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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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einer glaubigen Seele nach JESU.
sie erkennen, was ein Sünder an ihm habe, und was er für uns ge-
than und gelitten; Man sucht wohl in vielen Dingen Ruhe, find et
sie aber nirgends, als in dem das pur lauter GOtt ist; darum heißt
es: Kehret euer Angesicht mir zu/ und werdet durch und durch
beseeliget.

Wird also hier der Glaub gemeynt, der in die Ruhe einkehret,
findet, isset, den Rock des Heyls anziehet, und eingehet in den Hoch-
zeit-Saal, und mit allen Auserwehlten, Veruffenen und Gerecht-
fertigten ansitzet an Christi Tisch in seinem Gnaden-Reich, unter dem
himmlischen Weinstock und Feigenbaum, damit er ein ewiges Leben
ergreiffe, in sich hinein ziehe, und seiner Heiligkeit theilhafftig wer-
de; Hier empfahet der Bittende, und der Suchende findet/ und
dem wird aufgethan/ der mit Zittern hatte angeklopfft
a.

§. 8. (a) Dieser Glaube nun macht den Menschen gantz muthigDer Glau-
be machet
einen mu-
thig und
starck.

und starck in GOtt, daß er voll Freuden mit David über alle Mau-
ren der Anfechtung und Hindernussen, die ihne von GOtt abhalten
wollen, hinüber springen, und sich nicht mehr zu tod förchten will b,
wann schon der Satan sammt seiner mörderischen und rasenden Rott
hinter ihm stünden c, dann der HErr verwahret ihn/ in seiner Hüt-
ten zur bösen Zeit, er verbirget ihn heimlich in sein Gezellt/ er er-
höhet ihn auf einen Felsen
d.

§. 9. (b) Die Liebe ist auch nicht mehr so sorgsam und forchtsam;Die Liebe
ruhig
und zu-
frieden,

Dann man kan öffters etwas hefftig lieben, davor man doch nicht
versicheret ist, ob es einem jemahls werde zu Theil werden, wobey
die Pein grösser ist, je höher man ein Ding schätzet: Allein die Liebe
zu Creatürlichen Dingen, nimmt offt ab bey deren Besitz, so daß
die Natur allezeit dasjenige mehr liebet, was sie nicht hat, als das
so sie hat, weilen sie in diesem so viel unvollkommenes und gebrechliches
findet, welches sie in dem so sie verlanget, nicht zu seyn vermeynet: Hin-
gegen nimmt die Liebe zu GOtt immer zu, von einer Ewigkeit zur anderen,
und macht die Seel schon in diesem Leben gantz ruhig und zufrieden,
dann sie nimmt alles, auch die allerschmertzhaffteste Ruthen, auch den al-
lerbittersten Wermuth an, als ein Liebes-Zeichen vom Vatter, welche er
gebraucht ihre Verderbnuß auszujagen e, und sie von dem Koth der Sün-
den, und insonderheit von dem Hochmuth zu reinigen f; Ja dancket

GOtt,
a Matth. VII. 8.
b Psalm. XVIII. 30. Jes. VII. 4.
c Eph. VI. 10-18.
d Psalm. XXVI. 3. 5.
e Hebr. XII. 5. 11.
f Psalm. CXIX. 75.
O 2

einer glaubigen Seele nach JESU.
ſie erkennen, was ein Suͤnder an ihm habe, und was er fuͤr uns ge-
than und gelitten; Man ſucht wohl in vielen Dingen Ruhe, find et
ſie aber nirgends, als in dem das pur lauter GOtt iſt; darum heißt
es: Kehret euer Angeſicht mir zu/ und werdet durch und durch
beſeeliget.

Wird alſo hier der Glaub gemeynt, der in die Ruhe einkehret,
findet, iſſet, den Rock des Heyls anziehet, und eingehet in den Hoch-
zeit-Saal, und mit allen Auserwehlten, Veruffenen und Gerecht-
fertigten anſitzet an Chriſti Tiſch in ſeinem Gnaden-Reich, unter dem
himmliſchen Weinſtock und Feigenbaum, damit er ein ewiges Leben
ergreiffe, in ſich hinein ziehe, und ſeiner Heiligkeit theilhafftig wer-
de; Hier empfahet der Bittende, und der Suchende findet/ und
dem wird aufgethan/ der mit Zittern hatte angeklopfft
a.

§. 8. (a) Dieſer Glaube nun macht den Menſchen gantz muthigDer Glau-
be machet
einen mu-
thig und
ſtarck.

und ſtarck in GOtt, daß er voll Freuden mit David uͤber alle Mau-
ren der Anfechtung und Hindernuſſen, die ihne von GOtt abhalten
wollen, hinuͤber ſpringen, und ſich nicht mehr zu tod foͤrchten will b,
wann ſchon der Satan ſammt ſeiner moͤrderiſchen und raſenden Rott
hinter ihm ſtuͤnden c, dann der HErr verwahret ihn/ in ſeiner Huͤt-
ten zur boͤſen Zeit, er verbirget ihn heimlich in ſein Gezellt/ er er-
hoͤhet ihn auf einen Felſen
d.

