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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Vorrede.
denheit in sich regieren und floriren. 4. Eine kindliche Einfalt/ da man sich
nicht schämet unter so vielen hochbegabten, scharffsinnigen, Super-feinen, tieff-
gründigen, weltberühmten Geistern oder auch wol hocherleuchteten GOttes-
Männern in der Welt zuerscheinen, eben wie das schlechte Mertzen-Blümlein
und geringe Erdbeer sich wegen der prächtigen Lilien und herrlichen Palmen-Bäu-
men nicht verborgen hält; es thut ihm auch nicht wehe, dieser ihren ausnehmen-
den Preiß mit seinem nidrigen, unansehnlichen Wesen zuvermehren; es hat gnug
Ehre daran, daß es GOttes Geschöpff ist und dessen Rath in etwelchem Grad
dienen kan. Es kan das Veyelein etwas, ihm selbs unwissend, haben, das der
Käysers-Kron und Sonnen-Blume mangelt. Das Aug höret nicht, das Ohr
siehet nicht, und der Finger thut deren keines, gleichwol hat er seine nöthige Ver-
richtung, mit deren er sich ungescheuet hervor thut. 5. Ein freymüthiges Zu-
trauen
zu seinem allergütigsten HErren, seine weise Mildigkeit werde schon etwa
eine Seele finden, die sich daran ergötze, Wärme davon empfahe, Süßigkeit
sauge und zum Lob des Allerhöchsten angefrischet werde; sintemal auch in der Na-
tur ein jedes Ding, auch das, was sonst insgemein widerlich ist, seine Liebhaber
antrifft, denen es wol schmeckt, les gouts sont differents. Eben in der unendlichen
Verschiedenheit der Sachen und Neigungen erkennet man das Wunder-Spiel
der ewigen Weißheit. 6. Eine unbeschämre Kühnheit/ bißweilen etwas von
dem, was erfahrne Knechte Christi aus gnadenreichem Geist geschrieben, einzu-
schalten; Theils weilen es mit meinem Sinn, Geschmack und Erfahrung trefflich
übereinkommt, mithin wo nicht die Worte jedoch die Sache selbs aus dem himm-
lischen Saamen und Gnaden-Thau des H. Geistes in meinem Hertzens-Garten
gewachsen; Wiewolen auch hier und da etwas geschrieben, ohne Vorwissen,
daß andere etwa fast gleiche Gedancken gehabt, so mir erst nachwärts an
die Augen gekommen. Theils aus hertzlicher Liebe zu denjenigen, die nicht ver-
mögend sind dergleichen Bücher zu kauffen und zu lesen; wie denn auch vieles von
meinen Schrifften beynahe oder gar umsonst weggegeben worden, allermassen das
Absehen nur war, Hertzen vor die ewige Schönheit und Liebe zugewinnen, daher ein-
faltige Land-Leute das Meiste davon bekommen haben. 7. Eine ruhige/ selige
Abgeschiedenheit;
da man mit der Vereinigung Christi so beschäfftiget ist, daß
man alles andere darob leichtlich vergißt, nicht anderst, als hätte man nie kein
Wort geredt oder geschrieben; nachdem man sein Scherfflein in GOttes-Ka-
sten, seinen Saamen auf des HErren Acker hingeworffen; nachdem man sein Ho-
nig-Tröpffgen in den Bienen-Korb, seine Gaaben in der Mutter Spaarhafen,
sein Bürdelein in ihre Schoos hingeleget, so belustiget man sich an ihrer vernü-
genden Liebe; also sehnet sich das Hertz allein nach der allerinnigsten Vereini-
gung mit JEsu, worgegen sie alles andere gering achtet. Hier geniesset die Seele

des
)( 3

Vorrede.
