Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang.
mit äusserster Schwermuth angefüllte, und zum Schlaff sich neigen-
de Cörper, der euern willigen Geist stets unterzeucht und unterdruckt,
also daß ihr überwunden werdet; dencket aber nicht etwann, ich
werde euch darum wegwerffen; nein! sondern wann ich werde aufge-
fahren seyn zum Vatter, will ich dem neuen Willen und Geist in euch
zu Hülff kommen mit so reichem Ausguß des H. Geistes, daß ihr in
allen Versuchungen an denen Machten der Finsternuß weit überwin-
den sollt durch mich, der ich euch geliebet habe, liebe und lieben wer-
de in Ewigkeit.

§. 4. (3.) Die gewohnte Redens-Art H. Schrifft, in welcher dasaus der
Bedeu-
tung die-
ses Worts
wann es
einzelen

Wort Geist zu öffteren malen also eintzelen gesetzt, nicht anderst ge-
braucht wird, als den Satan zu bedeuten, insonderheit wo sie etwas
vorher meldet, daraus Sonnen-klar erhellet, daß in solcher Schrifft-
Stelle von demselbigen die Rede seye, als zu sehen Matth. VIII. 16.
Marc. IX. 20. Luc. IX. 39. Act. XVI. 18. Ephes. II. 2.

§. 5. (4.) Ja, wo das Wort Geist dem Wörtlein Fleisch entge-sowohl
als wann
es dem
Fleisch
entgegen
gesetzt
stehet.

gen gesetzt wird, bedeutet dieses die Neigung zum Bösen und jenes
die vom H. Geist erweckte Neigung zum Guten; in welchem Ver-
stand die Juden [fremdsprachliches Material - fehlt] und [fremdsprachliches Material - fehlt] gegen einander setzen, wormit sonsten
[fremdsprachliches Material - fehlt] übereinkommt. Auch pflegen die alten Griechen und Rö-
mer den Eifer zu was tugendhafftes und rühmliches dem Geist, die
Trägheit aber zum Guten, dem Leib zuzuschreiben. Nebst diesem
statuiren die allermeisten Bramanen, daß ein jeder Mensch zwo See-
len habe, eine gute und eine böse, und das wollte einsmahl ein wahl-
fahrender Gelehrter folgender massen beweisen: Wann ich, sagte er,
in der Einsamkeit bin und bette, so wollte ich gern alle Sinnen zu-
sammen ziehen, und mit meinem Hertzen einig und allein auf GOtt
gerichtet seyn; und das ist die gute Seel in mir, welche stäts nach
GOTT seuffzet. Hierneben aber empfinde ich auch grosse Abhaltung
vom Gebett, so daß mir bald dieses, bald jenes sündliche einfallt,
und das ist die böse Seel, die da allezeit lauter Unruhe und böse Be-
gierde im Gemüth verursachet.

§. 6. (5.) Den stärcksten Grund geben ihnen die im Grund-TextAus dem
griechi-
schen
Wörtlein
m[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]n. de

stehende Wörtlein men, de. an die Hand; dann wo der Heyland diß:
der Geist ist willig/ aber das Fleisch ist schwach; hätte anführen
wollen als eine Ursach zu wachen und zu betten; hätte er nothwen-
dig das Wörtlein gar gebraucht; es zeigt also das men deutlich an,

daß

Anhang.
mit aͤuſſerſter Schwermuth angefuͤllte, und zum Schlaff ſich neigen-
de Coͤrper, der euern willigen Geiſt ſtets unterzeucht und unterdruckt,
alſo daß ihr uͤberwunden werdet; dencket aber nicht etwann, ich
werde euch darum wegwerffen; nein! ſondern wann ich werde aufge-
fahren ſeyn zum Vatter, will ich dem neuen Willen und Geiſt in euch
zu Huͤlff kommen mit ſo reichem Ausguß des H. Geiſtes, daß ihr in
allen Verſuchungen an denen Machten der Finſternuß weit uͤberwin-
den ſollt durch mich, der ich euch geliebet habe, liebe und lieben wer-
de in Ewigkeit.

