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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
ger und Menschlicher wird, da sie zuvor als eingefleischte Engel aus-
sahen, deren Gesang zu hoch und zu scharpff ware indem ihnen das
Priesterliche Mitleyden manglete gegen denen die versucht werden.
Nun heißt es: Homo sum, humani a me nihil alienum puto.
Das ist, ich bin ein Mensch und habe auch menschliche Schwach-
heiten.

§. 7. Unterdessen so lang der Drach noch so grosse Macht hat dieZum Be-
weißthum
daß die
Philadel-
phische
Zeit noch
nicht da
seye.

theursten Seelen zu übervortheilen, so kan man doch noch nicht sa-
gen, daß die Zeit des Philadelphischen Gesanges kommen sey; dann
wann schon einige sind, welche die höchste Noten des Glaubens und
Liebes-Triumphs in Christo erreichen, und die tieffste Noten in lieb-
reichester Condescendence, Herunterlassung, Sanfftmuth und De-
muth Christi und in GOtt-gewinnender Unterwerffung unter alle
Menschen; So kommt dannoch hie und da der Teufel mit seinem
Drachen-Geheul dazwischen und spielt das divide & impera, d. i.
zertheile so kanst du herrschen, also daß ein jeglicher zerstreut wird in
das Seine und des Sectierischen Wesens kein Ende ist, biß es end-
lich dahin kommen, daß man eine Sect daraus macht in keine Sect
zu tretten, da hat die Nachtigall einen allzudurchdringenden Thon
eine allzuscharffen empfindlich hellen Klang, und hat sein wirblendes
pfeiffen seine Mißgönner und Gegensänger, dort steigt der gehaupte
Lerch mit seinem gurglenden quintilliren allzuhoch, hier tadlet der
Stiglitz den Spatzen, und der Specht hat wider die Amsel auch nicht
weniges einzuwenden, dort machens die Klapper-Störcke denen Doh-
len nicht recht, und das Zeißgen muß von der schwirrenden Schwalb
mehrmahlen durch die Hechel gezogen werden, die lockende Wach-
tel ist mit dem singenden Zaun-Königlin nicht zu frieden, noch der
einthönige Gukuk mit der girrenden Turteltaub; wie weit ist man
noch bey so schnödem beurtheilen seines Nächsten a von dem einmüthi-
gen, himmlischen Frühlings-Concert!

§. 8. Ach daß ein jedes seine geschenckte Gab zu VerherrlichungDie Be-
trachtung
der Vög-
len ermun-
tert zum
Lobe GOt-
tes,

der manigfaltigen Weißheit GOttes gebrauchte, in einfältiger Be-
gierd JEsum zu erhöhen und bloß seinem Schöpffer zu gehorsamen!
Ach daß man sich lieber tausend mahl tadlen und verwerffen liesse,
als daß man es einem anderen ein einiges mahl solches zu thun sich

reitzen
a Ps. CXXXIII.
Z z 3

Der geiſtliche Fruͤhling.
ger und Menſchlicher wird, da ſie zuvor als eingefleiſchte Engel aus-
ſahen, deren Geſang zu hoch und zu ſcharpff ware indem ihnen das
Prieſterliche Mitleyden manglete gegen denen die verſucht werden.
Nun heißt es: Homo ſum, humani â me nihil alienum puto.
Das iſt, ich bin ein Menſch und habe auch menſchliche Schwach-
heiten.

§. 7. Unterdeſſen ſo lang der Drach noch ſo groſſe Macht hat dieZum Be-
weißthum
daß die
Philadel-
phiſche
Zeit noch
nicht da
ſeye.

theurſten Seelen zu uͤbervortheilen, ſo kan man doch noch nicht ſa-
gen, daß die Zeit des Philadelphiſchen Geſanges kommen ſey; dann
wann ſchon einige ſind, welche die hoͤchſte Noten des Glaubens und
Liebes-Triumphs in Chriſto erreichen, und die tieffſte Noten in lieb-
reicheſter Condeſcendence, Herunterlaſſung, Sanfftmuth und De-
muth Chriſti und in GOtt-gewinnender Unterwerffung unter alle
Menſchen; So kommt dannoch hie und da der Teufel mit ſeinem
Drachen-Geheul dazwiſchen und ſpielt das divide & impera, d. i.
zertheile ſo kanſt du herrſchen, alſo daß ein jeglicher zerſtreut wird in
das Seine und des Sectieriſchen Weſens kein Ende iſt, biß es end-
lich dahin kommen, daß man eine Sect daraus macht in keine Sect
zu tretten, da hat die Nachtigall einen allzudurchdringenden Thon
eine allzuſcharffen empfindlich hellen Klang, und hat ſein wirblendes
pfeiffen ſeine Mißgoͤnner und Gegenſaͤnger, dort ſteigt der gehaupte
Lerch mit ſeinem gurglenden quintilliren allzuhoch, hier tadlet der
Stiglitz den Spatzen, und der Specht hat wider die Amſel auch nicht
weniges einzuwenden, dort machens die Klapper-Stoͤrcke denen Doh-
len nicht recht, und das Zeißgen muß von der ſchwirrenden Schwalb
mehrmahlen durch die Hechel gezogen werden, die lockende Wach-
tel iſt mit dem ſingenden Zaun-Koͤniglin nicht zu frieden, noch der
einthoͤnige Gukuk mit der girrenden Turteltaub; wie weit iſt man
noch bey ſo ſchnoͤdem beurtheilen ſeines Naͤchſten a von dem einmuͤthi-
gen, himmliſchen Fruͤhlings-Concert!