denheit in ſich regieren und floriren. 4. Eine kindliche Einfalt/ da man ſich
nicht ſchaͤmet unter ſo vielen hochbegabten, ſcharffſinnigen, Super-feinen, tieff-
gruͤndigen, weltberuͤhmten Geiſtern oder auch wol hocherleuchteten GOttes-
Maͤnnern in der Welt zuerſcheinen, eben wie das ſchlechte Mertzen-Bluͤmlein
und geringe Erdbeer ſich wegen der praͤchtigen Lilien und herrlichen Palmen-Baͤu-
men nicht verborgen haͤlt; es thut ihm auch nicht wehe, dieſer ihren ausnehmen-
den Preiß mit ſeinem nidrigen, unanſehnlichen Weſen zuvermehren; es hat gnug
Ehre daran, daß es GOttes Geſchoͤpff iſt und deſſen Rath in etwelchem Grad
dienen kan. Es kan das Veyelein etwas, ihm ſelbs unwiſſend, haben, das der
Kaͤyſers-Kron und Sonnen-Blume mangelt. Das Aug hoͤret nicht, das Ohr
ſiehet nicht, und der Finger thut deren keines, gleichwol hat er ſeine noͤthige Ver-
richtung, mit deren er ſich ungeſcheuet hervor thut. 5. Ein freymuͤthiges Zu-
trauen
zu ſeinem allerguͤtigſten HErren, ſeine weiſe Mildigkeit werde ſchon etwa
eine Seele finden, die ſich daran ergoͤtze, Waͤrme davon empfahe, Suͤßigkeit
ſauge und zum Lob des Allerhoͤchſten angefriſchet werde; ſintemal auch in der Na-
tur ein jedes Ding, auch das, was ſonſt insgemein widerlich iſt, ſeine Liebhaber
antrifft, denen es wol ſchmeckt, les gouts ſont differents. Eben in der unendlichen
Verſchiedenheit der Sachen und Neigungen erkennet man das Wunder-Spiel
der ewigen Weißheit. 6. Eine unbeſchaͤmre Kuͤhnheit/ bißweilen etwas von
dem, was erfahrne Knechte Chriſti aus gnadenreichem Geiſt geſchrieben, einzu-
ſchalten; Theils weilen es mit meinem Sinn, Geſchmack und Erfahrung trefflich
uͤbereinkommt, mithin wo nicht die Worte jedoch die Sache ſelbs aus dem himm-
liſchen Saamen und Gnaden-Thau des H. Geiſtes in meinem Hertzens-Garten
gewachſen; Wiewolen auch hier und da etwas geſchrieben, ohne Vorwiſſen,
daß andere etwa faſt gleiche Gedancken gehabt, ſo mir erſt nachwaͤrts an
die Augen gekommen. Theils aus hertzlicher Liebe zu denjenigen, die nicht ver-
moͤgend ſind dergleichen Buͤcher zu kauffen und zu leſen; wie denn auch vieles von
meinen Schrifften beynahe oder gar umſonſt weggegeben worden, allermaſſen das
Abſehen nur war, Hertzen vor die ewige Schoͤnheit und Liebe zugewinnen, daher ein-
faltige Land-Leute das Meiſte davon bekommen haben. 7. Eine ruhige/ ſelige
Abgeſchiedenheit;
da man mit der Vereinigung Chriſti ſo beſchaͤfftiget iſt, daß
man alles andere darob leichtlich vergißt, nicht anderſt, als haͤtte man nie kein
Wort geredt oder geſchrieben; nachdem man ſein Scherfflein in GOttes-Ka-
ſten, ſeinen Saamen auf des HErren Acker hingeworffen; nachdem man ſein Ho-
nig-Troͤpffgen in den Bienen-Korb, ſeine Gaaben in der Mutter Spaarhafen,
ſein Buͤrdelein in ihre Schoos hingeleget, ſo beluſtiget man ſich an ihrer vernuͤ-
genden Liebe; alſo ſehnet ſich das Hertz allein nach der allerinnigſten Vereini-
gung mit JEſu, worgegen ſie alles andere gering achtet. Hier genieſſet die Seele

des
)( 3