§. 4. (3.) Die gewohnte Redens-Art H. Schrifft, in welcher dasaus der
Bedeu-
tung die-
ſes Worts
wann es
einzelen

Wort Geiſt zu oͤffteren malen alſo eintzelen geſetzt, nicht anderſt ge-
braucht wird, als den Satan zu bedeuten, inſonderheit wo ſie etwas
vorher meldet, daraus Sonnen-klar erhellet, daß in ſolcher Schrifft-
Stelle von demſelbigen die Rede ſeye, als zu ſehen Matth. VIII. 16.
Marc. IX. 20. Luc. IX. 39. Act. XVI. 18. Epheſ. II. 2.

§. 5. (4.) Ja, wo das Wort Geiſt dem Woͤrtlein Fleiſch entge-ſowohl
als wann
es dem
Fleiſch
entgegen
geſetzt
ſtehet.

gen geſetzt wird, bedeutet dieſes die Neigung zum Boͤſen und jenes
die vom H. Geiſt erweckte Neigung zum Guten; in welchem Ver-
ſtand die Juden [fremdsprachliches Material – fehlt] und [fremdsprachliches Material – fehlt] gegen einander ſetzen, wormit ſonſten
[fremdsprachliches Material – fehlt] uͤbereinkommt. Auch pflegen die alten Griechen und Roͤ-
mer den Eifer zu was tugendhafftes und ruͤhmliches dem Geiſt, die
Traͤgheit aber zum Guten, dem Leib zuzuſchreiben. Nebſt dieſem
ſtatuiren die allermeiſten Bramanen, daß ein jeder Menſch zwo See-
len habe, eine gute und eine boͤſe, und das wollte einsmahl ein wahl-
fahrender Gelehrter folgender maſſen beweiſen: Wann ich, ſagte er,
in der Einſamkeit bin und bette, ſo wollte ich gern alle Sinnen zu-
ſammen ziehen, und mit meinem Hertzen einig und allein auf GOtt
gerichtet ſeyn; und das iſt die gute Seel in mir, welche ſtaͤts nach
GOTT ſeuffzet. Hierneben aber empfinde ich auch groſſe Abhaltung
vom Gebett, ſo daß mir bald dieſes, bald jenes ſuͤndliche einfallt,
und das iſt die boͤſe Seel, die da allezeit lauter Unruhe und boͤſe Be-
gierde im Gemuͤth verurſachet.

§. 6. (5.) Den ſtaͤrckſten Grund geben ihnen die im Grund-TextAus dem
griechi-
ſchen
Woͤrtlein
μ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ν. δε

