Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

mit seiner Braut der Kirche.
Ehrfurcht wird nicht die klare Erscheinung JESU Christi inspiri-
ren, wann auch Johannes sein Schoos-Jünger zu seinen Füssen
niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme gesagt: HErr
gehe von mir aus dann ich bin ein sündiger Mensch b. Nichts de-
müthiget den Menschen so gewaltig als die Erkanntniß Christi, wir
fühlen den starcken Geist, o JESU! der deine grosse Liebe preißt,
in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel.
Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine
schlechte Mad. Wie anständig ists, daß man seine geistliche
Schönheit auch nicht spiegle, sondern vielmehr mit bescheidener Scham-
hafftigkeit verberge so gut und so lang man kan.

§. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jsaac alle Sachen die er ausgerichtetSo viel
wird man
zu erzehlen
haben

hätte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles
zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Göttliche Tractamen-
ten seyn werden, und immer schönere und schönere Aufheiterungen
ausgebähren sollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei-
nige Erzehlungen von Bernerischen Religions-Geschichten dergestalt
verfinsteret, daß sich der Einfluß des Gnaden-Liechts gestecket, und
ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie subtil sind doch die
Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht stöhrt die Welt mit ihrem
Geplauder! also daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer
vorgezogen wird. Es muß eine sanffte, anbey strenge Eingekehrt-
heit in GOTT bleiben, wo man wünschet, daß der Brunn des Le-
bendigen fort und fort unbetrübet fliesse: Gleichwohl seye GOTT
gelobet auch vor diese Demüthigung; Ach HERR JESU ich weiß
nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin
ich so gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebewesen mich
anscheine, oder daß du mich todten Hund gebrauchest, einen einigen
Menschen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch
so leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menschliche Ur-
theile bewegen lasse zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und
Vertheidigung meiner vermeinten Unschuld.

§. 24. v. 67. Da führte sie Jsaac in die Hütte seiner Mutter Sarab, undvon der
Einfüh-
rung der
Braut
JEsu.

nahm die Rebecca, und sie ward sein Weib und hatte sie lieb. Also ward
Jsaac getröstet nach seiner Mutter. Jsaac führte die Rebecca in die be-

sondere
a Apoc. I. 17.
b Luc. V.
Y y y y y y y 3

mit ſeiner Braut der Kirche.
Ehrfurcht wird nicht die klare Erſcheinung JESU Chriſti inſpiri-
ren, wann auch Johannes ſein Schoos-Juͤnger zu ſeinen Fuͤſſen
niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme geſagt: HErr
gehe von mir aus dann ich bin ein ſuͤndiger Menſch b. Nichts de-
muͤthiget den Menſchen ſo gewaltig als die Erkanntniß Chriſti, wir
fuͤhlen den ſtarcken Geiſt, o JESU! der deine groſſe Liebe preißt,
in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel.
Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine
ſchlechte Mad. Wie anſtaͤndig iſts, daß man ſeine geiſtliche
Schoͤnheit auch nicht ſpiegle, ſondern vielmehr mit beſcheidener Scham-
hafftigkeit verberge ſo gut und ſo lang man kan.

§. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jſaac alle Sachen die er ausgerichtetSo viel
wird man
zu erzehlen
haben

haͤtte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles
zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Goͤttliche Tractamen-
ten ſeyn werden, und immer ſchoͤnere und ſchoͤnere Aufheiterungen
ausgebaͤhren ſollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei-
nige Erzehlungen von Berneriſchen Religions-Geſchichten dergeſtalt
verfinſteret, daß ſich der Einfluß des Gnaden-Liechts geſtecket, und
ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie ſubtil ſind doch die
Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht ſtoͤhrt die Welt mit ihrem
Geplauder! alſo daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer
vorgezogen wird. Es muß eine ſanffte, anbey ſtrenge Eingekehrt-
heit in GOTT bleiben, wo man wuͤnſchet, daß der Brunn des Le-
bendigen fort und fort unbetruͤbet flieſſe: Gleichwohl ſeye GOTT
gelobet auch vor dieſe Demuͤthigung; Ach HERR JESU ich weiß
nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin
ich ſo gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebeweſen mich
anſcheine, oder daß du mich todten Hund gebraucheſt, einen einigen
Menſchen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch
ſo leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menſchliche Ur-
theile bewegen laſſe zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und
Vertheidigung meiner vermeinten Unſchuld.

