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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Geistliche Sonnen-Wende
und mit
der Arbeit
stets an-
halten.

§. 16. Wann ein Gold-Minen hundert Klaffter tief ligt, so soll
man nicht meynen, wann man etwan einen halben Schuh tief Herd
ausgeworffen, man sey nun dabey, und hiemit könne man von em-
siger Arbeit ablassen, und das um so viel weniger, weilen neidische
Geister um den Weg seynd, Satan, Welt, und unser eigen Fleisch,
welche alles so bald wieder mit Jrrdischem zufüllen; Und wo ist ein
Bergknapp, wann er nur ein Haar kleines Gold-Aederlin antrifft:
der dann so bald dabey stille sitze, und nicht desto hurtiger fort arbei-
te; Und du hast GOtt noch nicht, dein Freuden-Blicklein ist nur ein
Liechtlein, so du von ferne erblicket; So muß nun dieses: Wender
euch zu mir, und werdet selig/
stets aneinander practicirt werden;
Dann wie dein Hinzuwenden zu GOTT in Christo ist, also wird
auch deine Seeligkeit seyn, stücklich, jucks-weiß, kranck, matt,
oder gantz beständig, starck und überfliessend an Trost, Heyl, ewi-
gem Frieden; deine Seeligkeit misset dir nach der Maas, wie du ih-
ro missest.

Wie dieses
geschehen
solle,

§. 17. Jndessen bleibts doch wahr, daß wer nicht Mund, Augen
und Ohren zuschließt, nicht weit wanderen, sondern bald nach E-
gypten sich umwenden wird, und wer sich nicht von aussen loßreisset,
von allem was ihn in seiner Reise zu GOTT hindert, der wird der
inneren Gefangenschafft seiner Seelen nicht gewahr, seuffzet nicht
nach Erlösung, und erfahret folglich nicht die Seeligkeit der Frey-
heit der Kinderen GOttes; die Perlen des Reichs GOttes und
Bildes JESU Christi wird auch nimmermehr in ihme zu ihrer voll-
kommenen Schöne und Glantz kommen.

können
uns die
Perl-Au-
stern leh-
ren.

§. 18. Von den Perl-Austern schreibet vieles Rochefort im 1 Buch
von denen Antilles Jnseln, und wird angezogen von Erasmo Fran-
cisci in seinem Hanen-Geschrey pag. 1081. so ein schön Gleichnuß
abgibt, ist nur Schad daß sich die Sache nicht also befindet, doch
sind die verglichene Wahrheiten so wohl in der Schrifft als in der
Erfahrung gegründet: Man hat diese Erfindung Plinio und Soli-
no zu dancken, welche vieles von hören Sagen geschrieben, Jsido-
rus kommt der Sach am nächsten, der den Ursprung der Perlen
starckem Donner und vielem Regen zuschreibt, wie in der Perlen-
Predigt zu sehen seyn wird.

Liebe Seel du musts machen wie die Perl-Austern welche bey an-
scheinender Morgen-Röthe oben auf das Wasser schiessen, und sich

alle
Geiſtliche Sonnen-Wende
und mit
der Arbeit
ſtets an-
halten.

§. 16. Wann ein Gold-Minen hundert Klaffter tief ligt, ſo ſoll
man nicht meynen, wann man etwan einen halben Schuh tief Herd
ausgeworffen, man ſey nun dabey, und hiemit koͤnne man von em-
ſiger Arbeit ablaſſen, und das um ſo viel weniger, weilen neidiſche
Geiſter um den Weg ſeynd, Satan, Welt, und unſer eigen Fleiſch,
welche alles ſo bald wieder mit Jrrdiſchem zufuͤllen; Und wo iſt ein
Bergknapp, wann er nur ein Haar kleines Gold-Aederlin antrifft:
der dann ſo bald dabey ſtille ſitze, und nicht deſto hurtiger fort arbei-
te; Und du haſt GOtt noch nicht, dein Freuden-Blicklein iſt nur ein
Liechtlein, ſo du von ferne erblicket; So muß nun dieſes: Wender
euch zu mir, und werdet ſelig/
ſtets aneinander practicirt werden;
Dann wie dein Hinzuwenden zu GOTT in Chriſto iſt, alſo wird
auch deine Seeligkeit ſeyn, ſtuͤcklich, jucks-weiß, kranck, matt,
oder gantz beſtaͤndig, ſtarck und uͤberflieſſend an Troſt, Heyl, ewi-
gem Frieden; deine Seeligkeit miſſet dir nach der Maas, wie du ih-
ro miſſeſt.

