wort. Ja freylich an allem deinem Vermögen, eigenem Würckenraus ent- stehen möchte zu thun seye. und Gutduncken must du gäntzlich verzagen; aber hier ist der Bürg, wohl ein hohe und unendliche Person, der Sohn des lebendigen GOttes der alle elende, ohnmächtige, unter der Verdamnuß ächzen- de, und unter dem Last der Verderbnüssen geängstigte Sünder zu sich einladet, daß sie zu ihme lauffen, ihne mit wahrem Glauben um- fassen, ein Abscheu empfangen aus dem H. Geist an allem Bösen und ihrem vorigen sündlichen Leben, und täglich genugsame Krafft von ihme bitten, diesem Erlöser und Sünden-Träger eintzig zu le- ben; Für solche hat Er GOttes Zorn in lauter Liebe verwandlet, durch sein Blut der Höllen Flammen ausgelöscht, und die ewige Qual in unendliche Freud und Wonne veränderet; in seinem Blut alle Straffen von ihnen völlig weggenommen, und in seine allerheilig- ste Menschheit getragen; ihnen auch alle Seeligkeiten der künfftigen Welt erkämpfft und eroberet; jetzund harret dieser JEsus mit be- gierigem Hertzen, daß du elender Sünder eilends zu ihm kommest, und dieses grosse Heyl, welches ihne so hoch zu stehen kommen, ihme abnehmest, welches Er dir aus milder Güte und Gnad so gern schencket.
§. 5. Sagst du: Jch fühle aber keinen rechten Lust darzu, meine böseDie Be- trachtung dessen was JE- sus für uns ge- than. Neigungen seynd sehr starck in mir, und ich besorge, wann ich diese Neigung sollte fahren lassen, es käme mich gar schwehr an; ich förch- te, es koste mich eine Kranckheit, oder werde sonsten darüber verach- tet. Antwort: Gespührest du, daß deine Neigungen sehr starck, so must du desto ernstlicher eindringen in die Feurflammende Liebe des H. Geistes, welche du in ausgepreßtem Blut finden wirst; dieses wird dir ein Abkehr erwecken, und ein Hassen und Meiden der Sünd; und ob du schon deinem eigenen Wohl nichts nachfragest, so wird dich doch die erstaunliche süsse Liebe JEsu in sich fassen, wann du dich derselbigen hingiebest dich zu machen, wie sie dich gern haben möchte nach ihrem Wohlgefallen.
§. 6. O wie wunderbahr wird dir diese Liebe vorkommen in deinemWie Er sich dem Grimm GOttes darge- stellt. Gemüth! wann du mit tieffem Nachsinnen überlegest, wie dieser Hoch- benedeyte Sohn des Allerhöchsten in seiner angenommenen Menschheit sich für dich seinen Feind, elenden Sünden-Wurm, und dürren Feur- Brand der Höllen, da du dir selber weder helffen noch rathen konn- test, noch einige andere Creatur deinem Jammer zu begegnen wußte, Er als der Bürg seine Brust dem Platz-Regen des Göttlichen Grimms
dar-
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liegende Wein-Trauben.
wort. Ja freylich an allem deinem Vermoͤgen, eigenem Wuͤrckenraus ent- ſtehen moͤchte zu thun ſeye. und Gutduncken muſt du gaͤntzlich verzagen; aber hier iſt der Buͤrg, wohl ein hohe und unendliche Perſon, der Sohn des lebendigen GOttes der alle elende, ohnmaͤchtige, unter der Verdamnuß aͤchzen- de, und unter dem Laſt der Verderbnuͤſſen geaͤngſtigte Suͤnder zu ſich einladet, daß ſie zu ihme lauffen, ihne mit wahrem Glauben um- faſſen, ein Abſcheu empfangen aus dem H. Geiſt an allem Boͤſen und ihrem vorigen ſuͤndlichen Leben, und taͤglich genugſame Krafft von ihme bitten, dieſem Erloͤſer und Suͤnden-Traͤger eintzig zu le- ben; Fuͤr ſolche hat Er GOttes Zorn in lauter Liebe verwandlet, durch ſein Blut der Hoͤllen Flammen ausgeloͤſcht, und die ewige Qual in unendliche Freud und Wonne veraͤnderet; in ſeinem Blut alle Straffen von ihnen voͤllig weggenommen, und in ſeine allerheilig- ſte Menſchheit getragen; ihnen auch alle Seeligkeiten der kuͤnfftigen Welt erkaͤmpfft und eroberet; jetzund harret dieſer JEſus mit be- gierigem Hertzen, daß du elender Suͤnder eilends zu ihm kommeſt, und dieſes groſſe Heyl, welches ihne ſo hoch zu ſtehen kommen, ihme abnehmeſt, welches Er dir aus milder Guͤte und Gnad ſo gern ſchencket.
