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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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und die Pforte des Himmels.
GOttes Gedancken nach unserem Hochmuth, und meynen, was
nicht hoch angesehen seye, grossen Ruhm und Geschrey nach sich zie-
he unter den Leuten, das gelte auch nicht vor GOTT a, es ist groß
Elend, daß die Welt erst im Gericht soll weise werden, in welchem
viel grosse Thaten, Predigten, Bücher und Schrifften, die in ei-
genem Geist und Willen gethan und geschrieben worden, wie Stop-
peln werden verbrennen, hingegen manch unscheinbar Werck, dar-
nach sich niemand umgesehen hätte, wird sehr theuer geachtet
seyn in des Richters Augen b; wollen hiemit den Einfältigen zu lieb
fortfahren.

§. 7. Wer den Rath der Gottlosen, den Weg der Sünder, undWird wei-
ter aus
dem was
uns täg-
lich vor-
kommet
gezeiget,
wie man
der neuen
Geburt
pflegen
solle.

der Spötter Bäncke meidet c, ja alle Wundergierichkeit was neues
zu erfahren von fremden Händlen in sich dämpfft, und nicht wissen
will, was man in dieser oder jener Haußhaltung mache, noch wer
dieser, jener Unbekannte seye, sondern im Heiligthum vor alle Men-
schen bittet, der tragt das zarte Kindlein ab dem rauchen, kalten,
gifftigen Nacht-Lufft in die warme Kammer der Gemeinschafft GOt-
tes. Wer ihm alles belieben lasset, ohne Klag, was GOttes Weiß-
heit und Liebe über ihne verhänget, und die widrigste Begegnussen in
ein süß heilig Lob verwandelt, auch grösser Gefallen hat an GOttes
Geheiß, dem nachzuleben, als er Mißfallen hat an des Nächsten
Boßheit, derentwegen von der Liebe nachzulassen; so daß er mit Lust
und ohne einige Einrede es anhören kan, wann andere gar rühmlich
von seinem ärgsten Widersacher sprechen; der singet und klinget mit
den himmlischen Chören den Englischen Gesang das Kind in einen
sanfften Schlaff zu bringen. Wer eines andern Sünd und Unglück
beweinet und heimlich ohne es jemanden zu offenbahren vor GOTT
abbittet, der wäscht dem lieben JEsulein das Angesicht, und salbet
ihn mit lieblichem Balsam. Wer unerbauliche Gespräch unterbricht,
und eitele unnütze Wort zu reden hinderet, auch die immer und im-
mer wieder herbey sausende reitzende Gedancken verstäubt, der
treibet die Fliegen von JEsu Wiegen hinweg. Wer beißige Nach-
reden und häßige Verläumdungen nicht hören mag, sonderbar von
Hauß-Genossen des Glaubens, und allermeist von gesegneten Lehrern,
der jagt den schwartzen Hund aus der Wohnstuben, da der Erb

GOttes
a Matth. VI.
b 1 Cor. III.
c Ps. I. 1.
H h 3

und die Pforte des Himmels.
GOttes Gedancken nach unſerem Hochmuth, und meynen, was
nicht hoch angeſehen ſeye, groſſen Ruhm und Geſchrey nach ſich zie-
he unter den Leuten, das gelte auch nicht vor GOTT a, es iſt groß
Elend, daß die Welt erſt im Gericht ſoll weiſe werden, in welchem
viel groſſe Thaten, Predigten, Buͤcher und Schrifften, die in ei-
genem Geiſt und Willen gethan und geſchrieben worden, wie Stop-
peln werden verbrennen, hingegen manch unſcheinbar Werck, dar-
nach ſich niemand umgeſehen haͤtte, wird ſehr theuer geachtet
ſeyn in des Richters Augen b; wollen hiemit den Einfaͤltigen zu lieb
fortfahren.

§. 7. Wer den Rath der Gottloſen, den Weg der Suͤnder, undWird wei-
ter aus
dem was
uns taͤg-
lich vor-
kommet
gezeiget,
wie man
der neuen
Geburt
pflegen
ſolle.

