Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der geistliche Frühling.
Wachsthum angewendet werden können. JEsus verleihe selbst sei-
nen Gnadenreichen Seegen zu seiner theuren Lehre Amen.

des Tex-
tes.

§. 4. Der Text haltet in sich eine ernst-freundliche Aufmahnung und
holdselige Einladung, welche der Bräutigam mit wichtigen Grün-
den begleitet.

JEsus
heisset sei-
ne Braut
aus dem
Lager sei-
ner Liebe
aufstehen

§. 5. Stehe auf! Was will JEsus darmit anzeigen, stehet es
dann nicht wohl um die Braut? Jst sie nicht an einem überaus see-
ligen freudenreichen Ort, hat sie nicht erst gerühmet, sie sitze unter
dem Schatten dessen sie begehre und seine Frucht seye ihrer Kählen
süsse? Spricht sie nicht annoch seine Lincke liget unter meinem Haupt,
und seine Rechte hertzet mich; Sie ist ja in den Armen ihres Ge-
liebten, was fehlet ihr noch? ist ihr nicht völlig wohl da? Ja JE-
sus beschwöret die Töchteren Jerusalems bey Zebaoth, bey den Kräff-
ten seines Geistes, der über seine Kirchen stäts ein wachend Aug hat,
daß sie seine Freundin, die nunmehro in ihrer Liebes-Ohnmacht an
seiner Brust sanfft eingeschlaffen, nicht aufwecken, biß es ihr selber
gefalle. Warum kommt er jetzt selbst, weckt sie auf und rufft ihr zu:
Stehe auf meine Freundin! Wie? Soll sie dann den Apfelbaum
quittieren und aus der Schooß des Sohns GOttes weggehen?

um sie
noch tief-
fer zum
Eindrin-
gen in seine
Liebe zu
bringen.

§. 6. Nein: Er will ihr darmit nur zu verstehen geben, sie solle an
dem, was sie bißher von seiner Liebe genossen, nicht zu frieden seyn,
sie müsse nicht darin ruhen oder sich lang darbey aufhalten, es seye
noch etwas herrlichers und köstlichers vor sie vorhanden, sie solle de-
rowegen immer tieffer in ihn eindringen, es lige noch ein grosser,
unvergleichlicher Schatz des Reichthums, Weißheit und Heiligung
in seinem Hertzen verborgen, nach welchem der verliebte Braut-Geist
immer fortgraben müsse mit stäts erneuerten Begierden vom H. Geist.
Kein Kayserthum ist so groß, es hat sein Ziel und seine Gräntzen.
Aber o wie tieff und weitläuffig ist das Reich des Gesalbten unsers
GOttes in Zion! was grosse Reisen kan man thun im Hertzen JE-
su! man kan wohl die gantze Welt durchwanderen, aber JEsu lie-
bes Hertz ist unermessen, wer durch den Glauben da hinein kommt
und fortgehet, findt seiner seeligenden und verklärenden Vergnügung
kein End: es gibt da immer frische Seegens- und Lebens-Kräfften zu
entdecken, es kommen dem unersättlichen Hunger nach GOtt allzeit
neue Schätz zur Hand; Dann sehet, obschon die Braut gekostet sei-
ne Liebe und Süßigkeit, da ihr geliebter und verlobter König sie in

den

Der geiſtliche Fruͤhling.
Wachsthum angewendet werden koͤnnen. JEſus verleihe ſelbſt ſei-
nen Gnadenreichen Seegen zu ſeiner theuren Lehre Amen.

des Tex-
tes.

§. 4. Der Text haltet in ſich eine ernſt-freundliche Aufmahnung und
holdſelige Einladung, welche der Braͤutigam mit wichtigen Gruͤn-
den begleitet.

