Weilen es sich aber mit uns und mit der Kirchen zum Abend nei- get, so sollen wir um GOttes willen unsere Seeligkeit in der Ver- bindung mit Christo nicht weiter hinaus schieben, und nicht länger auf grosse allgemeine Haupt-Veränderungen harren: allermeist weil JESUS annoch auf uns wartet, daß wir ihm als eine Braut möchten beygeführt werden; Wie Jsaac der Rebecca gewartet hat auf dem Feld, und zwar mit Gebet und Fleben: So haltet bey uns auch Christus an mit Gebet, daß wir ihm möchten aufthun unsere Hertzen: Thue mir auf Schwester, liebe Braut, Cant. 5. und wir denn durch dieses Oeffnen als durch ein glaubiges Ja-Wort mit ihm im Glauben möchten vermählet werden. Hos. 2. Und o wie gut ists sich bey Zeiten auf die Reise zu begeben zu JESU zu gehen; dann ob- wohl Rebecca nicht einen Augenblick verzogen, so kame sie dennoch zu Jsaac erst gegen Abend, und hiemit spat: Also gehets auch lang zu, ehe wir als eine Braut Christo können zugeführt werden, dann wir werden zu erst nur Kinder in der Gnad, aus Kindern müssen wir dann werden Jünglinge, und erst hernach werden wir tüchtig und vollkommen Christo als seine Braut zugeführt zu werden, wel- ches Wachsthum gehet biß an den Abend unsers Lebens.
§. 21. v. 64. Und Rebecca hub ihre Augen auf, und sahe den Jsaac: daDie Seele muß ihre Glau- bens-Au- gen alle- zeit auf JESUM richten. fiel sie vom Kameel.
Rebecca hub ihre Augen auf und sahe den Jsaac: Also muß die Seele ihre Glaubens- und Liebes-Kräfften immer aufs neue durch GOttes Geist erwecken lassen um JESUM zu sehen, ach welch ein Gesicht wird das seyn, den allerheiligsten, getreuesten Seelen-Bräutigam das erste mahl persöhnlich zu sehen; demnach ists nicht genug daß meine Augen über JESUM offen seyen, seine Augen müssen auch über mich offen seyn; ja er muß der erste seyn mich in Liebes-Begier- de anzuschauen mit weinenden Augen aus brünstiger Erbarmung, wie über Jerusalem: Ja er muß mir zuvor kommen mit vielfältigem Segen, mit geläutertem Gold, weissen Kleidern und Augen-Sal- ben; in mir neue Augen schaffen: Diese aber muß ich denn zumah- len auch gebrauchen, damit ich JESUM kenne, wie ich von JE- SU erkannt bin a, und ihn sehen wie er mich siehet: wo man aus ei-
nem
a 1 Cor. XIII. 12.
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mit ſeiner Braut der Kirche.
Weilen es ſich aber mit uns und mit der Kirchen zum Abend nei- get, ſo ſollen wir um GOttes willen unſere Seeligkeit in der Ver- bindung mit Chriſto nicht weiter hinaus ſchieben, und nicht laͤnger auf groſſe allgemeine Haupt-Veraͤnderungen harren: allermeiſt weil JESUS annoch auf uns wartet, daß wir ihm als eine Braut moͤchten beygefuͤhrt werden; Wie Jſaac der Rebecca gewartet hat auf dem Feld, und zwar mit Gebet und Fleben: So haltet bey uns auch Chriſtus an mit Gebet, daß wir ihm moͤchten aufthun unſere Hertzen: Thue mir auf Schweſter, liebe Braut, Cant. 5. und wir denn durch dieſes Oeffnen als durch ein glaubiges Ja-Wort mit ihm im Glauben moͤchten vermaͤhlet werden. Hoſ. 2. Und o wie gut iſts ſich bey Zeiten auf die Reiſe zu begeben zu JESU zu gehen; dann ob- wohl Rebecca nicht einen Augenblick verzogen, ſo kame ſie dennoch zu Jſaac erſt gegen Abend, und hiemit ſpat: Alſo gehets auch lang zu, ehe wir als eine Braut Chriſto koͤnnen zugefuͤhrt werden, dann wir werden zu erſt nur Kinder in der Gnad, aus Kindern muͤſſen wir dann werden Juͤnglinge, und erſt hernach werden wir tuͤchtig und vollkommen Chriſto als ſeine Braut zugefuͤhrt zu werden, wel- ches Wachsthum gehet biß an den Abend unſers Lebens.
§. 21. v. 64. Und Rebecca hub ihre Augen auf, und ſahe den Jſaac: daDie Seele muß ihre Glau- bens-Au- gen alle- zeit auf JESUM richten. fiel ſie vom Kameel.
