ruckhalten vom Heil. Geist. Lebten also Jsaac und Rebecca in so süsser hertzlicher, heiliger Liebe wie unschuldige Kinderlein mit einan- der; Sie ware das Weib seiner Jugend, (so er in seinem blühenden Alter genommen, und mit stätiger neuer Liebe ansahe und liebete) lieblich wie eine Hindin, und holdselig wie ein Rehe, er ließ sich ih- re Liebe allezeit sättigen, und ergötzte sich allweg in ihrer Liebe a.
Jhrer bey- der Glück- seeligkeit zeigt, daß sie ihren Trost in GOTT gesucht.
§. 7. Daß sie aber beyde die Haupt-Quelle alles ihres Trostes in GOTT gesucht und genossen, erhellet aus dem, daß sie so viele und lange Jahre in frischer Gesundheit beysammen sind erhalten worden; Dann obschon GOTT wohl etwa auch Welt-Leuten ihre natürliche Tugenden, Treue, Liebe, friedsames Wesen mit langem Leben belohnet; unangesehen sie sich in ihrem eigenen Wein bezechen, der sie doch nur erfreuen, sättigen und lebhafft machen sollte; also daß sie bey ihrer ehelichen Liebe deß Hauß-GOttesdiensts ziemlich vergessen; wenig in Heil. Schrifft lesen, auch schlechtlich beten: Darum wie ihre Tugend ist, so ist auch dero Vergeltung, zeitlich, vergänglich, Summa sie haben ihren Lohn dahin.
Aber dergleichen Lauigkeit und Versenckung deß Hertzens in fleisch- lichem, menschlichem Trost lässet GOTT denen nicht, nach deren sehr grosser Lohn er selbst in Ewigkeit seyn will, sondern entruckt eins dem andern durch den Tod, damit sie lernen obsich gedencken, und um den Heil. Geist den rechten Tröster ernstlich flehen: Darum han- delt GOTT hierinn eben wie ein frommer weiser Vatter, wann der siehet daß sein Kind ein Rehe oder Lämmlein oder Taube, ein Eich- hörnlein, Vögelein oder artiges Schooß-Hündlein zu Hauß hat, welches er ihme wohl zu bißweiliger Erquickung gegönnet, das Kind aber will nur immer mit denselben spielen, vergisset darüber der Schulen und Büchern; O so schaffet er das Spielwerck ab, da- mit das Kind seine Gedancken auf bessere und nöthigere Sachen wende.
Und wie theuer hat nicht Jacob den übermäßigen Trost und Freude, so er an Joseph gehabt, müssen büssen, in dem er über 23. Jahr lang mit dem gräßlichen Bilde gequälet worden, Joseph seye durch seines eigenen Vatters Schuld, der ihne so alleine ins Wilde hineingeschickt, von einem grimmigen Thier jämmerlich zer- rissen worden; das ware GOttes Wunder, daß er nicht vor Kum-
mer
aProv. V. 19.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
ruckhalten vom Heil. Geiſt. Lebten alſo Jſaac und Rebecca in ſo ſuͤſſer hertzlicher, heiliger Liebe wie unſchuldige Kinderlein mit einan- der; Sie ware das Weib ſeiner Jugend, (ſo er in ſeinem bluͤhenden Alter genommen, und mit ſtaͤtiger neuer Liebe anſahe und liebete) lieblich wie eine Hindin, und holdſelig wie ein Rehe, er ließ ſich ih- re Liebe allezeit ſaͤttigen, und ergoͤtzte ſich allweg in ihrer Liebe a.
Jhrer bey- der Gluͤck- ſeeligkeit zeigt, daß ſie ihren Troſt in GOTT geſucht.
§. 7. Daß ſie aber beyde die Haupt-Quelle alles ihres Troſtes in GOTT geſucht und genoſſen, erhellet aus dem, daß ſie ſo viele und lange Jahre in friſcher Geſundheit beyſammen ſind erhalten worden; Dann obſchon GOTT wohl etwa auch Welt-Leuten ihre natuͤrliche Tugenden, Treue, Liebe, friedſames Weſen mit langem Leben belohnet; unangeſehen ſie ſich in ihrem eigenen Wein bezechen, der ſie doch nur erfreuen, ſaͤttigen und lebhafft machen ſollte; alſo daß ſie bey ihrer ehelichen Liebe deß Hauß-GOttesdienſts ziemlich vergeſſen; wenig in Heil. Schrifft leſen, auch ſchlechtlich beten: Darum wie ihre Tugend iſt, ſo iſt auch dero Vergeltung, zeitlich, vergaͤnglich, Summa ſie haben ihren Lohn dahin.