JEſus
heiſſet ſei-
ne Braut
aus dem
Lager ſei-
ner Liebe
aufſtehen

§. 5. Stehe auf! Was will JEſus darmit anzeigen, ſtehet es
dann nicht wohl um die Braut? Jſt ſie nicht an einem uͤberaus ſee-
ligen freudenreichen Ort, hat ſie nicht erſt geruͤhmet, ſie ſitze unter
dem Schatten deſſen ſie begehre und ſeine Frucht ſeye ihrer Kaͤhlen
ſuͤſſe? Spricht ſie nicht annoch ſeine Lincke liget unter meinem Haupt,
und ſeine Rechte hertzet mich; Sie iſt ja in den Armen ihres Ge-
liebten, was fehlet ihr noch? iſt ihr nicht voͤllig wohl da? Ja JE-
ſus beſchwoͤret die Toͤchteren Jeruſalems bey Zebaoth, bey den Kraͤff-
ten ſeines Geiſtes, der uͤber ſeine Kirchen ſtaͤts ein wachend Aug hat,
daß ſie ſeine Freundin, die nunmehro in ihrer Liebes-Ohnmacht an
ſeiner Bruſt ſanfft eingeſchlaffen, nicht aufwecken, biß es ihr ſelber
gefalle. Warum kommt er jetzt ſelbſt, weckt ſie auf und rufft ihr zu:
Stehe auf meine Freundin! Wie? Soll ſie dann den Apfelbaum
quittieren und aus der Schooß des Sohns GOttes weggehen?

um ſie
noch tief-
fer zum
Eindrin-
gen in ſeine
Liebe zu
bringen.

§. 6. Nein: Er will ihr darmit nur zu verſtehen geben, ſie ſolle an
dem, was ſie bißher von ſeiner Liebe genoſſen, nicht zu frieden ſeyn,
ſie muͤſſe nicht darin ruhen oder ſich lang darbey aufhalten, es ſeye
noch etwas herrlichers und koͤſtlichers vor ſie vorhanden, ſie ſolle de-
rowegen immer tieffer in ihn eindringen, es lige noch ein groſſer,
unvergleichlicher Schatz des Reichthums, Weißheit und Heiligung
in ſeinem Hertzen verborgen, nach welchem der verliebte Braut-Geiſt
immer fortgraben muͤſſe mit ſtaͤts erneuerten Begierden vom H. Geiſt.
Kein Kayſerthum iſt ſo groß, es hat ſein Ziel und ſeine Graͤntzen.
Aber o wie tieff und weitlaͤuffig iſt das Reich des Geſalbten unſers
GOttes in Zion! was groſſe Reiſen kan man thun im Hertzen JE-
ſu! man kan wohl die gantze Welt durchwanderen, aber JEſu lie-
bes Hertz iſt unermeſſen, wer durch den Glauben da hinein kommt
und fortgehet, findt ſeiner ſeeligenden und verklaͤrenden Vergnuͤgung
kein End: es gibt da immer friſche Seegens- und Lebens-Kraͤfften zu
entdecken, es kommen dem unerſaͤttlichen Hunger nach GOtt allzeit
neue Schaͤtz zur Hand; Dann ſehet, obſchon die Braut gekoſtet ſei-
ne Liebe und Suͤßigkeit, da ihr geliebter und verlobter Koͤnig ſie in

