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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Wer das
End aller
Dingen
glaubt,
richtet sich
darnach
ein.

§. 8. Du giebst für, du wissest gar wohl, daß alles sichtbare ein
End haben werde, und haltest darfür, dasselbe allen Heyden er-
schröckliche, allen Christen aber Hertz-erfreuliche End seye nahe kom-
men; Allein warum schwärmest du, phantasierest du dann so auf Er-
den herum, als wann die Ewigkeit ein Augenblick, und die Zeit ewig
währen sollte? Darffst du sagen, daß du dein Sach darnach anstel-
lest, daß du ein unbeweglichen Grund habest aufs künfftige Ewige,
damit es dir ja nicht fehle, wann alles im Feur vergehet? Jst es
deine meiste Sorg und Arbeit, daß du der Seeligkeit versicheret
seyest, und das unbetrüglich? Wo nicht, so bist du ein Christ mit
dem Maul, und ein Heyd mit dem Hertzen und Leben.

Abgötte-
rey und
Gottlosig-
keit der
heutigen
Christen.

§. 9. Sagst du, ich glaube an einen ewigen allmächtigen GOTT,
und habe einen rechten Greuel ab den Götzen, wie es einem Chri-
sten gebührt; So höre mein lieber Mensch, die H. Schrifft, de-
ren du dich berühmest, sagt dir; was du liebest, woran du mit dei-
nem Hertzen am meisten denckest, wornach du tichtest und trachtest,
an dessen Besitzung du dich belustigest, worvon du am liebsten redest,
worauf du bauest und trauest etc. das sey dein Schatz und GOTT,
wie viel tausend Abgötter wirst du hiemit bey dir finden; siehe doch
nur ein wenig deine Gedancken und Begierden an, wornach sie lauf-
sen; ists nicht Geld, Ehr, Lust, Patronen, Güter, Freund, Häu-
ser, Aecker, Gesellschafften? will nicht sagen, daß so manches La-
ster du noch hegest, so manchem Teufel dienest du noch! ja bist du
nicht ärger als die Heyden, jene dieneten ihren falschen bösen Götte-
ren mit grossem Eifer, rühmeten dieselbe gegen andere, folgeten ih-
rem Rath gar genau und fleißig etc. Du aber was thust du? Du
dienest dem wahren lebendigen GOtt nicht, wie ers haben will, über-
gibst dich ihm nicht, trauest ihm nicht, rühmest ihne nicht, ja du
schämest dich, nur von ihme zu seinem Ruhm und Verherrlichung
in Gesellschafften zu reden, damit du ja nicht für bigot. singulier,
gleißnerisch und für lächerlich gehalten werdest; O GOtt! wie ach-
tet man deiner Güter, Glorie, Gaben und Verheissungen so gar
wenig; wie viel Ausred und Entschuldigungen findet man nicht, sich
von dem Gehorsam deiner H. Gebotten loß zu machen und auszu-
träyen! Wie bist du grosser GOTT Zebaoth so wenig ästimirt und
respectiert, geschätzet und geehret! wie ist doch deine Liebes-Gemein-
schafft der Welt so eckel und bitter! und dein Himmelreich so gar

verschmä-
Wer das
End aller
Dingen
glaubt,
richtet ſich
darnach
ein.

§. 8. Du giebſt fuͤr, du wiſſeſt gar wohl, daß alles ſichtbare ein
End haben werde, und halteſt darfuͤr, daſſelbe allen Heyden er-
ſchroͤckliche, allen Chriſten aber Hertz-erfreuliche End ſeye nahe kom-
men; Allein warum ſchwaͤrmeſt du, phantaſiereſt du dann ſo auf Er-
den herum, als wann die Ewigkeit ein Augenblick, und die Zeit ewig
waͤhren ſollte? Darffſt du ſagen, daß du dein Sach darnach anſtel-
leſt, daß du ein unbeweglichen Grund habeſt aufs kuͤnfftige Ewige,
damit es dir ja nicht fehle, wann alles im Feur vergehet? Jſt es
deine meiſte Sorg und Arbeit, daß du der Seeligkeit verſicheret
ſeyeſt, und das unbetruͤglich? Wo nicht, ſo biſt du ein Chriſt mit
dem Maul, und ein Heyd mit dem Hertzen und Leben.

Abgoͤtte-
rey und
Gottloſig-
keit der
heutigen
Chriſten.