Wie dieſes
geſchehen
ſolle,

§. 17. Jndeſſen bleibts doch wahr, daß wer nicht Mund, Augen
und Ohren zuſchließt, nicht weit wanderen, ſondern bald nach E-
gypten ſich umwenden wird, und wer ſich nicht von auſſen loßreiſſet,
von allem was ihn in ſeiner Reiſe zu GOTT hindert, der wird der
inneren Gefangenſchafft ſeiner Seelen nicht gewahr, ſeuffzet nicht
nach Erloͤſung, und erfahret folglich nicht die Seeligkeit der Frey-
heit der Kinderen GOttes; die Perlen des Reichs GOttes und
Bildes JESU Chriſti wird auch nimmermehr in ihme zu ihrer voll-
kommenen Schoͤne und Glantz kommen.

koͤnnen
uns die
Perl-Au-
ſtern leh-
ren.

§. 18. Von den Perl-Auſtern ſchreibet vieles Rochefort im 1 Buch
von denen Antilles Jnſeln, und wird angezogen von Eraſmo Fran-
ciſci in ſeinem Hanen-Geſchrey pag. 1081. ſo ein ſchoͤn Gleichnuß
abgibt, iſt nur Schad daß ſich die Sache nicht alſo befindet, doch
ſind die verglichene Wahrheiten ſo wohl in der Schrifft als in der
Erfahrung gegruͤndet: Man hat dieſe Erfindung Plinio und Soli-
no zu dancken, welche vieles von hoͤren Sagen geſchrieben, Jſido-
rus kommt der Sach am naͤchſten, der den Urſprung der Perlen
ſtarckem Donner und vielem Regen zuſchreibt, wie in der Perlen-
Predigt zu ſehen ſeyn wird.

Liebe Seel du muſts machen wie die Perl-Auſtern welche bey an-
ſcheinender Morgen-Roͤthe oben auf das Waſſer ſchieſſen, und ſich

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[140/0236] Geiſtliche Sonnen-Wende §. 16. Wann ein Gold-Minen hundert Klaffter tief ligt, ſo ſoll man nicht meynen, wann man etwan einen halben Schuh tief Herd ausgeworffen, man ſey nun dabey, und hiemit koͤnne man von em- ſiger Arbeit ablaſſen, und das um ſo viel weniger, weilen neidiſche Geiſter um den Weg ſeynd, Satan, Welt, und unſer eigen Fleiſch, welche alles ſo bald wieder mit Jrrdiſchem zufuͤllen; Und wo iſt ein Bergknapp, wann er nur ein Haar kleines Gold-Aederlin antrifft: der dann ſo bald dabey ſtille ſitze, und nicht deſto hurtiger fort arbei- te; Und du haſt GOtt noch nicht, dein Freuden-Blicklein iſt nur ein Liechtlein, ſo du von ferne erblicket; So muß nun dieſes: Wender euch zu mir, und werdet ſelig/ ſtets aneinander practicirt werden; Dann wie dein Hinzuwenden zu GOTT in Chriſto iſt, alſo wird auch deine Seeligkeit ſeyn, ſtuͤcklich, jucks-weiß, kranck, matt, oder gantz beſtaͤndig, ſtarck und uͤberflieſſend an Troſt, Heyl, ewi- gem Frieden; deine Seeligkeit miſſet dir nach der Maas, wie du ih- ro miſſeſt. §. 17. Jndeſſen bleibts doch wahr, daß wer nicht Mund, Augen und Ohren zuſchließt, nicht weit wanderen, ſondern bald nach E- gypten ſich umwenden wird, und wer ſich nicht von auſſen loßreiſſet, von allem was ihn in ſeiner Reiſe zu GOTT hindert, der wird der inneren Gefangenſchafft ſeiner Seelen nicht gewahr, ſeuffzet nicht nach Erloͤſung, und erfahret folglich nicht die Seeligkeit der Frey- heit der Kinderen GOttes; die Perlen des Reichs GOttes und Bildes JESU Chriſti wird auch nimmermehr in ihme zu ihrer voll- kommenen Schoͤne und Glantz kommen. §. 18. Von den Perl-Auſtern ſchreibet vieles Rochefort im 1 Buch von denen Antilles Jnſeln, und wird angezogen von Eraſmo Fran- ciſci in ſeinem Hanen-Geſchrey pag. 1081. ſo ein ſchoͤn Gleichnuß abgibt, iſt nur Schad daß ſich die Sache nicht alſo befindet, doch ſind die verglichene Wahrheiten ſo wohl in der Schrifft als in der Erfahrung gegruͤndet: Man hat dieſe Erfindung Plinio und Soli- no zu dancken, welche vieles von hoͤren Sagen geſchrieben, Jſido- rus kommt der Sach am naͤchſten, der den Urſprung der Perlen ſtarckem Donner und vielem Regen zuſchreibt, wie in der Perlen- Predigt zu ſehen ſeyn wird. Liebe Seel du muſts machen wie die Perl-Auſtern welche bey an- ſcheinender Morgen-Roͤthe oben auf das Waſſer ſchieſſen, und ſich alle

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/236>, abgerufen am 28.04.2024.