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0374" n="278"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der gei&#x017F;tliche Fru&#x0364;hling.</hi></fw><lb/>
Wachsthum angewendet werden ko&#x0364;nnen. JE&#x017F;us verleihe &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ei-<lb/>
nen Gnadenreichen Seegen zu &#x017F;einer theuren Lehre Amen.</p><lb/>
          <note place="left">des Tex-<lb/>
tes.</note>
          <p>§. 4. Der Text haltet in &#x017F;ich eine ern&#x017F;t-freundliche Aufmahnung und<lb/>
hold&#x017F;elige Einladung, welche der Bra&#x0364;utigam mit wichtigen Gru&#x0364;n-<lb/>
den begleitet.</p><lb/>
          <note place="left">JE&#x017F;us<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ei-<lb/>
ne Braut<lb/>
aus dem<lb/>
Lager &#x017F;ei-<lb/>
ner Liebe<lb/>
auf&#x017F;tehen</note>
          <p><hi rendition="#i">§. 5.</hi><hi rendition="#fr">Stehe auf!</hi> Was will JE&#x017F;us darmit anzeigen, &#x017F;tehet es<lb/>
dann nicht wohl um die Braut? J&#x017F;t &#x017F;ie nicht an einem u&#x0364;beraus &#x017F;ee-<lb/>
ligen freudenreichen Ort, hat &#x017F;ie nicht er&#x017F;t geru&#x0364;hmet, &#x017F;ie &#x017F;itze unter<lb/>
dem Schatten de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie begehre und &#x017F;eine Frucht &#x017F;eye ihrer Ka&#x0364;hlen<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e? Spricht &#x017F;ie nicht annoch &#x017F;eine Lincke liget unter meinem Haupt,<lb/>
und &#x017F;eine Rechte hertzet mich; Sie i&#x017F;t ja in den Armen ihres Ge-<lb/>
liebten, was fehlet ihr noch? i&#x017F;t ihr nicht vo&#x0364;llig wohl da? Ja JE-<lb/>
&#x017F;us be&#x017F;chwo&#x0364;ret die To&#x0364;chteren Jeru&#x017F;alems bey Zebaoth, bey den Kra&#x0364;ff-<lb/>
ten &#x017F;eines Gei&#x017F;tes, der u&#x0364;ber &#x017F;eine Kirchen &#x017F;ta&#x0364;ts ein wachend Aug hat,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;eine Freundin, die nunmehro in ihrer Liebes-Ohnmacht an<lb/>
&#x017F;einer Bru&#x017F;t &#x017F;anfft einge&#x017F;chlaffen, nicht aufwecken, biß es ihr &#x017F;elber<lb/>
gefalle. Warum kommt er jetzt &#x017F;elb&#x017F;t, weckt &#x017F;ie auf und rufft ihr zu:<lb/>
Stehe auf meine Freundin! Wie? Soll &#x017F;ie dann den Apfelbaum<lb/>
quittieren und aus der Schooß des Sohns GOttes weggehen?</p><lb/>
          <note place="left">um &#x017F;ie<lb/>
noch tief-<lb/>
fer zum<lb/>
Eindrin-<lb/>
gen in &#x017F;eine<lb/>
Liebe zu<lb/>
bringen.</note>
          <p>§. 6. Nein: Er will ihr darmit nur zu ver&#x017F;tehen geben, &#x017F;ie &#x017F;olle an<lb/>
dem, was &#x017F;ie bißher von &#x017F;einer Liebe geno&#x017F;&#x017F;en, nicht zu frieden &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nicht darin ruhen oder &#x017F;ich lang darbey aufhalten, es &#x017F;eye<lb/>
noch etwas herrlichers und ko&#x0364;&#x017F;tlichers vor &#x017F;ie vorhanden, &#x017F;ie &#x017F;olle de-<lb/>
rowegen immer tieffer in ihn eindringen, es lige noch ein gro&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
unvergleichlicher Schatz des Reichthums, Weißheit und Heiligung<lb/>
in &#x017F;einem Hertzen verborgen, nach welchem der verliebte Braut-Gei&#x017F;t<lb/>
immer fortgraben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mit &#x017F;ta&#x0364;ts erneuerten Begierden vom H. Gei&#x017F;t.<lb/>
Kein Kay&#x017F;erthum i&#x017F;t &#x017F;o groß, es hat &#x017F;ein Ziel und &#x017F;eine Gra&#x0364;ntzen.<lb/>