§. 8. Ach daß ein jedes ſeine geſchenckte Gab zu VerherrlichungDie Be-
trachtung
der Voͤg-
len ermun-
tert zum
Lobe GOt-
tes,

der manigfaltigen Weißheit GOttes gebrauchte, in einfaͤltiger Be-
gierd JEſum zu erhoͤhen und bloß ſeinem Schoͤpffer zu gehorſamen!
Ach daß man ſich lieber tauſend mahl tadlen und verwerffen lieſſe,
als daß man es einem anderen ein einiges mahl ſolches zu thun ſich

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[365/0461] Der geiſtliche Fruͤhling. ger und Menſchlicher wird, da ſie zuvor als eingefleiſchte Engel aus- ſahen, deren Geſang zu hoch und zu ſcharpff ware indem ihnen das Prieſterliche Mitleyden manglete gegen denen die verſucht werden. Nun heißt es: Homo ſum, humani â me nihil alienum puto. Das iſt, ich bin ein Menſch und habe auch menſchliche Schwach- heiten. §. 7. Unterdeſſen ſo lang der Drach noch ſo groſſe Macht hat die theurſten Seelen zu uͤbervortheilen, ſo kan man doch noch nicht ſa- gen, daß die Zeit des Philadelphiſchen Geſanges kommen ſey; dann wann ſchon einige ſind, welche die hoͤchſte Noten des Glaubens und Liebes-Triumphs in Chriſto erreichen, und die tieffſte Noten in lieb- reicheſter Condeſcendence, Herunterlaſſung, Sanfftmuth und De- muth Chriſti und in GOtt-gewinnender Unterwerffung unter alle Menſchen; So kommt dannoch hie und da der Teufel mit ſeinem Drachen-Geheul dazwiſchen und ſpielt das divide & impera, d. i. zertheile ſo kanſt du herrſchen, alſo daß ein jeglicher zerſtreut wird in das Seine und des Sectieriſchen Weſens kein Ende iſt, biß es end- lich dahin kommen, daß man eine Sect daraus macht in keine Sect zu tretten, da hat die Nachtigall einen allzudurchdringenden Thon eine allzuſcharffen empfindlich hellen Klang, und hat ſein wirblendes pfeiffen ſeine Mißgoͤnner und Gegenſaͤnger, dort ſteigt der gehaupte Lerch mit ſeinem gurglenden quintilliren allzuhoch, hier tadlet der Stiglitz den Spatzen, und der Specht hat wider die Amſel auch nicht weniges einzuwenden, dort machens die Klapper-Stoͤrcke denen Doh- len nicht recht, und das Zeißgen muß von der ſchwirrenden Schwalb mehrmahlen durch die Hechel gezogen werden, die lockende Wach- tel iſt mit dem ſingenden Zaun-Koͤniglin nicht zu frieden, noch der einthoͤnige Gukuk mit der girrenden Turteltaub; wie weit iſt man noch bey ſo ſchnoͤdem beurtheilen ſeines Naͤchſten a von dem einmuͤthi- gen, himmliſchen Fruͤhlings-Concert! Zum Be- weißthum daß die Philadel- phiſche Zeit noch nicht da ſeye. §. 8. Ach daß ein jedes ſeine geſchenckte Gab zu Verherrlichung der manigfaltigen Weißheit GOttes gebrauchte, in einfaͤltiger Be- gierd JEſum zu erhoͤhen und bloß ſeinem Schoͤpffer zu gehorſamen! Ach daß man ſich lieber tauſend mahl tadlen und verwerffen lieſſe, als daß man es einem anderen ein einiges mahl ſolches zu thun ſich reitzen Die Be- trachtung der Voͤg- len ermun- tert zum Lobe GOt- tes, a Pſ. CXXXIII. Z z 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/461>, abgerufen am 23.11.2024.