§. 9. (b) Die Liebe iſt auch nicht mehr ſo ſorgſam und forchtſam;Die Liebe
ruhig
und zu-
frieden,

Dann man kan oͤffters etwas hefftig lieben, davor man doch nicht
verſicheret iſt, ob es einem jemahls werde zu Theil werden, wobey
die Pein groͤſſer iſt, je hoͤher man ein Ding ſchaͤtzet: Allein die Liebe
zu Creatuͤrlichen Dingen, nimmt offt ab bey deren Beſitz, ſo daß
die Natur allezeit dasjenige mehr liebet, was ſie nicht hat, als das
ſo ſie hat, weilen ſie in dieſem ſo viel unvollkommenes und gebrechliches
findet, welches ſie in dem ſo ſie verlanget, nicht zu ſeyn vermeynet: Hin-
gegen nim̃t die Liebe zu GOtt im̃er zu, von einer Ewigkeit zur anderen,
und macht die Seel ſchon in dieſem Leben gantz ruhig und zufrieden,
dann ſie nimmt alles, auch die allerſchmertzhaffteſte Ruthen, auch den al-
lerbitterſten Wermuth an, als ein Liebes-Zeichen vom Vatter, welche er
gebraucht ihre Verderbnuß auszujagen e, und ſie von dem Koth der Suͤn-
den, und inſonderheit von dem Hochmuth zu reinigen f; Ja dancket

GOtt,
a Matth. VII. 8.
b Pſalm. XVIII. 30. Jeſ. VII. 4.
c Eph. VI. 10-18.
d Pſalm. XXVI. 3. 5.
e Hebr. XII. 5. 11.
f Pſalm. CXIX. 75.
O 2
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[107/0203] einer glaubigen Seele nach JESU. ſie erkennen, was ein Suͤnder an ihm habe, und was er fuͤr uns ge- than und gelitten; Man ſucht wohl in vielen Dingen Ruhe, find et ſie aber nirgends, als in dem das pur lauter GOtt iſt; darum heißt es: Kehret euer Angeſicht mir zu/ und werdet durch und durch beſeeliget. Wird alſo hier der Glaub gemeynt, der in die Ruhe einkehret, findet, iſſet, den Rock des Heyls anziehet, und eingehet in den Hoch- zeit-Saal, und mit allen Auserwehlten, Veruffenen und Gerecht- fertigten anſitzet an Chriſti Tiſch in ſeinem Gnaden-Reich, unter dem himmliſchen Weinſtock und Feigenbaum, damit er ein ewiges Leben ergreiffe, in ſich hinein ziehe, und ſeiner Heiligkeit theilhafftig wer- de; Hier empfahet der Bittende, und der Suchende findet/ und dem wird aufgethan/ der mit Zittern hatte angeklopfft a. §. 8. (a) Dieſer Glaube nun macht den Menſchen gantz muthig und ſtarck in GOtt, daß er voll Freuden mit David uͤber alle Mau- ren der Anfechtung und Hindernuſſen, die ihne von GOtt abhalten wollen, hinuͤber ſpringen, und ſich nicht mehr zu tod foͤrchten will b, wann ſchon der Satan ſammt ſeiner moͤrderiſchen und raſenden Rott hinter ihm ſtuͤnden c, dann der HErr verwahret ihn/ in ſeiner Huͤt- ten zur boͤſen Zeit, er verbirget ihn heimlich in ſein Gezellt/ er er- hoͤhet ihn auf einen Felſen d. Der Glau- be machet einen mu- thig und ſtarck. §. 9. (b) Die Liebe iſt auch nicht mehr ſo ſorgſam und forchtſam; Dann man kan oͤffters etwas hefftig lieben, davor man doch nicht verſicheret iſt, ob es einem jemahls werde zu Theil werden, wobey die Pein groͤſſer iſt, je hoͤher man ein Ding ſchaͤtzet: Allein die Liebe zu Creatuͤrlichen Dingen, nimmt offt ab bey deren Beſitz, ſo daß die Natur allezeit dasjenige mehr liebet, was ſie nicht hat, als das ſo ſie hat, weilen ſie in dieſem ſo viel unvollkommenes und gebrechliches findet, welches ſie in dem ſo ſie verlanget, nicht zu ſeyn vermeynet: Hin- gegen nim̃t die Liebe zu GOtt im̃er zu, von einer Ewigkeit zur anderen, und macht die Seel ſchon in dieſem Leben gantz ruhig und zufrieden, dann ſie nimmt alles, auch die allerſchmertzhaffteſte Ruthen, auch den al- lerbitterſten Wermuth an, als ein Liebes-Zeichen vom Vatter, welche er gebraucht ihre Verderbnuß auszujagen e, und ſie von dem Koth der Suͤn- den, und inſonderheit von dem Hochmuth zu reinigen f; Ja dancket GOtt, Die Liebe ruhig und zu- frieden, a Matth. VII. 8. b Pſalm. XVIII. 30. Jeſ. VII. 4. c Eph. VI. 10-18. d Pſalm. XXVI. 3. 5. e Hebr. XII. 5. 11. f Pſalm. CXIX. 75. O 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/203>, abgerufen am 28.04.2024.