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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Lebens-Mahlzeit.
beschlossen; daß sein Sohn den Thoren und Albern ihr Prophet und
ihr Weißheit seye, den Sündern und Ubelthäteren ihr Hohenprie-
ster und ihre Gerechtigkeit, den armen, nackenden, krancken und
unreinen Sclaven und Kriegs-Gefangenen ihr König und ihre Hei-
ligung und Erlösung seye. Schließlich ist JEsus Amts und Beruffs
halben verpflichtet, sich elender, GOtt-begieriger Seelen so viel
anzunehmen als ein GOtt-Mensch vermag, und es der dürfftige
Sünder vonnöthen hat, damit kein bußfertiger, erschrockener, und
seines sündlichen Verderbens überdrüßiger Mensch ab JEsu einiger
massen zu klagen habe, als wann er sein Amt nicht wohl versehe,
und in allen Treuen ausrichte, was der Vatter haben will; mithin
ist der Unglaub die allerabscheulichste Sünd, allermassen er JEsum
schändet und anklagt, als wann er entweder zu dem hohen, herrli-
chen Mittler-Amt nicht vollkommen tüchtig wäre und helffen könnte,
oder als wann er GOtt seinem Vatter, nun er erhöhet ist zu seiner
Rechten, ungehorsam und untreu wäre: Ach ihr armen geängstete
Hertzen! JEsus mußte sein Mittler-Amt aufgeben, dazu er gleich-
wol von Ewigkeit her bestimmet und aller daran hangenden Herr-
lichkeiten aufkünden, womit er in seiner allerheiligsten Menschheit,
als der vollkommen gemachte Hohenpriester und allein Sig-reiche
König gesalbet und gecrönet worden; Ja er mußte den Jhme vom
Vatter versprochenen Lied-Lohn, (den er als der eigentlich allein
getreue Knecht GOttes empfahen solte, nach dem er seine Seele
zum Schuld-Opffer wurde gegeben und biß an den Feyrabend aus
allen Kräfften gearbeitet haben am Werck der Erlösung) gering
schätzen, wo er auch nur eine der allerärmsten, und allerunreinsten
Seelen hinausstossen und wegwerffen wolte;

§. 5. Es scheint zwar JEsus habe ein gar schlechten Lohn und soobschon
es schei-
net als
wann
JEsus
wenig
Ehr an
der Erlö-
sung des
Sünders
erhohlet
habe;

schwerer Arbeit, Angst und Schmertzen schier nicht werth gewesen,
daß der unschuldige Sohn GOttes um so schlimmer Leuten willen
so unaussprechliche Pein und Schmach über sich nehme; ja es scheint,
er habe wenig Ehre von uns vor seine allertieffste Erniedrigung, daß
er ein Lehrer, Liecht und Sonne seyn solle, aber für wen? für
blinde, finstere, eigensinnige Narren; Ein Fürsprech und Beystand
sehr übel im Himmel angeschriebener und berüchtigter Missethätern,
daß den heiligen GOtt billich verdriessen solte nur an sie zu gedencken;

Frey-
R r r r r r 3

Lebens-Mahlzeit.
beſchloſſen; daß ſein Sohn den Thoren und Albern ihr Prophet und
ihr Weißheit ſeye, den Suͤndern und Ubelthaͤteren ihr Hohenprie-
ſter und ihre Gerechtigkeit, den armen, nackenden, krancken und
unreinen Sclaven und Kriegs-Gefangenen ihr Koͤnig und ihre Hei-
ligung und Erloͤſung ſeye. Schließlich iſt JEſus Amts und Beruffs
halben verpflichtet, ſich elender, GOtt-begieriger Seelen ſo viel
anzunehmen als ein GOtt-Menſch vermag, und es der duͤrfftige
Suͤnder vonnoͤthen hat, damit kein bußfertiger, erſchrockener, und
ſeines ſuͤndlichen Verderbens uͤberdruͤßiger Menſch ab JEſu einiger
maſſen zu klagen habe, als wann er ſein Amt nicht wohl verſehe,
und in allen Treuen ausrichte, was der Vatter haben will; mithin
iſt der Unglaub die allerabſcheulichſte Suͤnd, allermaſſen er JEſum
ſchaͤndet und anklagt, als wann er entweder zu dem hohen, herrli-
chen Mittler-Amt nicht vollkommen tuͤchtig waͤre und helffen koͤnnte,
oder als wann er GOtt ſeinem Vatter, nun er erhoͤhet iſt zu ſeiner
Rechten, ungehorſam und untreu waͤre: Ach ihr armen geaͤngſtete
Hertzen! JEſus mußte ſein Mittler-Amt aufgeben, dazu er gleich-
wol von Ewigkeit her beſtimmet und aller daran hangenden Herr-
lichkeiten aufkuͤnden, womit er in ſeiner allerheiligſten Menſchheit,
als der vollkommen gemachte Hohenprieſter und allein Sig-reiche
Koͤnig geſalbet und gecroͤnet worden; Ja er mußte den Jhme vom
Vatter verſprochenen Lied-Lohn, (den er als der eigentlich allein
getreue Knecht GOttes empfahen ſolte, nach dem er ſeine Seele
zum Schuld-Opffer wurde gegeben und biß an den Feyrabend aus
allen Kraͤfften gearbeitet haben am Werck der Erloͤſung) gering
ſchaͤtzen, wo er auch nur eine der alleraͤrmſten, und allerunreinſten
Seelen hinausſtoſſen und wegwerffen wolte;

§. 5. Es ſcheint zwar JEſus habe ein gar ſchlechten Lohn und ſoobſchon
es ſchei-
net als
wann
JEſus
wenig
Ehr an
der Erloͤ-
ſung des
Suͤnders
erhohlet
habe;

ſchwerer Arbeit, Angſt und Schmertzen ſchier nicht werth geweſen,
daß der unſchuldige Sohn GOttes um ſo ſchlimmer Leuten willen
ſo unausſprechliche Pein und Schmach uͤber ſich nehme; ja es ſcheint,
er habe wenig Ehre von uns vor ſeine allertieffſte Erniedrigung, daß
er ein Lehrer, Liecht und Sonne ſeyn ſolle, aber fuͤr wen? fuͤr
blinde, finſtere, eigenſinnige Narren; Ein Fuͤrſprech und Beyſtand
ſehr uͤbel im Himmel angeſchriebener und beruͤchtigter Miſſethaͤtern,
daß den heiligen GOtt billich verdrieſſen ſolte nur an ſie zu gedencken;

Frey-
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[1053/1149] Lebens-Mahlzeit. beſchloſſen; daß ſein Sohn den Thoren und Albern ihr Prophet und ihr Weißheit ſeye, den Suͤndern und Ubelthaͤteren ihr Hohenprie- ſter und ihre Gerechtigkeit, den armen, nackenden, krancken und unreinen Sclaven und Kriegs-Gefangenen ihr Koͤnig und ihre Hei- ligung und Erloͤſung ſeye. Schließlich iſt JEſus Amts und Beruffs halben verpflichtet, ſich elender, GOtt-begieriger Seelen ſo viel anzunehmen als ein GOtt-Menſch vermag, und es der duͤrfftige Suