und sammleten sich ins innwendige Gebett, und sehnen nach der Of- fenbahrung der Herrlichkeit JEsu Christi, auf Erden; Welches auch nicht ohne gewaltsame Umwendung des Gemüths geschehen, da alle die einfallende Predig-Gedancken abgeleitet werden müßten, um dem einfältigen sanfftruhigen Geist des Gebetts eintzig Platz zu machen; Sehet da muß ich unerwartet aus diesem süssen Wohl aufstehen, hervor tretten, ein Wort der Seeligkeit eueren Hertzen vorzutra- gen. Was mag uns gegenwärtig anständiger seyn, als zu verneh- men, was uns auch die so schön verneuerte Natur jetzt überal leh- ret; Es ist sehr gut unsere Seel zu weyden mit Göttlichen Wahr- heiten, es ist ein köstlich Ding sich fleißig darinn zu üben, dann ein jegliche Seel findet Nahrung darinn nach ihrem Zustand; wie wirs aus unserem Text werden sehen.
§. 2. Ach daß du unser Seelen-Bräutigam uns so ernstlich undWunsch. kräfftig zusprechest, daß deine Stimm unser Jnnerstes durchdringe, und bewege unserm Eigenwillen überall abzusterben, die bestscheinen- desten Ding auf deinen Winck zu verlassen; Ach lasse doch durch die anscheinende Gnaden-Wärme eine so seelige, Aenderung unter den Leuten aufgehen, daß das todte Sardische Winter-Land zum lieblich grünenden, fruchtreichen, Philadelphischen Lust-Geländ werde!
Ach GOTT vom Himmel sieh darein Und laß dich das erbarmen. Wie wenig sind der Heiligen dein Verlassen sind wir Armen Dein Wort laßt man nicht haben wahr Der Glaub ist auch verloschen gar Bey allen Menschenkinderen.
§. 3. Das Hohe Lied Salomons haltet wohl die allertieffsten Ge-Haupt- Jnnhalt des Hohen Liedes und heimnussen und Verborgenheiten des Königreichs der Himmlen in sich, und lehret der H. Geist der Weissagung als das Zeugnuß von JEsu die vornehmsten Begebenheiten, welche sich in denen 7. Zeit- läufften von Christi Himmelfahrt an biß an den Jüngsten Tag zutra- gen sollten; Wir wollen euch aber dißmahlen nichts Prophetisches vorbringen; Sondern nur die einfältigsten Wahrheiten, welche leicht von einer Heilsbegierigen Seel verstanden und zu ihrem Nutzen und
Wachs-
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Der geiſtliche Fruͤhling.
und ſammleten ſich ins innwendige Gebett, und ſehnen nach der Of- fenbahrung der Herrlichkeit JEſu Chriſti, auf Erden; Welches auch nicht ohne gewaltſame Umwendung des Gemuͤths geſchehen, da alle die einfallende Predig-Gedancken abgeleitet werden muͤßten, um dem einfaͤltigen ſanfftruhigen Geiſt des Gebetts eintzig Platz zu machen; Sehet da muß ich unerwartet aus dieſem ſuͤſſen Wohl aufſtehen, hervor tretten, ein Wort der Seeligkeit eueren Hertzen vorzutra- gen. Was mag uns gegenwaͤrtig anſtaͤndiger ſeyn, als zu verneh- men, was uns auch die ſo ſchoͤn verneuerte Natur jetzt uͤberal leh- ret; Es iſt ſehr gut unſere Seel zu weyden mit Goͤttlichen Wahr- heiten, es iſt ein koͤſtlich Ding ſich fleißig darinn zu uͤben, dann ein jegliche Seel findet Nahrung darinn nach ihrem Zuſtand; wie wirs aus unſerem Text werden ſehen.
§. 2. Ach daß du unſer Seelen-Braͤutigam uns ſo ernſtlich undWunſch. kraͤfftig zuſprecheſt, daß deine Stimm unſer Jnnerſtes durchdringe, und bewege unſerm Eigenwillen uͤberall abzuſterben, die beſtſcheinen- deſten Ding auf deinen Winck zu verlaſſen; Ach laſſe doch durch die anſcheinende Gnaden-Waͤrme eine ſo ſeelige, Aenderung unter den Leuten aufgehen, daß das todte Sardiſche Winter-Land zum lieblich gruͤnenden, fruchtreichen, Philadelphiſchen Luſt-Gelaͤnd werde!