ſtehende Woͤrtlein μἐν, δε. an die Hand; dann wo der Heyland diß:
der Geiſt iſt willig/ aber das Fleiſch iſt ſchwach; haͤtte anfuͤhren
wollen als eine Urſach zu wachen und zu betten; haͤtte er nothwen-
dig das Woͤrtlein γἀρ gebraucht; es zeigt alſo das μἐν deutlich an,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0575" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang.</hi></fw><lb/>
mit a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ter Schwermuth angefu&#x0364;llte, und zum Schlaff &#x017F;ich neigen-<lb/>
de Co&#x0364;rper, der euern willigen Gei&#x017F;t &#x017F;tets unterzeucht und unterdruckt,<lb/>
al&#x017F;o daß ihr u&#x0364;berwunden werdet; dencket aber nicht etwann, ich<lb/>
werde euch darum wegwerffen; nein! &#x017F;ondern wann ich werde aufge-<lb/>
fahren &#x017F;eyn zum Vatter, will ich dem neuen Willen und Gei&#x017F;t in euch<lb/>
zu Hu&#x0364;lff kommen mit &#x017F;o reichem Ausguß des H. Gei&#x017F;tes, daß ihr in<lb/>
allen Ver&#x017F;uchungen an denen Machten der Fin&#x017F;ternuß weit u&#x0364;berwin-<lb/>
den &#x017F;ollt durch mich, der ich euch geliebet habe, liebe und lieben wer-<lb/>
de in Ewigkeit.</p><lb/>
          <p>§. 4. (3.) Die gewohnte Redens-Art H. Schrifft, in welcher das<note place="right">aus der<lb/>
Bedeu-<lb/>
tung die-<lb/>
&#x017F;es Worts<lb/>
wann es<lb/>
einzelen</note><lb/>
Wort Gei&#x017F;t zu o&#x0364;ffteren malen al&#x017F;o eintzelen ge&#x017F;etzt, nicht ander&#x017F;t ge-<lb/>
braucht wird, als den Satan zu bedeuten, in&#x017F;onderheit wo &#x017F;ie etwas<lb/>
vorher meldet, daraus Sonnen-klar erhellet, daß in &#x017F;olcher Schrifft-<lb/>
Stelle von dem&#x017F;elbigen die Rede &#x017F;eye, als zu &#x017F;ehen Matth. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> 16.<lb/>
Marc. <hi rendition="#aq">IX.</hi> 20. Luc. <hi rendition="#aq">IX.</hi> 39. Act. <hi rendition="#aq">XVI.</hi> 18. Ephe&#x017F;. <hi rendition="#aq">II.</hi> 2.</p><lb/>
          <p>§. 5. (4.) Ja, wo das Wort Gei&#x017F;t dem Wo&#x0364;rtlein Flei&#x017F;ch entge-<note place="right">&#x017F;owohl<lb/>
als wann<lb/>
es dem<lb/>
Flei&#x017F;ch<lb/>
entgegen<lb/>
ge&#x017F;etzt<lb/>
&#x017F;tehet.</note><lb/>
gen ge&#x017F;etzt wird, bedeutet die&#x017F;es die Neigung zum Bo&#x0364;&#x017F;en und jenes<lb/>
die vom H. Gei&#x017F;t erweckte Neigung zum Guten; in welchem Ver-<lb/>
&#x017F;tand die Juden <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> und <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> gegen einander &#x017F;etzen, wormit &#x017F;on&#x017F;ten<lb/><foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> u&#x0364;bereinkommt. Auch pflegen die alten Griechen und Ro&#x0364;-<lb/>
mer den Eifer zu was tugendhafftes und ru&#x0364;hmliches dem Gei&#x017F;t, die<lb/>
Tra&#x0364;gheit aber zum Guten, dem Leib zuzu&#x017F;chreiben. Neb&#x017F;t die&#x017F;em<lb/>
&#x017F;tatuiren die allermei&#x017F;ten Bramanen, daß ein jeder Men&#x017F;ch zwo See-<lb/>
len habe, eine gute und eine bo&#x0364;&#x017F;e, und das wollte einsmahl ein wahl-<lb/>
fahrender Gelehrter folgender ma&#x017F;&#x017F;en bewei&#x017F;en: Wann ich, &#x017F;agte er,<lb/>
in der Ein&#x017F;amkeit bin und bette, &#x017F;o wollte ich gern alle Sinnen zu-<lb/>
&#x017F;ammen ziehen, und mit meinem Hertzen einig und allein auf GOtt<lb/>
gerichtet &#x017F;eyn; und das i&#x017F;t die gute Seel in mir, welche &#x017F;ta&#x0364;ts nach<lb/>
GOTT &#x017F;euffzet. Hierneben aber empfinde ich auch gro&#x017F;&#x017F;e Abhaltung<lb/>
vom Gebett, &#x017F;o daß mir bald die&#x017F;es, bald jenes &#x017F;u&#x0364;ndliche einfallt,<lb/>
