GOttes und Christi Mit-Erb ruhet. Wer seines Nächsten gottsee- lige Wort und Wercke erzehlet, auch in den Stucken, die ihn von denen, so ers erzehlet beschämt und verachtet machen könnten, indem er sol- che Thaten und Tugenden vorbringt, die in ihm noch mit widerwär- tigen Gebrechen zugedeckt sind, oder die er wegen anderen Umstän- den nicht so scheinbarlich üben kan, und dennoch erzehlet er sie nur in dem Sinn, damit GOttes Werck am Nächsten gepriesen werde, derselbe ihme vorgezogen werde, sein eigen Gutes aber, Gaben und Gnaden verschweigt er, der stellt JEsu einen schönen Mayen dar von buntfärbigen, kräfftigen, hertzstärckenden Blumen und Kräu- teren, daraus JEsus einen Krantz flechten und ihme in der neuen Welt aufsetzen wird zu ewiger Zierde a. Wer allen Rachgier und al- les Angedencken der empfangenen Beleidigungen auch aus den Ge- dancken ausstoßt, und keinem Menschen was dergleichen thut, was dieser, jener ihme gethan habe, und also gern vergibt, alles sichtba- re willig vergißt b; Hingegen überall bey jedem Anlaß oder Abgang an Ehre, Geld und Gesundheit mehr auf den geistlichen als weltli- chen Nutzen siehet, und allem groß Vortheil zu schaffen weißt, vor die neue himmlische Geburt die göttliche Wunder und demüthige Wercke Christi lieblich wiederkäuet, der wirfft hinweg, was das Hertz schwächet und dem neuen Leben schädlich ist, und bringt ihm da- vor die gesundeste Nahrung bey, davon er schnell wachset und er- starcket. Wer allen Lastern widerstehet, die Unkeuschheit verab- scheuet, und niemand Böses mit Bösem vergiltet, und vor nichts sorget, als daß das von GOtt geschenckte Gnaden-Leben unverletzt bleibe, der zertrittet die Schlangen und Scorpionen, so um das Kindlein her im Graß schleichen, daß sie ihm keinen Schaden zufü- gen. Wer gegen alles Widerstreben der Natur und Vernunfft ein- mahlen nur allein dem Geist GOttes folgen will, vor seine Feinde flehentlich beym Gnaden-Thron anhaltet, daß sie mit himmlischen Segen möchten beseliget werden c; Auch vor Angefochtene treulich bettet, und in allen Versuchungen beständig zu GOtt fliehet, der umhalset das Kindlein JEsus, schließt es in seine Armen, und er- warmet es in seiner Schooß. Wer nach begangener Sünd in tief- fer Zerknirschung zu GOTT thränet, sich bessert, die Trägheit
überwin-
a 1 Petr. V.
bMatth. XVII.
cAct. VIII. 59.
Das Haus GOTTES,
GOttes und Chriſti Mit-Erb ruhet. Wer ſeines Naͤchſten gottſee- lige Wort und Wercke erzehlet, auch in den Stucken, die ihn von denen, ſo ers erzehlet beſchaͤmt und verachtet machen koͤnnten, indem er ſol- che Thaten und Tugenden vorbringt, die in ihm noch mit widerwaͤr- tigen Gebrechen zugedeckt ſind, oder die er wegen anderen Umſtaͤn- den nicht ſo ſcheinbarlich uͤben kan, und dennoch erzehlet er ſie nur in dem Sinn, damit GOttes Werck am Naͤchſten geprieſen werde, derſelbe ihme vorgezogen werde, ſein eigen Gutes aber, Gaben und Gnaden verſchweigt er, der ſtellt JEſu einen ſchoͤnen Mayen dar von buntfaͤrbigen, kraͤfftigen, hertzſtaͤrckenden Blumen und Kraͤu- teren, daraus JEſus einen Krantz flechten und ihme in der neuen Welt aufſetzen wird zu ewiger Zierde a. Wer allen Rachgier und al- les Angedencken der empfangenen Beleidigungen auch aus den Ge- dancken ausſtoßt, und keinem Menſchen was dergleichen thut, was dieſer, jener ihme gethan habe, und alſo gern vergibt, alles ſichtba- re willig vergißt b; Hingegen uͤberall bey jedem Anlaß oder Abgang an Ehre, Geld und Geſundheit mehr auf den geiſtlichen als weltli- chen Nutzen ſiehet, und allem groß Vortheil zu ſchaffen weißt, vor die neue himmliſche Geburt die goͤttliche Wunder und demuͤthige Wercke Chriſti lieblich wiederkaͤuet, der wirfft hinweg, was das Hertz ſchwaͤchet und dem neuen Leben ſchaͤdlich iſt, und bringt ihm da- vor die geſundeſte Nahrung bey, davon er ſchnell wachſet und er- ſtarcket. Wer allen Laſtern widerſtehet, die Unkeuſchheit verab- ſcheuet, und niemand Boͤſes mit Boͤſem vergiltet, und vor nichts ſorget, als daß das von GOtt geſchenckte Gnaden-Leben unverletzt bleibe, der zertrittet die Schlangen und Scorpionen, ſo um das Kindlein her im Graß ſchleichen, daß ſie ihm keinen Schaden zufuͤ- gen. Wer gegen alles Widerſtreben der Natur und Vernunfft ein- mahlen nur allein dem Geiſt GOttes folgen will, vor ſeine Feinde flehentlich beym Gnaden-Thron anhaltet, daß ſie mit himmliſchen Segen moͤchten beſeliget werden c; Auch vor Angefochtene treulich bettet, und in allen Verſuchungen beſtaͤndig zu GOtt fliehet, der umhalſet das Kindlein JEſus, ſchließt es in ſeine Armen, und er- warmet es in ſeiner Schooß. Wer nach begangener Suͤnd in tief- fer Zerknirſchung zu GOTT thraͤnet, ſich beſſert, die Traͤgheit
uͤberwin-
a 1 Petr. V.