§. 24. v. 67. Da fuͤhrte ſie Jſaac in die Huͤtte ſeiner Mutter Sarab, undvon der
Einfuͤh-
rung der
Braut
JEſu.

nahm die Rebecca, und ſie ward ſein Weib und hatte ſie lieb. Alſo ward
Jſaac getroͤſtet nach ſeiner Mutter. Jſaac fuͤhrte die Rebecca in die be-

ſondere
a Apoc. I. 17.
b Luc. V.
Y y y y y y y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1373" n="1277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">mit &#x017F;einer Braut der Kirche.</hi></fw><lb/>
Ehrfurcht wird nicht die klare Er&#x017F;cheinung JESU Chri&#x017F;ti in&#x017F;piri-<lb/>
ren, wann auch Johannes &#x017F;ein Schoos-Ju&#x0364;nger zu &#x017F;einen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
niedergefallen als ein Todter <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Apoc. I.</hi> 17.</note>, und Petrus zu ihme ge&#x017F;agt: HErr<lb/>
gehe von mir aus dann ich bin ein &#x017F;u&#x0364;ndiger Men&#x017F;ch <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Luc. V.</hi></note>. Nichts de-<lb/>
mu&#x0364;thiget den Men&#x017F;chen &#x017F;o gewaltig als die Erkanntniß Chri&#x017F;ti, wir<lb/>
fu&#x0364;hlen den &#x017F;tarcken Gei&#x017F;t, o JESU! der deine gro&#x017F;&#x017F;e Liebe preißt,<lb/>
in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel.<lb/>
Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine<lb/>
&#x017F;chlechte Mad. Wie an&#x017F;ta&#x0364;ndig i&#x017F;ts, daß man &#x017F;eine gei&#x017F;tliche<lb/>
Scho&#x0364;nheit auch nicht &#x017F;piegle, &#x017F;ondern vielmehr mit be&#x017F;cheidener Scham-<lb/>
hafftigkeit verberge &#x017F;o gut und &#x017F;o lang man kan.</p><lb/>
          <p>§. 23. v. 66. <hi rendition="#fr">Und der Knecht erzeblete J&#x017F;aac alle Sachen die er ausgerichtet</hi><note place="right">So viel<lb/>
wird man<lb/>
zu erzehlen<lb/>
haben</note><lb/><hi rendition="#fr">ha&#x0364;tte.</hi> Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles<lb/>
zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Go&#x0364;ttliche Tractamen-<lb/>
ten &#x017F;eyn werden, und immer &#x017F;cho&#x0364;nere und &#x017F;cho&#x0364;nere Aufheiterungen<lb/>
ausgeba&#x0364;hren &#x017F;ollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei-<lb/>
nige Erzehlungen von Berneri&#x017F;chen Religions-Ge&#x017F;chichten derge&#x017F;talt<lb/>
verfin&#x017F;teret, daß &#x017F;ich der Einfluß des Gnaden-Liechts ge&#x017F;tecket, und<lb/>
ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie &#x017F;ubtil &#x017F;ind doch die<lb/>
Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht &#x017F;to&#x0364;hrt die Welt mit ihrem<lb/>
Geplauder! al&#x017F;o daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer<lb/>
vorgezogen wird. Es muß eine &#x017F;anffte, anbey &#x017F;trenge Eingekehrt-<lb/>
heit in GOTT bleiben, wo man wu&#x0364;n&#x017F;chet, daß der Brunn des Le-<lb/>
bendigen fort und fort unbetru&#x0364;bet flie&#x017F;&#x017F;e: Gleichwohl &#x017F;eye GOTT<lb/>
gelobet auch vor die&#x017F;e Demu&#x0364;thigung; Ach HERR JESU ich weiß<lb/>
nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin<lb/>
ich &#x017F;o gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebewe&#x017F;en mich<lb/>
an&#x017F;cheine, oder daß du mich todten Hund gebrauche&#x017F;t, einen einigen<lb/>
Men&#x017F;chen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch<lb/>
&#x017F;o leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und men&#x017F;chliche Ur-<lb/>
