den Englen, sondern Uns; und eben die Sprach
führet der Engel: Euch a ist gebohren der Gesalbete, der souveraine
oder höchstgebietende Monarch über alles im Himmel und auf Er-
den. Unser Jämmer hat den GOtt der Liebe in unser Fleisch und
Blut hinein gezogen: Wären wir nicht gefallen, so wäre die ewige
Brunst und Gluth der erbarmenden Liebe der GOttheit nie also
ausgebrochen in so viel Thränen, Blut, Müh und Schmertzen.
O felix culpa, quae tantum nobis meruisti redemtorem!

Adams Fall ist jämmerlich:
Doch wie hat so seeliglich
GOTT es können wenden!
Adams Tod und Hertzenleyd
Brachte JESUM in die Zeit:
JESUS ist das Ende.
Stuhnde Adam noch im Licht,
Wüßten wir von JESU nichts.
Hin ist das Elende!

GOtt hätte uns ja wohl in unserem Pfuhl können zapplen lassen ohne
Hilff, ohne Heyland, und ihm selbst die lieblichsten, heiligsten,
herrlichsten Geschöpffe hervor bringen: Weil er aber uns Sünder
und Rebellen in seinem Reich haben, und zu seinem allerseeligsten
Anschauen und Genuß seiner Herrlichkeit einführen wollte, so muß-
te diese unendliche Person an unsere Stelle tretten, sich in unsere
Person einkleiden, einverleiben, und als unser einer auf ewig erschei-
nen, nicht nur vor eine kleine Zeit in Menschen-Gestalt sich sehen
lassen, als wie den Propheten und alten Gläubigen, sondern es
müßte von seiner Geburt an kein Augenblick mehr seyn, in alle Ewig-
keiten, daß wir nicht sagen können: GOtt erscheinet nicht nur,
sondern ist es in der That, ein Mensch, und ein Mensch ist GOtt;
GOtt ist mein allergetreuster Bruder, und der, so es eintzig gut
und brüderlich mit mir meynt, der ist GOtt, hochgelobt in Ewig-
keit, Amen.

§. 3. Und
a Luc. II. 11.
F f f f 3
Weyhnachts-Gedancken.

§. 2. Die Urſach nun warum GOttes Sohn ins Fleiſch kommen,um uns
aus dem
Elend da-
rinnen
wir ge-
ſtecket
ſeynd zu
erloͤſen.

iſt unſer Elend, und Noth der Suͤnden. Uns ſagt Jeſajas, nicht
ihm ſelbſt, nicht den Englen, ſondern Uns; und eben die Sprach
fuͤhret der Engel: Euch a iſt gebohren der Geſalbete, der ſouveraine
oder hoͤchſtgebietende Monarch uͤber alles im Himmel und auf Er-
den. Unſer Jaͤmmer hat den GOtt der Liebe in unſer Fleiſch und
Blut hinein gezogen: Waͤren wir nicht gefallen, ſo waͤre die ewige
Brunſt und Gluth der erbarmenden Liebe der GOttheit nie alſo
ausgebrochen in ſo viel Thraͤnen, Blut, Muͤh und Schmertzen.
O felix culpa, quæ tantum nobis meruiſti redemtorem!

Adams Fall iſt jaͤmmerlich:
Doch wie hat ſo ſeeliglich
GOTT es koͤnnen wenden!
Adams Tod und Hertzenleyd
Brachte JESUM in die Zeit:
JESUS iſt das Ende.
Stuhnde Adam noch im Licht,
Wuͤßten wir von JESU nichts.
Hin iſt das Elende!

