dancken und verborgenste Begierden bestraffet, selbige uns zum äussersten Eckel, Verdruß und Gall werden, und wir also nur be- gehren dir das schönste, reinste und lauterste Gold zu seyn in dem neuen Jerusalem; wann wir aber förchten, wir möchten nicht aus- harren biß ans End, sondern unser böses Thier möchte sich wohl von den Banden deiner Zucht loß reissen, und aus diesem Reinigungs- Feur wollen heraus springen; und wir dann dir solchen unseren Kum- mer klagen, so laß unsere Angst für dich kommen; dann du weist wie es einem ums Hertz ist, der mit Zorn, Sünd und Fleisch in den Haaren ligt, und gern in dir siegen und triumphieren möchte, und aber nicht zum Schlag kommen kan; Du weist, wie man es angreif- fen, und den Streit führen müsse, und kanst helffen; Ach JEsu! gib daß wir diese Nächt und Stunden für die allertheursten in unse- rem Leben haben, die wir mit, und bey dir an dem Oelberg zu- bringen.
Das vierte Capitel. Das Verhalten JEsu in seinem Seelen-Leiden mit einer Aufmunte- rung an die Jünger.
Bey JE- sus Ver- halten in seiner Seelen- Angst, ist zu betrach- ten; theils dessen bit- tere Klag an seine Jünger.
§. 1. Wie verhält sich aber JEsus in dieser seiner Seelen-Angst? (1.) Er klagt dieselbe seinen Jüngeren, dann Er sprach zu ihnen: Meine Seel etc. Diese seine Angst ware so groß und empfindlich, daß er nicht mehr schweigen konnte, sondern dieselbe auch seinen Jüngeren, als seinen besten Freunden auf Erden offenbahren muß- te; dieses thate Er aber nicht aus einiger Ungedult noch Zaghafftig- keit, sondern vielmehr aus gröster Hertzens-Zuneigung und Liebe ge- gen sie, damit sie ihme theils desto besser glauben, und dadurch zu einigem Mitleiden gegen ihme möchten bewogen werden; theils son- derlich, damit sie desto eigentlicher wissen, was ihre Erlösung koste; fürnehmlich aber, damit die Nach-Welt, die kein Augen-Zeug, sei- ner ängstlichen Geberden gewesen, auch aus diesen Worten abneh- men könnte, wie tieff und erschröcklich sein innerlich Seelen-Leiden, und folglich, wie groß die Liebe JEsu zu uns gewesen; Dannenhe- ro die Griechische Kirch in ihren offentlichen Kirchen-Gebetteren GOtt um Gnad und Erhörung anflehet, um der unbekannten Lei- den Christi willen; Dann sonsten finden wir nirgend in JEsu Le-
bens-
Die unter der Kelter des Zorns GOttes
dancken und verborgenſte Begierden beſtraffet, ſelbige uns zum aͤuſſerſten Eckel, Verdruß und Gall werden, und wir alſo nur be- gehren dir das ſchoͤnſte, reinſte und lauterſte Gold zu ſeyn in dem neuen Jeruſalem; wann wir aber foͤrchten, wir moͤchten nicht aus- harren biß ans End, ſondern unſer boͤſes Thier moͤchte ſich wohl von den Banden deiner Zucht loß reiſſen, und aus dieſem Reinigungs- Feur wollen heraus ſpringen; und wir dann dir ſolchen unſeren Kum- mer klagen, ſo laß unſere Angſt fuͤr dich kommen; dann du weiſt wie es einem ums Hertz iſt, der mit Zorn, Suͤnd und Fleiſch in den Haaren ligt, und gern in dir ſiegen und triumphieren moͤchte, und aber nicht zum Schlag kommen kan; Du weiſt, wie man es angreif- fen, und den Streit fuͤhren muͤſſe, und kanſt helffen; Ach JEſu! gib daß wir dieſe Naͤcht und Stunden fuͤr die allertheurſten in unſe- rem Leben haben, die wir mit, und bey dir an dem Oelberg zu- bringen.
Das vierte Capitel. Das Verhalten JEſu in ſeinem Seelen-Leiden mit einer Aufmunte- rung an die Juͤnger.
Bey JE- ſus Ver- halten in ſeiner Seelen- Angſt, iſt zu betrach- ten; theils deſſen bit- tere Klag an ſeine Juͤnger.