Aber o wie tieff und weitla&#x0364;uffig i&#x017F;t das Reich des Ge&#x017F;albten un&#x017F;ers<lb/>
GOttes in Zion! was gro&#x017F;&#x017F;e Rei&#x017F;en kan man thun im Hertzen JE-<lb/>
&#x017F;u! man kan wohl die gantze Welt durchwanderen, aber JE&#x017F;u lie-<lb/>
bes Hertz i&#x017F;t unerme&#x017F;&#x017F;en, wer durch den Glauben da hinein kommt<lb/>
und fortgehet, findt &#x017F;einer &#x017F;eeligenden und verkla&#x0364;renden Vergnu&#x0364;gung<lb/>
kein End: es gibt da immer fri&#x017F;che Seegens- und Lebens-Kra&#x0364;fften zu<lb/>
entdecken, es kommen dem uner&#x017F;a&#x0364;ttlichen Hunger nach GOtt allzeit<lb/>
neue Scha&#x0364;tz zur Hand; Dann &#x017F;ehet, ob&#x017F;chon die Braut geko&#x017F;tet &#x017F;ei-<lb/>
ne Liebe und Su&#x0364;ßigkeit, da ihr geliebter und verlobter Ko&#x0364;nig &#x017F;ie in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0374] Der geiſtliche Fruͤhling. Wachsthum angewendet werden koͤnnen. JEſus verleihe ſelbſt ſei- nen Gnadenreichen Seegen zu ſeiner theuren Lehre Amen. §. 4. Der Text haltet in ſich eine ernſt-freundliche Aufmahnung und holdſelige Einladung, welche der Braͤutigam mit wichtigen Gruͤn- den begleitet. §. 5. Stehe auf! Was will JEſus darmit anzeigen, ſtehet es dann nicht wohl um die Braut? Jſt ſie nicht an einem uͤberaus ſee- ligen freudenreichen Ort, hat ſie nicht erſt geruͤhmet, ſie ſitze unter dem Schatten deſſen ſie begehre und ſeine Frucht ſeye ihrer Kaͤhlen ſuͤſſe? Spricht ſie nicht annoch ſeine Lincke liget unter meinem Haupt, und ſeine Rechte hertzet mich; Sie iſt ja in den Armen ihres Ge- liebten, was fehlet ihr noch? iſt ihr nicht voͤllig wohl da? Ja JE- ſus beſchwoͤret die Toͤchteren Jeruſalems bey Zebaoth, bey den Kraͤff- ten ſeines Geiſtes, der uͤber ſeine Kirchen ſtaͤts ein wachend Aug hat, daß ſie ſeine Freundin, die nunmehro in ihrer Liebes-Ohnmacht an ſeiner Bruſt ſanfft eingeſchlaffen, nicht aufwecken, biß es ihr ſelber gefalle. Warum kommt er jetzt ſelbſt, weckt ſie auf und rufft ihr zu: Stehe auf meine Freundin! Wie? Soll ſie dann den Apfelbaum quittieren und aus der Schooß des Sohns GOttes weggehen? §. 6. Nein: Er will ihr darmit nur zu verſtehen geben, ſie ſolle an dem, was ſie bißher von ſeiner Liebe genoſſen, nicht zu frieden ſeyn, ſie muͤſſe nicht darin ruhen oder ſich lang darbey aufhalten, es ſeye noch etwas herrlichers und koͤſtlichers vor ſie vorhanden, ſie ſolle de- rowegen immer tieffer in ihn eindringen, es lige noch ein groſſer, unvergleichlicher Schatz des Reichthums, Weißheit und Heiligung in ſeinem Hertzen verborgen, nach welchem der verliebte Braut-Geiſt immer fortgraben muͤſſe mit ſtaͤts erneuerten Begierden vom H. Geiſt. Kein Kayſerthum iſt ſo groß, es hat ſein Ziel und ſeine Graͤntzen. Aber o wie tieff und weitlaͤuffig iſt das Reich des Geſalbten unſers GOttes in Zion! was groſſe Reiſen kan man thun im Hertzen JE- ſu! man kan wohl die gantze Welt durchwanderen, aber JEſu lie- bes Hertz iſt unermeſſen, wer durch den Glauben da hinein kommt und fortgehet, findt ſeiner ſeeligenden und verklaͤrenden Vergnuͤgung kein End: es gibt da immer friſche Seegens- und Lebens-Kraͤfften zu entdecken, es kommen dem unerſaͤttlichen Hunger nach GOtt allzeit neue Schaͤtz zur Hand; Dann ſehet, obſchon die Braut gekoſtet ſei- ne Liebe und Suͤßigkeit, da ihr geliebter und verlobter Koͤnig ſie in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/374
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/374>, abgerufen am 13.05.2024.