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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
und was dir an einem anderen mißfallt, das begehe du nimmer, laß
dich die Eigenlieb nicht verblenden, und den Teuffel deine Seel hin-
terschleichen, bleibe doch nur GOTT getreu, und sey alle Moment
gerüst, in Demuth dich mißhandlen zu lassen; Lasse doch dermaleinst
dem Gärtner freye Hand, wann er dir das freche Laub und wilde
Reben will benehmen, der Herbst nahet unvermerckt herzu; Ein acht-
loser Mensch hats bald versehen mit seinem Heyl, und wann du nicht
einmal und zwar heute anfangen willt dich vor schlimmen Jngredien-
zien zu verwahren, so wird der HErr keinen vollen, reiffen Trauben
an dir finden, und du wirst ewige Schande von deinen Herlingen ha-
ben a; So bald der Mensch einer herben Empfindlichkeit in sich Platz
gibt, so ist die edle Süsse der Frucht hin, die Trauben verdorben
und alle Müh verlohren, ach wann wir schon unserer eigenen See-
ligkeit nicht achteten, so sollte uns doch JEsus also hertzlich lieb seyn,
daß wir nur bloß ihm zur Freude, Ehre und Vergnügen die voll-
kommensten Früchte trügen: Was ligt doch daran, was Menschen
von uns halten, was wir bey den Menschen wollen gut machen,
durch entschuldigen und verklagen anderer, das verderben wir bey
GOtt, wollen wir dann unsere Früchte von erst mit Kalck und Koth
bespritzen, ehe wir sie Christo auftragen; Ach wann wollen wir an-
fangen rechte Kinder GOttes zu seyn; Jst JEsus dann nicht einer
untadelichen Trauben werth, der uns mit so mancher geistlichen und
leiblichen erquickt? Es ist bald an der Zeit, daß der HErr selbst kom-
men wird seinen Weinberg zu besehen, alsdann wirds dich wohl ge-
reuen, daß du dem heiligen Geist nicht bist unterthänig gewesen.

Die Woh-
nung un-
ter den Be-
kehrten
solle nie-
mand hin-
dern,

§. 14. Ja sagst du, wann ich nicht die widerliche feindseelige Ge-
sichter immer um mich haben müßte, dieses unseelige Gestirn hinderet
all mein Zunehmen, könnte ich bey Sanfftmüthen, Weisen, Gehei-
ligten, erleuchteten Christen wohnen, und nicht bey so gar wunder-
lichen, so möchte ich wohl zuletzt ein guter Christ abgeben?

Antwort. Ey du bist wohl ein fein zart Früchtlein, daß du versor-
ren, verschmachten willt, und von Christi Geist und Leben abfallen,
wann auch nur ein Spinn über dich hinlaufft oder Käfer um dich her
brummet; erkenne deine Blödigkeit, und schäme dich deiner so lieder-
lichen Vorbereitung zu dem vorstehenden Sturm-Wetter, und Zer-
quetschungen der Völckeren, absonderlich der falschen Christen, und

der
a Esai. V.

Der geiſtliche Fruͤhling.
und was dir an einem anderen mißfallt, das begehe du nimmer, laß
dich die Eigenlieb nicht verblenden, und den Teuffel deine Seel hin-
terſchleichen, bleibe doch nur GOTT getreu, und ſey alle Moment
geruͤſt, in Demuth dich mißhandlen zu laſſen; Laſſe doch dermaleinſt
dem Gaͤrtner freye Hand, wann er dir das freche Laub und wilde
Reben will benehmen, der Herbſt nahet unvermerckt herzu; Ein acht-
loſer Menſch hats bald verſehen mit ſeinem Heyl, und wann du nicht
einmal und zwar heute anfangen willt dich vor ſchlimmen Jngredien-
zien zu verwahren, ſo wird der HErr keinen vollen, reiffen Trauben
an dir finden, und du wirſt ewige Schande von deinen Herlingen ha-
ben a; So bald der Menſch einer herben Empfindlichkeit in ſich Platz
gibt, ſo iſt die edle Suͤſſe der Frucht hin, die Trauben verdorben
und alle Muͤh verlohren, ach wann wir ſchon unſerer eigenen See-
ligkeit nicht achteten, ſo ſollte uns doch JEſus alſo hertzlich lieb ſeyn,
daß wir nur bloß ihm zur Freude, Ehre und Vergnuͤgen die voll-
kommenſten Fruͤchte truͤgen: Was ligt doch daran, was Menſchen
von uns halten, was wir bey den Menſchen wollen gut machen,
durch entſchuldigen und verklagen anderer, das verderben wir bey
GOtt, wollen wir dann unſere Fruͤchte von erſt mit Kalck und Koth
beſpritzen, ehe wir ſie Chriſto auftragen; Ach wann wollen wir an-
fangen rechte Kinder GOttes zu ſeyn; Jſt JEſus dann nicht einer
untadelichen Trauben werth, der uns mit ſo mancher geiſtlichen und
leiblichen erquickt? Es iſt bald an der Zeit, daß der HErr ſelbſt kom-
men wird ſeinen Weinberg zu beſehen, alsdann wirds dich wohl ge-
reuen, daß du dem heiligen Geiſt nicht biſt unterthaͤnig geweſen.