§. 5. Sagſt du: Jch fuͤhle aber keinen rechten Luſt darzu, meine boͤſeDie Be- trachtung deſſen was JE- ſus fuͤr uns ge- than. Neigungen ſeynd ſehr ſtarck in mir, und ich beſorge, wann ich dieſe Neigung ſollte fahren laſſen, es kaͤme mich gar ſchwehr an; ich foͤrch- te, es koſte mich eine Kranckheit, oder werde ſonſten daruͤber verach- tet. Antwort: Geſpuͤhreſt du, daß deine Neigungen ſehr ſtarck, ſo muſt du deſto ernſtlicher eindringen in die Feurflammende Liebe des H. Geiſtes, welche du in ausgepreßtem Blut finden wirſt; dieſes wird dir ein Abkehr erwecken, und ein Haſſen und Meiden der Suͤnd; und ob du ſchon deinem eigenen Wohl nichts nachfrageſt, ſo wird dich doch die erſtaunliche ſuͤſſe Liebe JEſu in ſich faſſen, wann du dich derſelbigen hingiebeſt dich zu machen, wie ſie dich gern haben moͤchte nach ihrem Wohlgefallen.
§. 6. O wie wunderbahr wird dir dieſe Liebe vorkommen in deinemWie Er ſich dem Grimm GOttes darge- ſtellt. Gemuͤth! wann du mit tieffem Nachſinnen uͤberlegeſt, wie dieſer Hoch- benedeyte Sohn des Allerhoͤchſten in ſeiner angenommenen Menſchheit ſich fuͤr dich ſeinen Feind, elenden Suͤnden-Wurm, und duͤrren Feur- Brand der Hoͤllen, da du dir ſelber weder helffen noch rathen konn- teſt, noch einige andere Creatur deinem Jammer zu begegnen wußte, Er als der Buͤrg ſeine Bruſt dem Platz-Regen des Goͤttlichen Grimms
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liegende Wein-Trauben.
wort. Ja freylich an allem deinem Vermoͤgen, eigenem Wuͤrcken
und Gutduncken muſt du gaͤntzlich verzagen; aber hier iſt der Buͤrg,
wohl ein hohe und unendliche Perſon, der Sohn des lebendigen
GOttes der alle elende, ohnmaͤchtige, unter der Verdamnuß aͤchzen-
de, und unter dem Laſt der Verderbnuͤſſen geaͤngſtigte Suͤnder zu
ſich einladet, daß ſie zu ihme lauffen, ihne mit wahrem Glauben um-
faſſen, ein Abſcheu empfangen aus dem H. Geiſt an allem Boͤſen
und ihrem vorigen ſuͤndlichen Leben, und taͤglich genugſame Krafft
von ihme bitten, dieſem Erloͤſer und Suͤnden-Traͤger eintzig zu le-
ben; Fuͤr ſolche hat Er GOttes Zorn in lauter Liebe verwandlet,
durch ſein Blut der Hoͤllen Flammen ausgeloͤſcht, und die ewige
Qual in unendliche Freud und Wonne veraͤnderet; in ſeinem Blut
alle Straffen von ihnen voͤllig weggenommen, und in ſeine allerheilig-
ſte Menſchheit getragen; ihnen auch alle Seeligkeiten der kuͤnfftigen
Welt erkaͤmpfft und eroberet; jetzund harret dieſer JEſus mit be-
gierigem Hertzen, daß du elender Suͤnder eilends zu ihm kommeſt,
und dieſes groſſe Heyl, welches ihne ſo hoch zu ſtehen kommen, ihme
abnehmeſt, welches Er dir aus milder Guͤte und Gnad ſo gern ſchencket.
raus ent-
ſtehen
moͤchte zu
thun ſeye.
§. 5. Sagſt du: Jch fuͤhle aber keinen rechten Luſt darzu, meine boͤſe
Neigungen ſeynd ſehr ſtarck in mir, und ich beſorge, wann ich dieſe
Neigung ſollte fahren laſſen, es kaͤme mich gar ſchwehr an; ich foͤrch-
te, es koſte mich eine Kranckheit, oder werde ſonſten daruͤber verach-
tet. Antwort: Geſpuͤhreſt du, daß deine Neigungen ſehr ſtarck, ſo
muſt du deſto ernſtlicher eindringen in die Feurflammende Liebe des
H. Geiſtes, welche du in ausgepreßtem Blut finden wirſt; dieſes
wird dir ein Abkehr erwecken, und ein Haſſen und Meiden der Suͤnd;
und ob du ſchon deinem eigenen Wohl nichts nachfrageſt, ſo wird
dich doch die erſtaunliche ſuͤſſe Liebe JEſu in ſich faſſen, wann du dich
derſelbigen hingiebeſt dich zu machen, wie ſie dich gern haben moͤchte
nach ihrem Wohlgefallen.
Die Be-
trachtung
deſſen
was JE-
ſus fuͤr
uns ge-
than.
§. 6. O wie wunderbahr wird dir dieſe Liebe vorkommen in deinem
Gemuͤth! wann du mit tieffem Nachſinnen uͤberlegeſt, wie dieſer Hoch-
benedeyte Sohn des Allerhoͤchſten in ſeiner angenommenen Menſchheit
ſich fuͤr dich ſeinen Feind, elenden Suͤnden-Wurm, und duͤrren Feur-
Brand der Hoͤllen, da du dir ſelber weder helffen noch rathen konn-
teſt, noch einige andere Creatur deinem Jammer zu begegnen wußte,
Er als der Buͤrg ſeine Bruſt dem Platz-Regen des Goͤttlichen Grimms
dar-
Wie Er
ſich dem
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GOttes
darge-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/547>, abgerufen am 21.11.2024.
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