Aber dergleichen Lauigkeit und Verſenckung deß Hertzens in fleiſch- lichem, menſchlichem Troſt laͤſſet GOTT denen nicht, nach deren ſehr groſſer Lohn er ſelbſt in Ewigkeit ſeyn will, ſondern entruckt eins dem andern durch den Tod, damit ſie lernen obſich gedencken, und um den Heil. Geiſt den rechten Troͤſter ernſtlich flehen: Darum han- delt GOTT hierinn eben wie ein frommer weiſer Vatter, wann der ſiehet daß ſein Kind ein Rehe oder Laͤmmlein oder Taube, ein Eich- hoͤrnlein, Voͤgelein oder artiges Schooß-Huͤndlein zu Hauß hat, welches er ihme wohl zu bißweiliger Erquickung gegoͤnnet, das Kind aber will nur immer mit denſelben ſpielen, vergiſſet daruͤber der Schulen und Buͤchern; O ſo ſchaffet er das Spielwerck ab, da- mit das Kind ſeine Gedancken auf beſſere und noͤthigere Sachen wende.
Und wie theuer hat nicht Jacob den uͤbermaͤßigen Troſt und Freude, ſo er an Joſeph gehabt, muͤſſen buͤſſen, in dem er uͤber 23. Jahr lang mit dem graͤßlichen Bilde gequaͤlet worden, Joſeph ſeye durch ſeines eigenen Vatters Schuld, der ihne ſo alleine ins Wilde hineingeſchickt, von einem grimmigen Thier jaͤmmerlich zer- riſſen worden; das ware GOttes Wunder, daß er nicht vor Kum-
mer
aProv. V. 19.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1278"n="1182"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu</hi></fw><lb/>
ruckhalten vom Heil. Geiſt. Lebten alſo Jſaac und Rebecca in ſo<lb/>ſuͤſſer hertzlicher, heiliger Liebe wie unſchuldige Kinderlein mit einan-<lb/>
der; Sie ware das Weib ſeiner Jugend, (ſo er in ſeinem bluͤhenden<lb/>
Alter genommen, und mit ſtaͤtiger neuer Liebe anſahe und liebete)<lb/>
lieblich wie eine Hindin, und holdſelig wie ein Rehe, er ließ ſich ih-<lb/>
re Liebe allezeit ſaͤttigen, und ergoͤtzte ſich allweg in ihrer Liebe <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Prov. V.</hi> 19.</note>.</p><lb/><noteplace="left">Jhrer bey-<lb/>
der Gluͤck-<lb/>ſeeligkeit<lb/>
zeigt, daß<lb/>ſie ihren<lb/>
Troſt in<lb/>
GOTT<lb/>
geſucht.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 7. Daß ſie aber beyde die Haupt-Quelle alles ihres Troſtes in<lb/>
GOTT geſucht und genoſſen, erhellet aus dem, daß ſie ſo viele<lb/>
und lange Jahre in friſcher Geſundheit beyſammen ſind erhalten<lb/>
worden; Dann obſchon GOTT wohl etwa auch Welt-Leuten ihre<lb/>
natuͤrliche Tugenden, Treue, Liebe, friedſames Weſen mit langem<lb/>
Leben belohnet; unangeſehen ſie ſich in ihrem eigenen Wein bezechen,<lb/>
der ſie doch nur erfreuen, ſaͤttigen und lebhafft machen ſollte; alſo<lb/>
daß ſie bey ihrer ehelichen Liebe deß Hauß-GOttesdienſts ziemlich<lb/>
vergeſſen; wenig in Heil. Schrifft leſen, auch ſchlechtlich beten:<lb/>
Darum wie ihre Tugend iſt, ſo iſt auch dero Vergeltung, zeitlich,<lb/>
vergaͤnglich, Summa ſie haben ihren Lohn dahin.</p><lb/><p>Aber dergleichen Lauigkeit und Verſenckung deß Hertzens in fleiſch-<lb/>
lichem, menſchlichem Troſt laͤſſet GOTT denen nicht, nach deren ſehr<lb/>
groſſer Lohn er ſelbſt in Ewigkeit ſeyn will, ſondern entruckt eins dem<lb/>
andern durch den Tod, damit ſie lernen obſich gedencken, und um<lb/>
den Heil. Geiſt den rechten Troͤſter ernſtlich flehen: Darum han-<lb/>
delt GOTT hierinn eben wie ein frommer weiſer Vatter, wann der<lb/>ſiehet daß ſein Kind ein Rehe oder Laͤmmlein oder Taube, ein Eich-<lb/>
hoͤrnlein, Voͤgelein oder artiges Schooß-Huͤndlein zu Hauß hat,<lb/>