bMatth. XVII.
cAct. VIII. 59.
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Das Haus GOTTES,
GOttes und Chriſti Mit-Erb ruhet. Wer ſeines Naͤchſten gottſee-
lige Wort und Wercke erzehlet, auch in den Stucken, die ihn von denen,
ſo ers erzehlet beſchaͤmt und verachtet machen koͤnnten, indem er ſol-
che Thaten und Tugenden vorbringt, die in ihm noch mit widerwaͤr-
tigen Gebrechen zugedeckt ſind, oder die er wegen anderen Umſtaͤn-
den nicht ſo ſcheinbarlich uͤben kan, und dennoch erzehlet er ſie nur
in dem Sinn, damit GOttes Werck am Naͤchſten geprieſen werde,
derſelbe ihme vorgezogen werde, ſein eigen Gutes aber, Gaben und
Gnaden verſchweigt er, der ſtellt JEſu einen ſchoͤnen Mayen dar
von buntfaͤrbigen, kraͤfftigen, hertzſtaͤrckenden Blumen und Kraͤu-
teren, daraus JEſus einen Krantz flechten und ihme in der neuen
Welt aufſetzen wird zu ewiger Zierde a. Wer allen Rachgier und al-
les Angedencken der empfangenen Beleidigungen auch aus den Ge-
dancken ausſtoßt, und keinem Menſchen was dergleichen thut, was
dieſer, jener ihme gethan habe, und alſo gern vergibt, alles ſichtba-
re willig vergißt b; Hingegen uͤberall bey jedem Anlaß oder Abgang
an Ehre, Geld und Geſundheit mehr auf den geiſtlichen als weltli-
chen Nutzen ſiehet, und allem groß Vortheil zu ſchaffen weißt, vor
die neue himmliſche Geburt die goͤttliche Wunder und demuͤthige
Wercke Chriſti lieblich wiederkaͤuet, der wirfft hinweg, was das
Hertz ſchwaͤchet und dem neuen Leben ſchaͤdlich iſt, und bringt ihm da-
vor die geſundeſte Nahrung bey, davon er ſchnell wachſet und er-
ſtarcket. Wer allen Laſtern widerſtehet, die Unkeuſchheit verab-
ſcheuet, und niemand Boͤſes mit Boͤſem vergiltet, und vor nichts
ſorget, als daß das von GOtt geſchenckte Gnaden-Leben unverletzt
bleibe, der zertrittet die Schlangen und Scorpionen, ſo um das
Kindlein her im Graß ſchleichen, daß ſie ihm keinen Schaden zufuͤ-
gen. Wer gegen alles Widerſtreben der Natur und Vernunfft ein-
mahlen nur allein dem Geiſt GOttes folgen will, vor ſeine Feinde
flehentlich beym Gnaden-Thron anhaltet, daß ſie mit himmliſchen
Segen moͤchten beſeliget werden c; Auch vor Angefochtene treulich
bettet, und in allen Verſuchungen beſtaͤndig zu GOtt fliehet, der
umhalſet das Kindlein JEſus, ſchließt es in ſeine Armen, und er-
warmet es in ſeiner Schooß. Wer nach begangener Suͤnd in tief-
fer Zerknirſchung zu GOTT thraͤnet, ſich beſſert, die Traͤgheit
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a 1 Petr. V.
b Matth. XVII.
c Act. VIII. 59.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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