GOtt haͤtte uns ja wohl in unſerem Pfuhl koͤnnen zapplen laſſen ohne
Hilff, ohne Heyland, und ihm ſelbſt die lieblichſten, heiligſten,
herrlichſten Geſchoͤpffe hervor bringen: Weil er aber uns Suͤnder
und Rebellen in ſeinem Reich haben, und zu ſeinem allerſeeligſten
Anſchauen und Genuß ſeiner Herrlichkeit einfuͤhren wollte, ſo muß-
te dieſe unendliche Perſon an unſere Stelle tretten, ſich in unſere
Perſon einkleiden, einverleiben, und als unſer einer auf ewig erſchei-
nen, nicht nur vor eine kleine Zeit in Menſchen-Geſtalt ſich ſehen
laſſen, als wie den Propheten und alten Glaͤubigen, ſondern es
muͤßte von ſeiner Geburt an kein Augenblick mehr ſeyn, in alle Ewig-
keiten, daß wir nicht ſagen koͤnnen: GOtt erſcheinet nicht nur,
ſondern iſt es in der That, ein Menſch, und ein Menſch iſt GOtt;
GOtt iſt mein allergetreuſter Bruder, und der, ſo es eintzig gut
und bruͤderlich mit mir meynt, der iſt GOtt, hochgelobt in Ewig-
keit, Amen.