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[0037] Vorrede. denheit in ſich regieren und floriren. 4. Eine kindliche Einfalt/ da man ſich nicht ſchaͤmet unter ſo vielen hochbegabten, ſcharffſinnigen, Super-feinen, tieff- gruͤndigen, weltberuͤhmten Geiſtern oder auch wol hocherleuchteten GOttes- Maͤnnern in der Welt zuerſcheinen, eben wie das ſchlechte Mertzen-Bluͤmlein und geringe Erdbeer ſich wegen der praͤchtigen Lilien und herrlichen Palmen-Baͤu- men nicht verborgen haͤlt; es thut ihm auch nicht wehe, dieſer ihren ausnehmen- den Preiß mit ſeinem nidrigen, unanſehnlichen Weſen zuvermehren; es hat gnug Ehre daran, daß es GOttes Geſchoͤpff iſt und deſſen Rath in etwelchem Grad dienen kan. Es kan das Veyelein etwas, ihm ſelbs unwiſſend, haben, das der Kaͤyſers-Kron und Sonnen-Blume mangelt. Das Aug hoͤret nicht, das Ohr ſiehet nicht, und der Finger thut deren keines, gleichwol hat er ſeine noͤthige Ver- richtung, mit deren er ſich ungeſcheuet hervor thut. 5. Ein freymuͤthiges Zu- trauen zu ſeinem allerguͤtigſten HErren, ſeine weiſe Mildigkeit werde ſchon etwa eine Seele finden, die ſich daran ergoͤtze, Waͤrme davon empfahe, Suͤßigkeit ſauge und zum Lob des Allerhoͤchſten angefriſchet werde; ſintemal auch in der Na- tur ein jedes Ding, auch das, was ſonſt insgemein widerlich iſt, ſeine Liebhaber antrifft, denen es wol ſchmeckt, les gouts ſont differents. Eben in der unendlichen Verſchiedenheit der Sachen und Neigungen erkennet man das Wunder-Spiel der ewigen Weißheit. 6. Eine unbeſchaͤmre Kuͤhnheit/ bißweilen etwas von dem, was erfahrne Knechte Chriſti aus gnadenreichem Geiſt geſchrieben, einzu- ſchalten; Theils weilen es mit meinem Sinn, Geſchmack und Erfahrung trefflich uͤbereinkommt, mithin wo nicht die Worte jedoch die Sache ſelbs aus dem himm- liſchen Saamen und Gnaden-Thau des H. Geiſtes in meinem Hertzens-Garten gewachſen; Wiewolen auch hier und da etwas geſchrieben, ohne Vorwiſſen, daß andere etwa faſt gleiche Gedancken gehabt, ſo mir erſt nachwaͤrts an die Augen gekommen. Theils aus hertzlicher Liebe zu denjenigen, die nicht ver- moͤgend ſind dergleichen Buͤcher zu kauffen und zu leſen; wie denn auch vieles von meinen Schrifften beynahe oder gar umſonſt weggegeben worden, allermaſſen das Abſehen nur war, Hertzen vor die ewige Schoͤnheit und Liebe zugewinnen, daher ein- faltige Land-Leute das Meiſte davon bekommen haben. 7. Eine ruhige/ ſelige Abgeſchiedenheit; da man mit der Vereinigung Chriſti ſo beſchaͤfftiget iſt, daß man alles andere darob leichtlich vergißt, nicht anderſt, als haͤtte man nie kein Wort geredt oder geſchrieben; nachdem man ſein Scherfflein in GOttes-Ka- ſten, ſeinen Saamen auf des HErren Acker hingeworffen; nachdem man ſein Ho- nig-Troͤpffgen in den Bienen-Korb, ſeine Gaaben in der Mutter Spaarhafen, ſein Buͤrdelein in ihre Schoos hingeleget, ſo beluſtiget man ſich an ihrer vernuͤ- genden Liebe; alſo ſehnet ſich das Hertz allein nach der allerinnigſten Vereini- gung mit JEſu, worgegen ſie alles andere gering achtet. Hier genieſſet die Seele des )( 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/37>, abgerufen am 24.11.2024.