Ach GOTT vom Himmel ſieh darein Und laß dich das erbarmen. Wie wenig ſind der Heiligen dein Verlaſſen ſind wir Armen Dein Wort laßt man nicht haben wahr Der Glaub iſt auch verloſchen gar Bey allen Menſchenkinderen.
§. 3. Das Hohe Lied Salomons haltet wohl die allertieffſten Ge-Haupt- Jnnhalt des Hohen Liedes und heimnuſſen und Verborgenheiten des Koͤnigreichs der Himmlen in ſich, und lehret der H. Geiſt der Weiſſagung als das Zeugnuß von JEſu die vornehmſten Begebenheiten, welche ſich in denen 7. Zeit- laͤufften von Chriſti Himmelfahrt an biß an den Juͤngſten Tag zutra- gen ſollten; Wir wollen euch aber dißmahlen nichts Prophetiſches vorbringen; Sondern nur die einfaͤltigſten Wahrheiten, welche leicht von einer Heilsbegierigen Seel verſtanden und zu ihrem Nutzen und
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Der geiſtliche Fruͤhling.
und ſammleten ſich ins innwendige Gebett, und ſehnen nach der Of-
fenbahrung der Herrlichkeit JEſu Chriſti, auf Erden; Welches
auch nicht ohne gewaltſame Umwendung des Gemuͤths geſchehen, da
alle die einfallende Predig-Gedancken abgeleitet werden muͤßten, um
dem einfaͤltigen ſanfftruhigen Geiſt des Gebetts eintzig Platz zu machen;
Sehet da muß ich unerwartet aus dieſem ſuͤſſen Wohl aufſtehen,
hervor tretten, ein Wort der Seeligkeit eueren Hertzen vorzutra-
gen. Was mag uns gegenwaͤrtig anſtaͤndiger ſeyn, als zu verneh-
men, was uns auch die ſo ſchoͤn verneuerte Natur jetzt uͤberal leh-
ret; Es iſt ſehr gut unſere Seel zu weyden mit Goͤttlichen Wahr-
heiten, es iſt ein koͤſtlich Ding ſich fleißig darinn zu uͤben, dann ein
jegliche Seel findet Nahrung darinn nach ihrem Zuſtand; wie wirs
aus unſerem Text werden ſehen.
§. 2. Ach daß du unſer Seelen-Braͤutigam uns ſo ernſtlich und
kraͤfftig zuſprecheſt, daß deine Stimm unſer Jnnerſtes durchdringe,
und bewege unſerm Eigenwillen uͤberall abzuſterben, die beſtſcheinen-
deſten Ding auf deinen Winck zu verlaſſen; Ach laſſe doch durch
die anſcheinende Gnaden-Waͤrme eine ſo ſeelige, Aenderung unter
den Leuten aufgehen, daß das todte Sardiſche Winter-Land zum
lieblich gruͤnenden, fruchtreichen, Philadelphiſchen Luſt-Gelaͤnd
werde!
Wunſch.
Ach GOTT vom Himmel ſieh darein
Und laß dich das erbarmen.
Wie wenig ſind der Heiligen dein
Verlaſſen ſind wir Armen
Dein Wort laßt man nicht haben wahr
Der Glaub iſt auch verloſchen gar
Bey allen Menſchenkinderen.
§. 3. Das Hohe Lied Salomons haltet wohl die allertieffſten Ge-
heimnuſſen und Verborgenheiten des Koͤnigreichs der Himmlen in
ſich, und lehret der H. Geiſt der Weiſſagung als das Zeugnuß von
JEſu die vornehmſten Begebenheiten, welche ſich in denen 7. Zeit-
laͤufften von Chriſti Himmelfahrt an biß an den Juͤngſten Tag zutra-
gen ſollten; Wir wollen euch aber dißmahlen nichts Prophetiſches
vorbringen; Sondern nur die einfaͤltigſten Wahrheiten, welche leicht
von einer Heilsbegierigen Seel verſtanden und zu ihrem Nutzen und
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Jnnhalt
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/373>, abgerufen am 24.11.2024.
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