leidenlicher als bey angefochtenen Seelen zu seyn, die nach ihrem Heyl wimmeren, das sind die Gebetter der Glaubigen, die ihre Au- gen auf JEsum wenden, und die wahre Tauben den H. Geist im Hertzen haben, der die Heiligen nach GOtt vertrittet mit unaus- sprechlichem Seuffzen a. Wie diese Gnad von den Heyden gerüh- met wird, daß sie stets nach JEsu geseuffzet, als ihrem Seelen- Bräutigam, daß sein Reich kommen. Diß sehnende Aechtzen nach JEsu Gegenwart und Vereinigung machet eine lieblichere Melodie in JEsu Ohren, als die himmlische Harmonie der Englischen Cho- ren.
§. 10. Solcher Seelen-Zustand ist wohl herrlich und seelig, sieDiese Tau- ben halten sich mit Verschmä- hung der Welt an JEsum. halten sich einsam und abgeschieden, sie verbergen sich in die enge Klippen und Felß-Löcher, in Christi Wunden, allda sie Erlösung, Sicherheit und Vergnügen finden, Falschheit aber und Heucheley kan nicht mit hinein schlieffen. Wer will sitzen in den Ritzen Christi, muß in Busse schwitzen b, und die Pfitzen, so seine Seele beschmü- tzen, von sich spützen. Ein in GOTT verliebter Mensch mag nichts hören von der Welt, er äussert sich der menschlichen Gesellschafft, Vögel sind noch bey Dörffern, und halten sich offt bey Häusern auf, aber die Turtel-Tauben ruhet im geöffneten Hertzen JEsu, und sin- get:
Mir hier stincket, was da blincket, Nach der eytlen Herrlichkeit. Weil ich einsam und gemeinsam, Handle mit der Ewigkeit. Mit GOTT leb ich, an GOTT kleb ich, Jn und aussert aller Zeit.
Die Gespräch die nicht vom Geist JEsu gewürcket sind, und in de- nen nicht seine Gnaden-Mirrhen gerochen wird, sind einer solchen Seel unerträglich zu hören, ihr Sehnen geht nur nach JESU! Wie ein Turtel-Täublein in einem Gesträuch des Waldes sein Ehe- Paar ruffet, und sich lieber zu todt girren will, als von einem an- deren, dann ihrem Gespännlein getröstet werden. Gleich also seuff- tzet eine solche Seele nach JEsu, kan sie ihn nicht haben, so will sie lieber verschmachten, als von der Welt oder irgend einer Creatur
Trost
aRom. VIII. 26.
bAct. II. 38.
Der geiſtliche Fruͤhling.
leidenlicher als bey angefochtenen Seelen zu ſeyn, die nach ihrem Heyl wimmeren, das ſind die Gebetter der Glaubigen, die ihre Au- gen auf JEſum wenden, und die wahre Tauben den H. Geiſt im Hertzen haben, der die Heiligen nach GOtt vertrittet mit unaus- ſprechlichem Seuffzen a. Wie dieſe Gnad von den Heyden geruͤh- met wird, daß ſie ſtets nach JEſu geſeuffzet, als ihrem Seelen- Braͤutigam, daß ſein Reich kommen. Diß ſehnende Aechtzen nach JEſu Gegenwart und Vereinigung machet eine lieblichere Melodie in JEſu Ohren, als die himmliſche Harmonie der Engliſchen Cho- ren.
§. 10. Solcher Seelen-Zuſtand iſt wohl herrlich und ſeelig, ſieDieſe Tau- ben halten ſich mit Verſchmaͤ- hung der Welt an JEſum. halten ſich einſam und abgeſchieden, ſie verbergen ſich in die enge Klippen und Felß-Loͤcher, in Chriſti Wunden, allda ſie Erloͤſung, Sicherheit und Vergnuͤgen finden, Falſchheit aber und Heucheley kan nicht mit hinein ſchlieffen. Wer will ſitzen in den Ritzen Chriſti, muß in Buſſe ſchwitzen b, und die Pfitzen, ſo ſeine Seele beſchmuͤ- tzen, von ſich ſpuͤtzen. Ein in GOTT verliebter Menſch mag nichts hoͤren von der Welt, er aͤuſſert ſich der menſchlichen Geſellſchafft, Voͤgel ſind noch bey Doͤrffern, und halten ſich offt bey Haͤuſern auf, aber die Turtel-Tauben ruhet im geoͤffneten Hertzen JEſu, und ſin- get:
Mir hier ſtincket, was da blincket, Nach der eytlen Herrlichkeit. Weil ich einſam und gemeinſam, Handle mit der Ewigkeit. Mit GOTT leb ich, an GOTT kleb ich, Jn und auſſert aller Zeit.