§. 3. Und
a Luc. II. 11.
F f f f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0693" n="597"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Weyhnachts-Gedancken.</hi> </fw><lb/>
          <p>§. 2. Die Ur&#x017F;ach nun warum GOttes Sohn ins Flei&#x017F;ch kommen,<note place="right">um uns<lb/>
aus dem<lb/>
Elend da-<lb/>
rinnen<lb/>
wir ge-<lb/>
&#x017F;tecket<lb/>
&#x017F;eynd zu<lb/>
erlo&#x0364;&#x017F;en.</note><lb/>
i&#x017F;t un&#x017F;er Elend, und Noth der Su&#x0364;nden. <hi rendition="#fr">Uns</hi> &#x017F;agt Je&#x017F;ajas, nicht<lb/>
ihm &#x017F;elb&#x017F;t, nicht den Englen, &#x017F;ondern <hi rendition="#fr">Uns;</hi> und eben die Sprach<lb/>
fu&#x0364;hret der Engel: <hi rendition="#fr">Euch</hi> <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Luc. II.</hi> 11.</note> i&#x017F;t gebohren der Ge&#x017F;albete, der &#x017F;ouveraine<lb/>
oder ho&#x0364;ch&#x017F;tgebietende Monarch u&#x0364;ber alles im Himmel und auf Er-<lb/>
den. Un&#x017F;er Ja&#x0364;mmer hat den GOtt der Liebe in un&#x017F;er Flei&#x017F;ch und<lb/>
Blut hinein gezogen: Wa&#x0364;ren wir nicht gefallen, &#x017F;o wa&#x0364;re die ewige<lb/>
Brun&#x017F;t und Gluth der erbarmenden Liebe der GOttheit nie al&#x017F;o<lb/>
ausgebrochen in &#x017F;o viel Thra&#x0364;nen, Blut, Mu&#x0364;h und Schmertzen.<lb/><hi rendition="#aq">O felix culpa, quæ tantum nobis merui&#x017F;ti redemtorem!</hi></p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Adams Fall i&#x017F;t ja&#x0364;mmerlich:</l><lb/>
            <l>Doch wie hat &#x017F;o &#x017F;eeliglich</l><lb/>
            <l>GOTT es ko&#x0364;nnen wenden!</l><lb/>
            <l>Adams Tod und Hertzenleyd</l><lb/>
            <l>Brachte JESUM in die Zeit:</l><lb/>
            <l>JESUS i&#x017F;t das Ende.</l><lb/>
            <l>Stuhnde Adam noch im Licht,</l><lb/>
            <l>Wu&#x0364;ßten wir von JESU nichts.</l><lb/>
            <l>Hin i&#x017F;t das Elende!</l>
          </lg><lb/>
          <p>GOtt ha&#x0364;tte uns ja wohl in un&#x017F;erem Pfuhl ko&#x0364;nnen zapplen la&#x017F;&#x017F;en ohne<lb/>
Hilff, ohne Heyland, und ihm &#x017F;elb&#x017F;t die lieblich&#x017F;ten, heilig&#x017F;ten,<lb/>
herrlich&#x017F;ten Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe hervor bringen: Weil er aber uns Su&#x0364;nder<lb/>
und Rebellen in &#x017F;einem Reich haben, und zu &#x017F;einem aller&#x017F;eelig&#x017F;ten<lb/>
An&#x017F;chauen und Genuß &#x017F;einer Herrlichkeit einfu&#x0364;hren wollte, &#x017F;o muß-<lb/>
te die&#x017F;e unendliche Per&#x017F;on an un&#x017F;ere Stelle tretten, &#x017F;ich in un&#x017F;ere<lb/>
Per&#x017F;on einkleiden, einverleiben, und als un&#x017F;er einer auf ewig er&#x017F;chei-<lb/>
nen, nicht nur vor eine kleine Zeit in Men&#x017F;chen-Ge&#x017F;talt &#x017F;ich &#x017F;ehen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, als wie den Propheten und alten Gla&#x0364;ubigen, &#x017F;ondern es<lb/>
mu&#x0364;ßte von &#x017F;einer Geburt an kein Augenblick mehr &#x017F;eyn, in alle Ewig-<lb/>
keiten, daß wir nicht &#x017F;agen ko&#x0364;nnen: GOtt er&#x017F;cheinet nicht nur,<lb/>
&#x017F;ondern i&#x017F;t es in der That, ein Men&#x017F;ch, und ein Men&#x017F;ch i&#x017F;t GOtt;<lb/>
GOtt i&#x017F;t mein allergetreu&#x017F;ter Bruder, und der, &#x017F;o es eintzig gut<lb/>
und bru&#x0364;derlich mit mir meynt, der i&#x017F;t GOtt, hochgelobt in Ewig-<lb/>
keit, Amen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F f f f 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">§.</hi> 3. Und</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[597/0693] Weyhnachts-Gedancken. §. 2. Die Urſach nun warum GOttes Sohn ins Fleiſch kommen, iſt unſer Elend, und Noth der Suͤnden. Uns ſagt Jeſajas, nicht ihm ſelbſt, nicht den Englen, ſondern Uns; und eben die Sprach fuͤhret der Engel: Euch a iſt gebohren der Geſalbete, der ſouveraine oder hoͤchſtgebietende Monarch uͤber alles im Himmel und auf Er- den. Unſer Jaͤmmer hat den GOtt der Liebe in unſer Fleiſch und Blut hinein gezogen: Waͤren wir nicht gefallen, ſo waͤre die ewige Brunſt und Gluth der erbarmenden Liebe der GOttheit nie alſo ausgebrochen in ſo viel Thraͤnen, Blut, Muͤh und Schmertzen. O felix culpa, quæ tantum nobis meruiſti redemtorem! um uns aus dem Elend da- rinnen wir ge- ſtecket ſeynd zu erloͤſen. Adams Fall iſt jaͤmmerlich: Doch wie hat ſo ſeeliglich GOTT es koͤnnen wenden! Adams Tod und Hertzenleyd Brachte JESUM in die Zeit: JESUS iſt das Ende. Stuhnde Adam noch im Licht, Wuͤßten wir von JESU nichts. Hin iſt das Elende! GOtt haͤtte uns ja wohl in unſerem Pfuhl koͤnnen zapplen laſſen ohne Hilff, ohne Heyland, und ihm ſelbſt die lieblichſten, heiligſten, herrlichſten Geſchoͤpffe hervor bringen: Weil er aber uns Suͤnder und Rebellen in ſeinem Reich haben, und zu ſeinem allerſeeligſten Anſchauen und Genuß ſeiner Herrlichkeit einfuͤhren wollte, ſo muß- te dieſe unendliche Perſon an unſere Stelle tretten, ſich in unſere Perſon einkleiden, einverleiben, und als unſer einer auf ewig erſchei- nen, nicht nur vor eine kleine Zeit in Menſchen-Geſtalt ſich ſehen laſſen, als wie den Propheten und alten Glaͤubigen, ſondern es muͤßte von ſeiner Geburt an kein Augenblick mehr ſeyn, in alle Ewig- keiten, daß wir nicht ſagen koͤnnen: GOtt erſcheinet nicht nur, ſondern iſt es in der That, ein Menſch, und ein Menſch iſt GOtt; GOtt iſt mein allergetreuſter Bruder, und der, ſo es eintzig gut und bruͤderlich mit mir meynt, der iſt GOtt, hochgelobt in Ewig- keit, Amen. §. 3. Und a Luc. II. 11. F f f f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/693
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/693>, abgerufen am 13.06.2024.