und das i&#x017F;t die bo&#x0364;&#x017F;e Seel, die da allezeit lauter Unruhe und bo&#x0364;&#x017F;e Be-<lb/>
gierde im Gemu&#x0364;th verur&#x017F;achet.</p><lb/>
          <p>§. 6. (5.) Den &#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;ten Grund geben ihnen die im Grund-Text<note place="right">Aus dem<lb/>
griechi-<lb/>
&#x017F;chen<lb/>
Wo&#x0364;rtlein<lb/>
&#x03BC;<foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="chars"/></foreign>&#x03BD;. &#x03B4;&#x03B5;</note><lb/>
&#x017F;tehende Wo&#x0364;rtlein &#x03BC;&#x1F10;&#x03BD;, &#x03B4;&#x03B5;. an die Hand; dann wo der Heyland diß:<lb/><hi rendition="#fr">der Gei&#x017F;t i&#x017F;t willig/ aber das Flei&#x017F;ch i&#x017F;t &#x017F;chwach;</hi> ha&#x0364;tte anfu&#x0364;hren<lb/>
wollen als eine Ur&#x017F;ach zu wachen und zu betten; ha&#x0364;tte er nothwen-<lb/>
dig das Wo&#x0364;rtlein &#x03B3;&#x1F00;&#x03C1; gebraucht; es zeigt al&#x017F;o das &#x03BC;&#x1F10;&#x03BD; deutlich an,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0575] Anhang. mit aͤuſſerſter Schwermuth angefuͤllte, und zum Schlaff ſich neigen- de Coͤrper, der euern willigen Geiſt ſtets unterzeucht und unterdruckt, alſo daß ihr uͤberwunden werdet; dencket aber nicht etwann, ich werde euch darum wegwerffen; nein! ſondern wann ich werde aufge- fahren ſeyn zum Vatter, will ich dem neuen Willen und Geiſt in euch zu Huͤlff kommen mit ſo reichem Ausguß des H. Geiſtes, daß ihr in allen Verſuchungen an denen Machten der Finſternuß weit uͤberwin- den ſollt durch mich, der ich euch geliebet habe, liebe und lieben wer- de in Ewigkeit. §. 4. (3.) Die gewohnte Redens-Art H. Schrifft, in welcher das Wort Geiſt zu oͤffteren malen alſo eintzelen geſetzt, nicht anderſt ge- braucht wird, als den Satan zu bedeuten, inſonderheit wo ſie etwas vorher meldet, daraus Sonnen-klar erhellet, daß in ſolcher Schrifft- Stelle von demſelbigen die Rede ſeye, als zu ſehen Matth. VIII. 16. Marc. IX. 20. Luc. IX. 39. Act. XVI. 18. Epheſ. II. 2. aus der Bedeu- tung die- ſes Worts wann es einzelen §. 5. (4.) Ja, wo das Wort Geiſt dem Woͤrtlein Fleiſch entge- gen geſetzt wird, bedeutet dieſes die Neigung zum Boͤſen und jenes die vom H. Geiſt erweckte Neigung zum Guten; in welchem Ver- ſtand die Juden _ und _ gegen einander ſetzen, wormit ſonſten _ uͤbereinkommt. Auch pflegen die alten Griechen und Roͤ- mer den Eifer zu was tugendhafftes und ruͤhmliches dem Geiſt, die Traͤgheit aber zum Guten, dem Leib zuzuſchreiben. Nebſt dieſem ſtatuiren die allermeiſten Bramanen, daß ein jeder Menſch zwo See- len habe, eine gute und eine boͤſe, und das wollte einsmahl ein wahl- fahrender Gelehrter folgender maſſen beweiſen: Wann ich, ſagte er, in der Einſamkeit bin und bette, ſo wollte ich gern alle Sinnen zu- ſammen ziehen, und mit meinem Hertzen einig und allein auf GOtt gerichtet ſeyn; und das iſt die gute Seel in mir, welche ſtaͤts nach GOTT ſeuffzet. Hierneben aber empfinde ich auch groſſe Abhaltung vom Gebett, ſo daß mir bald dieſes, bald jenes ſuͤndliche einfallt, und das iſt die boͤſe Seel, die da allezeit lauter Unruhe und boͤſe Be- gierde im Gemuͤth verurſachet. ſowohl als wann es dem Fleiſch entgegen geſetzt ſtehet. §. 6. (5.) Den ſtaͤrckſten Grund geben ihnen die im Grund-Text ſtehende Woͤrtlein μἐν, δε. an die Hand; dann wo der Heyland diß: der Geiſt iſt willig/ aber das Fleiſch iſt ſchwach; haͤtte anfuͤhren wollen als eine Urſach zu wachen und zu betten; haͤtte er nothwen- dig das Woͤrtlein γἀρ gebraucht; es zeigt alſo das μἐν deutlich an, daß Aus dem griechi- ſchen Woͤrtlein μ_ ν. δε

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/575
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/575>, abgerufen am 24.05.2024.