Die Woh-
nung un-
ter den Be-
kehrten
ſolle nie-
mand hin-
dern,

§. 14. Ja ſagſt du, wann ich nicht die widerliche feindſeelige Ge-
ſichter immer um mich haben muͤßte, dieſes unſeelige Geſtirn hinderet
all mein Zunehmen, koͤnnte ich bey Sanfftmuͤthen, Weiſen, Gehei-
ligten, erleuchteten Chriſten wohnen, und nicht bey ſo gar wunder-
lichen, ſo moͤchte ich wohl zuletzt ein guter Chriſt abgeben?

Antwort. Ey du biſt wohl ein fein zart Fruͤchtlein, daß du verſor-
ren, verſchmachten willt, und von Chriſti Geiſt und Leben abfallen,
wann auch nur ein Spinn uͤber dich hinlaufft oder Kaͤfer um dich her
brummet; erkenne deine Bloͤdigkeit, und ſchaͤme dich deiner ſo lieder-
lichen Vorbereitung zu dem vorſtehenden Sturm-Wetter, und Zer-
quetſchungen der Voͤlckeren, abſonderlich der falſchen Chriſten, und

der
a Eſai. V.
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[376/0472] Der geiſtliche Fruͤhling. und was dir an einem anderen mißfallt, das begehe du nimmer, laß dich die Eigenlieb nicht verblenden, und den Teuffel deine Seel hin- terſchleichen, bleibe doch nur GOTT getreu, und ſey alle Moment geruͤſt, in Demuth dich mißhandlen zu laſſen; Laſſe doch dermaleinſt dem Gaͤrtner freye Hand, wann er dir das freche Laub und wilde Reben will benehmen, der Herbſt nahet unvermerckt herzu; Ein acht- loſer Menſch hats bald verſehen mit ſeinem Heyl, und wann du nicht einmal und zwar heute anfangen willt dich vor ſchlimmen Jngredien- zien zu verwahren, ſo wird der HErr keinen vollen, reiffen Trauben an dir finden, und du wirſt ewige Schande von deinen Herlingen ha- ben a; So bald der Menſch einer herben Empfindlichkeit in ſich Platz gibt, ſo iſt die edle Suͤſſe der Frucht hin, die Trauben verdorben und alle Muͤh verlohren, ach wann wir ſchon unſerer eigenen See- ligkeit nicht achteten, ſo ſollte uns doch JEſus alſo hertzlich lieb ſeyn, daß wir nur bloß ihm zur Freude, Ehre und Vergnuͤgen die voll- kommenſten Fruͤchte truͤgen: Was ligt doch daran, was Menſchen von uns halten, was wir bey den Menſchen wollen gut machen, durch entſchuldigen und verklagen anderer, das verderben wir bey GOtt, wollen wir dann unſere Fruͤchte von erſt mit Kalck und Koth beſpritzen, ehe wir ſie Chriſto auftragen; Ach wann wollen wir an- fangen rechte Kinder GOttes zu ſeyn; Jſt JEſus dann nicht einer untadelichen Trauben werth, der uns mit ſo mancher geiſtlichen und leiblichen erquickt? Es iſt bald an der Zeit, daß der HErr ſelbſt kom- men wird ſeinen Weinberg zu beſehen, alsdann wirds dich wohl ge- reuen, daß du dem heiligen Geiſt nicht biſt unterthaͤnig geweſen. §. 14. Ja ſagſt du, wann ich nicht die widerliche feindſeelige Ge- ſichter immer um mich haben muͤßte, dieſes unſeelige Geſtirn hinderet all mein Zunehmen, koͤnnte ich bey Sanfftmuͤthen, Weiſen, Gehei- ligten, erleuchteten Chriſten wohnen, und nicht bey ſo gar wunder- lichen, ſo moͤchte ich wohl zuletzt ein guter Chriſt abgeben? Antwort. Ey du biſt wohl ein fein zart Fruͤchtlein, daß du verſor- ren, verſchmachten willt, und von Chriſti Geiſt und Leben abfallen, wann auch nur ein Spinn uͤber dich hinlaufft oder Kaͤfer um dich her brummet; erkenne deine Bloͤdigkeit, und ſchaͤme dich deiner ſo lieder- lichen Vorbereitung zu dem vorſtehenden Sturm-Wetter, und Zer- quetſchungen der Voͤlckeren, abſonderlich der falſchen Chriſten, und der a Eſai. V.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/472>, abgerufen am 22.11.2024.