ster JEsus stehet da unter den Henckers-Ruhten und Zorn-Fluthen der Mach- ten der Finsterniß; Jm Gegentheil laufft dir alle Welt nach und erhebt dein Predigen; wird dich dein GOtt nicht auf eint- oder andere Weise demüthigen, so stehets fürwahr mißlich um dich, und schickest du dich nicht wohl unter das Volck eines gekreutzigten Königs, das in Fähnlein zertheilet hinaus ziehet für das Läger der Welt- und Eigenliebe Christo nach, und seine Schmach tragt! Ach, ein unbekannter, den niemand ansiehet, ist wol weit fürtrefflicher als du, vor allen heiligen Engeln! Er sammelt sich, in seinem niedrigen und verborge- nen Stand, heimlich so viele reiche Schätze von Glaubens- und Liebe-Ubun- gen vors künfftige ewige Leben, daß es niemand als GOtt allein gewahr wird, da denn dessen Reichthum zu seiner unaussprechlichen Herrlichkeit eben sowol als deine klägliche Armuth zu deiner entsetzlichen Angst am Jüngsten Gericht an Tag kommen wird. Jedennoch hat mich mein gütigster Heyland und HErr vom Himmelreich nicht nur das Hosianna sondern vielfaltig mehr das Creutzige, Creu- tzige! weg, weg mit ihm! mildiglich hören lassen; wofür ich Jhme nimmer genug dancken kan, und eine gar innig-süsse Hoffnung hege; JESUS Chri- stus, meine einige Freude, werden mich wollen bey sich haben ewiglich, ewig- lich, aus ewig unauslöschlicher Brunst, Glut und Blut feiner ewigen Liebe, trotz meinem sündhafften, unwürdigen Leben. Daher laß dir auch, mein theuer geliebter Leser! nicht fremde vorkommen, daß ich meine Schmach und Christi Herrlichkeit offtmals hart nebeneinanger setze: Dann es thut mir innerlich son- derbar wol, und fühle ich, bey sothaner Selbs-Verschmähung, des Heil. Geistes Wohlgefallen lebendig in mir, auch halt sich mein süsser JEsus nur desto näher zu mir: Dieses melde ich, damit du meinen Sinn in diesen Schrifften desto klärer und eigentlicher fassest; Zumalen es bey mir eine ausgemachte Sache ist; daß wie ich mich niemals genug hinuntermachen, ich dagegen JEsum in alle Ewigkeit nicht genugsamlich erhöhen und rühmen könne; hiebey soll es sein Ver- bleiben haben.
O JEsu! Du bist der HErr vom Himmel, du sitzest auf GOttes Thron, und redest seine Worte als GOtt! du hast den Geist nicht nach dem Maas! der Vater liebet dich und hat alles in deine Hand gegeben, wir aber stehen als schlechte Knechte bey dem Schämel deiner Füssen; es menschelt und erdelt was wir thun. Was ist denn billichers, als daß du wachsest, wir aber kleiner, ge- ringer werden. HErr JEsu du erinnerest dich noch wohl, daß diß mein erstes Wort gewesen an die Vorgesetzten meiner dißmaligen Gemeine, da sie mich zu bewillkommen mir entgegen kamen. Jch will euer Fußtuch seyn/ ich will gerne als ein Sternlein verschwinden/ wann nur die Sonne/ JEsus von euch erkannt/ geliebet und geehret wird und euch gang einnimmt
)( )( 3
Vorrede.
ſter JEſus ſtehet da unter den Henckers-Ruhten und Zorn-Fluthen der Mach- ten der Finſterniß; Jm Gegentheil laufft dir alle Welt nach und erhebt dein Predigen; wird dich dein GOtt nicht auf eint- oder andere Weiſe demuͤthigen, ſo ſtehets fuͤrwahr mißlich um dich, und ſchickeſt du dich nicht wohl unter das Volck eines gekreutzigten Koͤnigs, das in Faͤhnlein zertheilet hinaus ziehet fuͤr das Laͤger der Welt- und Eigenliebe Chriſto nach, und ſeine Schmach tragt! Ach, ein unbekannter, den niemand anſiehet, iſt wol weit fuͤrtrefflicher als du, vor allen heiligen Engeln! Er ſammelt ſich, in ſeinem niedrigen und verborge- nen Stand, heimlich ſo viele reiche Schaͤtze von Glaubens- und Liebe-Ubun- gen vors kuͤnfftige ewige Leben, daß es niemand als GOtt allein gewahr wird, da denn deſſen Reichthum zu ſeiner unausſprechlichen Herrlichkeit eben ſowol als deine klaͤgliche Armuth zu deiner entſetzlichen Angſt am Juͤngſten Gericht an Tag kommen wird. Jedennoch hat mich mein guͤtigſter Heyland und HErr vom Himmelreich nicht nur das Hoſianna ſondern vielfaltig mehr das Creutzige, Creu- tzige! weg, weg mit ihm! mildiglich hoͤren laſſen; wofuͤr ich Jhme nimmer genug dancken kan, und eine gar innig-ſuͤſſe Hoffnung hege; JESUS Chri- ſtus, meine einige Freude, werden mich wollen bey ſich haben ewiglich, ewig- lich, aus ewig unausloͤſchlicher Brunſt, Glut und Blut feiner ewigen Liebe, trotz meinem ſuͤndhafften, unwuͤrdigen Leben. Daher laß dir auch, mein theuer geliebter Leſer! nicht fremde vorkommen, daß ich meine Schmach und Chriſti Herrlichkeit offtmals hart nebeneinanger ſetze: Dann es thut mir innerlich ſon- derbar wol, und fuͤhle ich, bey ſothaner Selbs-Verſchmaͤhung, des Heil. Geiſtes Wohlgefallen lebendig in mir, auch halt ſich mein ſuͤſſer JEſus nur deſto naͤher zu mir: Dieſes melde ich, damit du meinen Sinn in dieſen Schrifften deſto klaͤrer und eigentlicher faſſeſt; Zumalen es bey mir eine ausgemachte Sache iſt; daß wie ich mich niemals genug hinuntermachen, ich dagegen JEſum in alle Ewigkeit nicht genugſamlich erhoͤhen und ruͤhmen koͤnne; hiebey ſoll es ſein Ver- bleiben haben.