theile bewegen la&#x017F;&#x017F;e zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und<lb/>
Vertheidigung meiner vermeinten Un&#x017F;chuld.</p><lb/>
          <p>§. 24. v. 67. <hi rendition="#fr">Da fu&#x0364;hrte &#x017F;ie J&#x017F;aac in die Hu&#x0364;tte &#x017F;einer Mutter Sarab, und</hi><note place="right">von der<lb/>
Einfu&#x0364;h-<lb/>
rung der<lb/>
Braut<lb/>
JE&#x017F;u.</note><lb/><hi rendition="#fr">nahm die Rebecca, und &#x017F;ie ward &#x017F;ein Weib und hatte &#x017F;ie lieb. Al&#x017F;o ward<lb/>
J&#x017F;aac getro&#x0364;&#x017F;tet nach &#x017F;einer Mutter. J&#x017F;aac fu&#x0364;hrte die Rebecca in die be-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y y y y y y 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;ondere</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1277/1373] mit ſeiner Braut der Kirche. Ehrfurcht wird nicht die klare Erſcheinung JESU Chriſti inſpiri- ren, wann auch Johannes ſein Schoos-Juͤnger zu ſeinen Fuͤſſen niedergefallen als ein Todter a, und Petrus zu ihme geſagt: HErr gehe von mir aus dann ich bin ein ſuͤndiger Menſch b. Nichts de- muͤthiget den Menſchen ſo gewaltig als die Erkanntniß Chriſti, wir fuͤhlen den ſtarcken Geiſt, o JESU! der deine groſſe Liebe preißt, in reiner Klarheit ohne Mackel, als eine goldene Wahrheits-Fackel. Mein Heyland, hier kan ich mich recht erkennen, daß ich bin eine ſchlechte Mad. Wie anſtaͤndig iſts, daß man ſeine geiſtliche Schoͤnheit auch nicht ſpiegle, ſondern vielmehr mit beſcheidener Scham- hafftigkeit verberge ſo gut und ſo lang man kan. §. 23. v. 66. Und der Knecht erzeblete Jſaac alle Sachen die er ausgerichtet haͤtte. Jm Paradieß werden die Seelige einander auch wohl vieles zu erzehlen haben; welche Erzehlungen lauter Goͤttliche Tractamen- ten ſeyn werden, und immer ſchoͤnere und ſchoͤnere Aufheiterungen ausgebaͤhren ſollen: nicht wie mir eben grad jetz begegnet, da mich ei- nige Erzehlungen von Berneriſchen Religions-Geſchichten dergeſtalt verfinſteret, daß ſich der Einfluß des Gnaden-Liechts geſtecket, und ich im Schreiben nicht fortkommen kan: O wie ſubtil ſind doch die Mittheilungen der Ewigkeit! wie leicht ſtoͤhrt die Welt mit ihrem Geplauder! alſo daß dem Seelen-Aug ein Umhang oder Schleyer vorgezogen wird. Es muß eine ſanffte, anbey ſtrenge Eingekehrt- heit in GOTT bleiben, wo man wuͤnſchet, daß der Brunn des Le- bendigen fort und fort unbetruͤbet flieſſe: Gleichwohl ſeye GOTT gelobet auch vor dieſe Demuͤthigung; Ach HERR JESU ich weiß nichts und bin ein gantz tummes Vieh vor dir! Ach HERR wie bin ich ſo gar nicht werth, daß ein Straal von deinem Liebeweſen mich anſcheine, oder daß du mich todten Hund gebraucheſt, einen einigen Menſchen durch Wort oder Schrifft zu erbauen; daß ich mich noch ſo leichtlich durch die Dinge des Erdbodens und menſchliche Ur- theile bewegen laſſe zu innerlicher Widerrede meines Hertzens und Vertheidigung meiner vermeinten Unſchuld. So viel wird man zu erzehlen haben §. 24. v. 67. Da fuͤhrte ſie Jſaac in die Huͤtte ſeiner Mutter Sarab, und nahm die Rebecca, und ſie ward ſein Weib und hatte ſie lieb. Alſo ward Jſaac getroͤſtet nach ſeiner Mutter. Jſaac fuͤhrte die Rebecca in die be- ſondere von der Einfuͤh- rung der Braut JEſu. a Apoc. I. 17. b Luc. V. Y y y y y y y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1373
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1373>, abgerufen am 20.05.2024.