welches er ihme wohl zu bißweiliger Erquickung gegoͤnnet, das Kind<lb/>
aber will nur immer mit denſelben ſpielen, vergiſſet daruͤber der<lb/>
Schulen und Buͤchern; O ſo ſchaffet er das Spielwerck ab, da-<lb/>
mit das Kind ſeine Gedancken auf beſſere und noͤthigere Sachen<lb/>
wende.</p><lb/><p>Und wie theuer hat nicht Jacob den uͤbermaͤßigen Troſt und<lb/>
Freude, ſo er an Joſeph gehabt, muͤſſen buͤſſen, in dem er uͤber<lb/>
23. Jahr lang mit dem graͤßlichen Bilde gequaͤlet worden, Joſeph<lb/>ſeye durch ſeines eigenen Vatters Schuld, der ihne ſo alleine ins<lb/>
Wilde hineingeſchickt, von einem grimmigen Thier jaͤmmerlich zer-<lb/>
riſſen worden; das ware GOttes Wunder, daß er nicht vor Kum-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mer</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1182/1278]
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
ruckhalten vom Heil. Geiſt. Lebten alſo Jſaac und Rebecca in ſo
ſuͤſſer hertzlicher, heiliger Liebe wie unſchuldige Kinderlein mit einan-
der; Sie ware das Weib ſeiner Jugend, (ſo er in ſeinem bluͤhenden
Alter genommen, und mit ſtaͤtiger neuer Liebe anſahe und liebete)
lieblich wie eine Hindin, und holdſelig wie ein Rehe, er ließ ſich ih-
re Liebe allezeit ſaͤttigen, und ergoͤtzte ſich allweg in ihrer Liebe a.
§. 7. Daß ſie aber beyde die Haupt-Quelle alles ihres Troſtes in
GOTT geſucht und genoſſen, erhellet aus dem, daß ſie ſo viele
und lange Jahre in friſcher Geſundheit beyſammen ſind erhalten
worden; Dann obſchon GOTT wohl etwa auch Welt-Leuten ihre
natuͤrliche Tugenden, Treue, Liebe, friedſames Weſen mit langem
Leben belohnet; unangeſehen ſie ſich in ihrem eigenen Wein bezechen,
der ſie doch nur erfreuen, ſaͤttigen und lebhafft machen ſollte; alſo
daß ſie bey ihrer ehelichen Liebe deß Hauß-GOttesdienſts ziemlich
vergeſſen; wenig in Heil. Schrifft leſen, auch ſchlechtlich beten:
Darum wie ihre Tugend iſt, ſo iſt auch dero Vergeltung, zeitlich,
vergaͤnglich, Summa ſie haben ihren Lohn dahin.
Aber dergleichen Lauigkeit und Verſenckung deß Hertzens in fleiſch-
lichem, menſchlichem Troſt laͤſſet GOTT denen nicht, nach deren ſehr
groſſer Lohn er ſelbſt in Ewigkeit ſeyn will, ſondern entruckt eins dem
andern durch den Tod, damit ſie lernen obſich gedencken, und um
den Heil. Geiſt den rechten Troͤſter ernſtlich flehen: Darum han-
delt GOTT hierinn eben wie ein frommer weiſer Vatter, wann der
ſiehet daß ſein Kind ein Rehe oder Laͤmmlein oder Taube, ein Eich-
hoͤrnlein, Voͤgelein oder artiges Schooß-Huͤndlein zu Hauß hat,
welches er ihme wohl zu bißweiliger Erquickung gegoͤnnet, das Kind
aber will nur immer mit denſelben ſpielen, vergiſſet daruͤber der
Schulen und Buͤchern; O ſo ſchaffet er das Spielwerck ab, da-
mit das Kind ſeine Gedancken auf beſſere und noͤthigere Sachen
wende.
Und wie theuer hat nicht Jacob den uͤbermaͤßigen Troſt und
Freude, ſo er an Joſeph gehabt, muͤſſen buͤſſen, in dem er uͤber
23. Jahr lang mit dem graͤßlichen Bilde gequaͤlet worden, Joſeph
ſeye durch ſeines eigenen Vatters Schuld, der ihne ſo alleine ins
Wilde hineingeſchickt, von einem grimmigen Thier jaͤmmerlich zer-
riſſen worden; das ware GOttes Wunder, daß er nicht vor Kum-
mer
a Prov. V. 19.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1278>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.