der Spoͤtter Baͤncke meidet c, ja alle Wundergierichkeit was neues
zu erfahren von fremden Haͤndlen in ſich daͤmpfft, und nicht wiſſen
will, was man in dieſer oder jener Haußhaltung mache, noch wer
dieſer, jener Unbekannte ſeye, ſondern im Heiligthum vor alle Men-
ſchen bittet, der tragt das zarte Kindlein ab dem rauchen, kalten,
gifftigen Nacht-Lufft in die warme Kammer der Gemeinſchafft GOt-
tes. Wer ihm alles belieben laſſet, ohne Klag, was GOttes Weiß-
heit und Liebe uͤber ihne verhaͤnget, und die widrigſte Begegnuſſen in
ein ſuͤß heilig Lob verwandelt, auch groͤſſer Gefallen hat an GOttes
Geheiß, dem nachzuleben, als er Mißfallen hat an des Naͤchſten
Boßheit, derentwegen von der Liebe nachzulaſſen; ſo daß er mit Luſt
und ohne einige Einrede es anhoͤren kan, wann andere gar ruͤhmlich
von ſeinem aͤrgſten Widerſacher ſprechen; der ſinget und klinget mit
den himmliſchen Choͤren den Engliſchen Geſang das Kind in einen
ſanfften Schlaff zu bringen. Wer eines andern Suͤnd und Ungluͤck
beweinet und heimlich ohne es jemanden zu offenbahren vor GOTT
abbittet, der waͤſcht dem lieben JEſulein das Angeſicht, und ſalbet
ihn mit lieblichem Balſam. Wer unerbauliche Geſpraͤch unterbricht,
und eitele unnuͤtze Wort zu reden hinderet, auch die immer und im-
mer wieder herbey ſauſende reitzende Gedancken verſtaͤubt, der
treibet die Fliegen von JEſu Wiegen hinweg. Wer beißige Nach-
reden und haͤßige Verlaͤumdungen nicht hoͤren mag, ſonderbar von
Hauß-Genoſſen des Glaubens, und allermeiſt von geſegneten Lehrern,
der jagt den ſchwartzen Hund aus der Wohnſtuben, da der Erb

GOttes
a Matth. VI.
b 1 Cor. III.
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[245/0341] und die Pforte des Himmels. GOttes Gedancken nach unſerem Hochmuth, und meynen, was nicht hoch angeſehen ſeye, groſſen Ruhm und Geſchrey nach ſich zie- he unter den Leuten, das gelte auch nicht vor GOTT a, es iſt groß Elend, daß die Welt erſt im Gericht ſoll weiſe werden, in welchem viel groſſe Thaten, Predigten, Buͤcher und Schrifften, die in ei- genem Geiſt und Willen gethan und geſchrieben worden, wie Stop- peln werden verbrennen, hingegen manch unſcheinbar Werck, dar- nach ſich niemand umgeſehen haͤtte, wird ſehr theuer geachtet ſeyn in des Richters Augen b; wollen hiemit den Einfaͤltigen zu lieb fortfahren. §. 7. Wer den Rath der Gottloſen, den Weg der Suͤnder, und der Spoͤtter Baͤncke meidet c, ja alle Wundergierichkeit was neues zu erfahren von fremden Haͤndlen in ſich daͤmpfft, und nicht wiſſen will, was man in dieſer oder jener Haußhaltung mache, noch wer dieſer, jener Unbekannte ſeye, ſondern im Heiligthum vor alle Men- ſchen bittet, der tragt das zarte Kindlein ab dem rauchen, kalten, gifftigen Nacht-Lufft in die warme Kammer der Gemeinſchafft GOt- tes. Wer ihm alles belieben laſſet, ohne Klag, was GOttes Weiß- heit und Liebe uͤber ihne verhaͤnget, und die widrigſte Begegnuſſen in ein ſuͤß heilig Lob verwandelt, auch groͤſſer Gefallen hat an GOttes Geheiß, dem nachzuleben, als er Mißfallen hat an des Naͤchſten Boßheit, derentwegen von der Liebe nachzulaſſen; ſo daß er mit Luſt und ohne einige Einrede es anhoͤren kan, wann andere gar ruͤhmlich von ſeinem aͤrgſten Widerſacher ſprechen; der ſinget und klinget mit den himmliſchen Choͤren den Engliſchen Geſang das Kind in einen ſanfften Schlaff zu bringen. Wer eines andern Suͤnd und Ungluͤck beweinet und heimlich ohne es jemanden zu offenbahren vor GOTT abbittet, der waͤſcht dem lieben JEſulein das Angeſicht, und ſalbet ihn mit lieblichem Balſam. Wer unerbauliche Geſpraͤch unterbricht, und eitele unnuͤtze Wort zu reden hinderet, auch die immer und im- mer wieder herbey ſauſende reitzende Gedancken verſtaͤubt, der treibet die Fliegen von JEſu Wiegen hinweg. Wer beißige Nach- reden und haͤßige Verlaͤumdungen nicht hoͤren mag, ſonderbar von Hauß-Genoſſen des Glaubens, und allermeiſt von geſegneten Lehrern, der jagt den ſchwartzen Hund aus der Wohnſtuben, da der Erb GOttes Wird wei- ter aus dem was uns taͤg- lich vor- kommet gezeiget, wie man der neuen Geburt pflegen ſolle. a Matth. VI. b 1 Cor. III. c Pſ. I. 1. H h 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/341>, abgerufen am 13.05.2024.