§. 1. Wie verhaͤlt ſich aber JEſus in dieſer ſeiner Seelen-Angſt? (1.) Er klagt dieſelbe ſeinen Juͤngeren, dann Er ſprach zu ihnen: Meine Seel ꝛc. Dieſe ſeine Angſt ware ſo groß und empfindlich, daß er nicht mehr ſchweigen konnte, ſondern dieſelbe auch ſeinen Juͤngeren, als ſeinen beſten Freunden auf Erden offenbahren muß- te; dieſes thate Er aber nicht aus einiger Ungedult noch Zaghafftig- keit, ſondern vielmehr aus groͤſter Hertzens-Zuneigung und Liebe ge- gen ſie, damit ſie ihme theils deſto beſſer glauben, und dadurch zu einigem Mitleiden gegen ihme moͤchten bewogen werden; theils ſon- derlich, damit ſie deſto eigentlicher wiſſen, was ihre Erloͤſung koſte; fuͤrnehmlich aber, damit die Nach-Welt, die kein Augen-Zeug, ſei- ner aͤngſtlichen Geberden geweſen, auch aus dieſen Worten abneh- men koͤnnte, wie tieff und erſchroͤcklich ſein innerlich Seelen-Leiden, und folglich, wie groß die Liebe JEſu zu uns geweſen; Dannenhe- ro die Griechiſche Kirch in ihren offentlichen Kirchen-Gebetteren GOtt um Gnad und Erhoͤrung anflehet, um der unbekannten Lei- den Chriſti willen; Dann ſonſten finden wir nirgend in JEſu Le-
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Die unter der Kelter des Zorns GOttes
dancken und verborgenſte Begierden beſtraffet, ſelbige uns zum
aͤuſſerſten Eckel, Verdruß und Gall werden, und wir alſo nur be-
gehren dir das ſchoͤnſte, reinſte und lauterſte Gold zu ſeyn in dem
neuen Jeruſalem; wann wir aber foͤrchten, wir moͤchten nicht aus-
harren biß ans End, ſondern unſer boͤſes Thier moͤchte ſich wohl von
den Banden deiner Zucht loß reiſſen, und aus dieſem Reinigungs-
Feur wollen heraus ſpringen; und wir dann dir ſolchen unſeren Kum-
mer klagen, ſo laß unſere Angſt fuͤr dich kommen; dann du weiſt wie
es einem ums Hertz iſt, der mit Zorn, Suͤnd und Fleiſch in den
Haaren ligt, und gern in dir ſiegen und triumphieren moͤchte, und
aber nicht zum Schlag kommen kan; Du weiſt, wie man es angreif-
fen, und den Streit fuͤhren muͤſſe, und kanſt helffen; Ach JEſu!
gib daß wir dieſe Naͤcht und Stunden fuͤr die allertheurſten in unſe-
rem Leben haben, die wir mit, und bey dir an dem Oelberg zu-
bringen.
Das vierte Capitel.
Das Verhalten JEſu in ſeinem Seelen-Leiden mit einer Aufmunte-
rung an die Juͤnger.
§. 1. Wie verhaͤlt ſich aber JEſus in dieſer ſeiner Seelen-Angſt?
(1.) Er klagt dieſelbe ſeinen Juͤngeren, dann Er ſprach zu ihnen:
Meine Seel ꝛc. Dieſe ſeine Angſt ware ſo groß und empfindlich,
daß er nicht mehr ſchweigen konnte, ſondern dieſelbe auch ſeinen
Juͤngeren, als ſeinen beſten Freunden auf Erden offenbahren muß-
te; dieſes thate Er aber nicht aus einiger Ungedult noch Zaghafftig-
keit, ſondern vielmehr aus groͤſter Hertzens-Zuneigung und Liebe ge-
gen ſie, damit ſie ihme theils deſto beſſer glauben, und dadurch zu
einigem Mitleiden gegen ihme moͤchten bewogen werden; theils ſon-
derlich, damit ſie deſto eigentlicher wiſſen, was ihre Erloͤſung koſte;
fuͤrnehmlich aber, damit die Nach-Welt, die kein Augen-Zeug, ſei-
ner aͤngſtlichen Geberden geweſen, auch aus dieſen Worten abneh-
men koͤnnte, wie tieff und erſchroͤcklich ſein innerlich Seelen-Leiden,
und folglich, wie groß die Liebe JEſu zu uns geweſen; Dannenhe-
ro die Griechiſche Kirch in ihren offentlichen Kirchen-Gebetteren
GOtt um Gnad und Erhoͤrung anflehet, um der unbekannten Lei-
den Chriſti willen; Dann ſonſten finden wir nirgend in JEſu Le-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/520>, abgerufen am 25.11.2024.
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