§. 9. Sagſt du, ich glaube an einen ewigen allmaͤchtigen GOTT,
und habe einen rechten Greuel ab den Goͤtzen, wie es einem Chri-
ſten gebuͤhrt; So hoͤre mein lieber Menſch, die H. Schrifft, de-
ren du dich beruͤhmeſt, ſagt dir; was du liebeſt, woran du mit dei-
nem Hertzen am meiſten denckeſt, wornach du tichteſt und trachteſt,
an deſſen Beſitzung du dich beluſtigeſt, worvon du am liebſten redeſt,
worauf du baueſt und traueſt ꝛc. das ſey dein Schatz und GOTT,
wie viel tauſend Abgoͤtter wirſt du hiemit bey dir finden; ſiehe doch
nur ein wenig deine Gedancken und Begierden an, wornach ſie lauf-
ſen; iſts nicht Geld, Ehr, Luſt, Patronen, Guͤter, Freund, Haͤu-
ſer, Aecker, Geſellſchafften? will nicht ſagen, daß ſo manches La-
ſter du noch hegeſt, ſo manchem Teufel dieneſt du noch! ja biſt du
nicht aͤrger als die Heyden, jene dieneten ihren falſchen boͤſen Goͤtte-
ren mit groſſem Eifer, ruͤhmeten dieſelbe gegen andere, folgeten ih-
rem Rath gar genau und fleißig ꝛc. Du aber was thuſt du? Du
dieneſt dem wahren lebendigen GOtt nicht, wie ers haben will, uͤber-
gibſt dich ihm nicht, traueſt ihm nicht, ruͤhmeſt ihne nicht, ja du
ſchaͤmeſt dich, nur von ihme zu ſeinem Ruhm und Verherrlichung
in Geſellſchafften zu reden, damit du ja nicht fuͤr bigot. ſingulier,
gleißneriſch und fuͤr laͤcherlich gehalten werdeſt; O GOtt! wie ach-
tet man deiner Guͤter, Glorie, Gaben und Verheiſſungen ſo gar
wenig; wie viel Ausred und Entſchuldigungen findet man nicht, ſich
von dem Gehorſam deiner H. Gebotten loß zu machen und auszu-
traͤyen! Wie biſt du groſſer GOTT Zebaoth ſo wenig aͤſtimirt und
reſpectiert, geſchaͤtzet und geehret! wie iſt doch deine Liebes-Gemein-
ſchafft der Welt ſo eckel und bitter! und dein Himmelreich ſo gar

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[8/0064] §. 8. Du giebſt fuͤr, du wiſſeſt gar wohl, daß alles ſichtbare ein End haben werde, und halteſt darfuͤr, daſſelbe allen Heyden er- ſchroͤckliche, allen Chriſten aber Hertz-erfreuliche End ſeye nahe kom- men; Allein warum ſchwaͤrmeſt du, phantaſiereſt du dann ſo auf Er- den herum, als wann die Ewigkeit ein Augenblick, und die Zeit ewig waͤhren ſollte? Darffſt du ſagen, daß du dein Sach darnach anſtel- leſt, daß du ein unbeweglichen Grund habeſt aufs kuͤnfftige Ewige, damit es dir ja nicht fehle, wann alles im Feur vergehet? Jſt es deine meiſte Sorg und Arbeit, daß du der Seeligkeit verſicheret ſeyeſt, und das unbetruͤglich? Wo nicht, ſo biſt du ein Chriſt mit dem Maul, und ein Heyd mit dem Hertzen und Leben. §. 9. Sagſt du, ich glaube an einen ewigen allmaͤchtigen GOTT, und habe einen rechten Greuel ab den Goͤtzen, wie es einem Chri- ſten gebuͤhrt; So hoͤre mein lieber Menſch, die H. Schrifft, de- ren du dich beruͤhmeſt, ſagt dir; was du liebeſt, woran du mit dei- nem Hertzen am meiſten denckeſt, wornach du tichteſt und trachteſt, an deſſen Beſitzung du dich beluſtigeſt, worvon du am liebſten redeſt, worauf du baueſt und traueſt ꝛc. das ſey dein Schatz und GOTT, wie viel tauſend Abgoͤtter wirſt du hiemit bey dir finden; ſiehe doch nur ein wenig deine Gedancken und Begierden an, wornach ſie lauf- ſen; iſts nicht Geld, Ehr, Luſt, Patronen, Guͤter, Freund, Haͤu- ſer, Aecker, Geſellſchafften? will nicht ſagen, daß ſo manches La- ſter du noch hegeſt, ſo manchem Teufel dieneſt du noch! ja biſt du nicht aͤrger als die Heyden, jene dieneten ihren falſchen boͤſen Goͤtte- ren mit groſſem Eifer, ruͤhmeten dieſelbe gegen andere, folgeten ih- rem Rath gar genau und fleißig ꝛc. Du aber was thuſt du? Du dieneſt dem wahren lebendigen GOtt nicht, wie ers haben will, uͤber- gibſt dich ihm nicht, traueſt ihm nicht, ruͤhmeſt ihne nicht, ja du ſchaͤmeſt dich, nur von ihme zu ſeinem Ruhm und Verherrlichung in Geſellſchafften zu reden, damit du ja nicht fuͤr bigot. ſingulier, gleißneriſch und fuͤr laͤcherlich gehalten werdeſt; O GOtt! wie ach- tet man deiner Guͤter, Glorie, Gaben und Verheiſſungen ſo gar wenig; wie viel Ausred und Entſchuldigungen findet man nicht, ſich von dem Gehorſam deiner H. Gebotten loß zu machen und auszu- traͤyen! Wie biſt du groſſer GOTT Zebaoth ſo wenig aͤſtimirt und reſpectiert, geſchaͤtzet und geehret! wie iſt doch deine Liebes-Gemein- ſchafft der Welt ſo eckel und bitter! und dein Himmelreich ſo gar verſchmaͤ-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/64>, abgerufen am 24.11.2024.