O JEſu! Du biſt der HErr vom Himmel, du ſitzeſt auf GOttes Thron, und redeſt ſeine Worte als GOtt! du haſt den Geiſt nicht nach dem Maas! der Vater liebet dich und hat alles in deine Hand gegeben, wir aber ſtehen als ſchlechte Knechte bey dem Schaͤmel deiner Fuͤſſen; es menſchelt und erdelt was wir thun. Was iſt denn billichers, als daß du wachſeſt, wir aber kleiner, ge- ringer werden. HErr JEſu du erinnereſt dich noch wohl, daß diß mein erſtes Wort geweſen an die Vorgeſetzten meiner dißmaligen Gemeine, da ſie mich zu bewillkommen mir entgegen kamen. Jch will euer Fußtuch ſeyn/ ich will gerne als ein Sternlein verſchwinden/ wann nur die Sonne/ JEſus von euch erkannt/ geliebet und geehret wird und euch gang einnimmt
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[0043]
Vorrede.
ſter JEſus ſtehet da unter den Henckers-Ruhten und Zorn-Fluthen der Mach-
ten der Finſterniß; Jm Gegentheil laufft dir alle Welt nach und erhebt dein
Predigen; wird dich dein GOtt nicht auf eint- oder andere Weiſe demuͤthigen,
ſo ſtehets fuͤrwahr mißlich um dich, und ſchickeſt du dich nicht wohl unter das
Volck eines gekreutzigten Koͤnigs, das in Faͤhnlein zertheilet hinaus ziehet fuͤr
das Laͤger der Welt- und Eigenliebe Chriſto nach, und ſeine Schmach tragt!
Ach, ein unbekannter, den niemand anſiehet, iſt wol weit fuͤrtrefflicher als du,
vor allen heiligen Engeln! Er ſammelt ſich, in ſeinem niedrigen und verborge-
nen Stand, heimlich ſo viele reiche Schaͤtze von Glaubens- und Liebe-Ubun-
gen vors kuͤnfftige ewige Leben, daß es niemand als GOtt allein gewahr wird,
da denn deſſen Reichthum zu ſeiner unausſprechlichen Herrlichkeit eben ſowol
als deine klaͤgliche Armuth zu deiner entſetzlichen Angſt am Juͤngſten Gericht an
Tag kommen wird. Jedennoch hat mich mein guͤtigſter Heyland und HErr vom
Himmelreich nicht nur das Hoſianna ſondern vielfaltig mehr das Creutzige, Creu-
tzige! weg, weg mit ihm! mildiglich hoͤren laſſen; wofuͤr ich Jhme nimmer
genug dancken kan, und eine gar innig-ſuͤſſe Hoffnung hege; JESUS Chri-
ſtus, meine einige Freude, werden mich wollen bey ſich haben ewiglich, ewig-
lich, aus ewig unausloͤſchlicher Brunſt, Glut und Blut feiner ewigen Liebe,
trotz meinem ſuͤndhafften, unwuͤrdigen Leben. Daher laß dir auch, mein theuer
geliebter Leſer! nicht fremde vorkommen, daß ich meine Schmach und Chriſti
Herrlichkeit offtmals hart nebeneinanger ſetze: Dann es thut mir innerlich ſon-
derbar wol, und fuͤhle ich, bey ſothaner Selbs-Verſchmaͤhung, des Heil. Geiſtes
Wohlgefallen lebendig in mir, auch halt ſich mein ſuͤſſer JEſus nur deſto naͤher
zu mir: Dieſes melde ich, damit du meinen Sinn in dieſen Schrifften deſto
klaͤrer und eigentlicher faſſeſt; Zumalen es bey mir eine ausgemachte Sache iſt;
daß wie ich mich niemals genug hinuntermachen, ich dagegen JEſum in alle
Ewigkeit nicht genugſamlich erhoͤhen und ruͤhmen koͤnne; hiebey ſoll es ſein Ver-
bleiben haben.
O JEſu! Du biſt der HErr vom Himmel, du ſitzeſt auf GOttes Thron,
und redeſt ſeine Worte als GOtt! du haſt den Geiſt nicht nach dem Maas!
der Vater liebet dich und hat alles in deine Hand gegeben, wir aber ſtehen als
ſchlechte Knechte bey dem Schaͤmel deiner Fuͤſſen; es menſchelt und erdelt was
wir thun. Was iſt denn billichers, als daß du wachſeſt, wir aber kleiner, ge-
ringer werden. HErr JEſu du erinnereſt dich noch wohl, daß diß mein erſtes
Wort geweſen an die Vorgeſetzten meiner dißmaligen Gemeine, da ſie mich zu
bewillkommen mir entgegen kamen. Jch will euer Fußtuch ſeyn/ ich will
gerne als ein Sternlein verſchwinden/ wann nur die Sonne/ JEſus
von euch erkannt/ geliebet und geehret wird und euch gang einnimmt
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/43>, abgerufen am 24.11.2024.
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