Die Geſpraͤch die nicht vom Geiſt JEſu gewuͤrcket ſind, und in de- nen nicht ſeine Gnaden-Mirrhen gerochen wird, ſind einer ſolchen Seel unertraͤglich zu hoͤren, ihr Sehnen geht nur nach JESU! Wie ein Turtel-Taͤublein in einem Geſtraͤuch des Waldes ſein Ehe- Paar ruffet, und ſich lieber zu todt girren will, als von einem an- deren, dann ihrem Geſpaͤnnlein getroͤſtet werden. Gleich alſo ſeuff- tzet eine ſolche Seele nach JEſu, kan ſie ihn nicht haben, ſo will ſie lieber verſchmachten, als von der Welt oder irgend einer Creatur
Troſt
aRom. VIII. 26.
bAct. II. 38.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
leidenlicher als bey angefochtenen Seelen zu ſeyn, die nach ihrem
Heyl wimmeren, das ſind die Gebetter der Glaubigen, die ihre Au-
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Hertzen haben, der die Heiligen nach GOtt vertrittet mit unaus-
ſprechlichem Seuffzen a. Wie dieſe Gnad von den Heyden geruͤh-
met wird, daß ſie ſtets nach JEſu geſeuffzet, als ihrem Seelen-
Braͤutigam, daß ſein Reich kommen. Diß ſehnende Aechtzen nach
JEſu Gegenwart und Vereinigung machet eine lieblichere Melodie
in JEſu Ohren, als die himmliſche Harmonie der Engliſchen Cho-
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§. 10. Solcher Seelen-Zuſtand iſt wohl herrlich und ſeelig, ſie
halten ſich einſam und abgeſchieden, ſie verbergen ſich in die enge
Klippen und Felß-Loͤcher, in Chriſti Wunden, allda ſie Erloͤſung,
Sicherheit und Vergnuͤgen finden, Falſchheit aber und Heucheley
kan nicht mit hinein ſchlieffen. Wer will ſitzen in den Ritzen Chriſti,
muß in Buſſe ſchwitzen b, und die Pfitzen, ſo ſeine Seele beſchmuͤ-
tzen, von ſich ſpuͤtzen. Ein in GOTT verliebter Menſch mag nichts
hoͤren von der Welt, er aͤuſſert ſich der menſchlichen Geſellſchafft,
Voͤgel ſind noch bey Doͤrffern, und halten ſich offt bey Haͤuſern auf,
aber die Turtel-Tauben ruhet im geoͤffneten Hertzen JEſu, und ſin-
get:
Dieſe Tau-
ben halten
ſich mit
Verſchmaͤ-
hung der
Welt an
JEſum.
Mir hier ſtincket, was da blincket,
Nach der eytlen Herrlichkeit.
Weil ich einſam und gemeinſam,
Handle mit der Ewigkeit.
Mit GOTT leb ich, an GOTT kleb ich,
Jn und auſſert aller Zeit.
Die Geſpraͤch die nicht vom Geiſt JEſu gewuͤrcket ſind, und in de-
nen nicht ſeine Gnaden-Mirrhen gerochen wird, ſind einer ſolchen
Seel unertraͤglich zu hoͤren, ihr Sehnen geht nur nach JESU!
Wie ein Turtel-Taͤublein in einem Geſtraͤuch des Waldes ſein Ehe-
Paar ruffet, und ſich lieber zu todt girren will, als von einem an-
deren, dann ihrem Geſpaͤnnlein getroͤſtet werden. Gleich alſo ſeuff-
tzet eine ſolche Seele nach JEſu, kan ſie ihn nicht haben, ſo will ſie
lieber verſchmachten, als von der Welt oder irgend einer Creatur
Troſt
a Rom. VIII. 26.
b Act. II. 38.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/415>, abgerufen am 22.11.2024.
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