Rebecca hub ihre Augen auf und ſahe den Jſaac: Alſo muß die Seele ihre Glaubens- und Liebes-Kraͤfften immer aufs neue durch GOttes Geiſt erwecken laſſen um JESUM zu ſehen, ach welch ein Geſicht wird das ſeyn, den allerheiligſten, getreueſten Seelen-Braͤutigam das erſte mahl perſoͤhnlich zu ſehen; demnach iſts nicht genug daß meine Augen uͤber JESUM offen ſeyen, ſeine Augen muͤſſen auch uͤber mich offen ſeyn; ja er muß der erſte ſeyn mich in Liebes-Begier- de anzuſchauen mit weinenden Augen aus bruͤnſtiger Erbarmung, wie uͤber Jeruſalem: Ja er muß mir zuvor kommen mit vielfaͤltigem Segen, mit gelaͤutertem Gold, weiſſen Kleidern und Augen-Sal- ben; in mir neue Augen ſchaffen: Dieſe aber muß ich denn zumah- len auch gebrauchen, damit ich JESUM kenne, wie ich von JE- SU erkannt bin a, und ihn ſehen wie er mich ſiehet: wo man aus ei-
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a 1 Cor. XIII. 12.
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mit ſeiner Braut der Kirche.
Weilen es ſich aber mit uns und mit der Kirchen zum Abend nei-
get, ſo ſollen wir um GOttes willen unſere Seeligkeit in der Ver-
bindung mit Chriſto nicht weiter hinaus ſchieben, und nicht laͤnger
auf groſſe allgemeine Haupt-Veraͤnderungen harren: allermeiſt
weil JESUS annoch auf uns wartet, daß wir ihm als eine Braut
moͤchten beygefuͤhrt werden; Wie Jſaac der Rebecca gewartet hat auf
dem Feld, und zwar mit Gebet und Fleben: So haltet bey uns auch
Chriſtus an mit Gebet, daß wir ihm moͤchten aufthun unſere Hertzen:
Thue mir auf Schweſter, liebe Braut, Cant. 5. und wir denn
durch dieſes Oeffnen als durch ein glaubiges Ja-Wort mit ihm im
Glauben moͤchten vermaͤhlet werden. Hoſ. 2. Und o wie gut iſts ſich
bey Zeiten auf die Reiſe zu begeben zu JESU zu gehen; dann ob-
wohl Rebecca nicht einen Augenblick verzogen, ſo kame ſie dennoch
zu Jſaac erſt gegen Abend, und hiemit ſpat: Alſo gehets auch lang
zu, ehe wir als eine Braut Chriſto koͤnnen zugefuͤhrt werden, dann
wir werden zu erſt nur Kinder in der Gnad, aus Kindern muͤſſen
wir dann werden Juͤnglinge, und erſt hernach werden wir tuͤchtig
und vollkommen Chriſto als ſeine Braut zugefuͤhrt zu werden, wel-
ches Wachsthum gehet biß an den Abend unſers Lebens.
§. 21. v. 64. Und Rebecca hub ihre Augen auf, und ſahe den Jſaac: da
fiel ſie vom Kameel.
Die Seele
muß ihre
Glau-
bens-Au-
gen alle-
zeit auf
JESUM
richten.
Rebecca hub ihre Augen auf und ſahe den Jſaac: Alſo muß die Seele
ihre Glaubens- und Liebes-Kraͤfften immer aufs neue durch GOttes
Geiſt erwecken laſſen um JESUM zu ſehen, ach welch ein Geſicht
wird das ſeyn, den allerheiligſten, getreueſten Seelen-Braͤutigam
das erſte mahl perſoͤhnlich zu ſehen; demnach iſts nicht genug daß
meine Augen uͤber JESUM offen ſeyen, ſeine Augen muͤſſen auch
uͤber mich offen ſeyn; ja er muß der erſte ſeyn mich in Liebes-Begier-
de anzuſchauen mit weinenden Augen aus bruͤnſtiger Erbarmung,
wie uͤber Jeruſalem: Ja er muß mir zuvor kommen mit vielfaͤltigem
Segen, mit gelaͤutertem Gold, weiſſen Kleidern und Augen-Sal-
ben; in mir neue Augen ſchaffen: Dieſe aber muß ich denn zumah-
len auch gebrauchen, damit ich JESUM kenne, wie ich von JE-
SU erkannt bin a, und ihn ſehen wie er mich ſiehet: wo man aus ei-
nem
a 1 Cor. XIII. 12.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1371>, abgerufen am 22.11.2024.
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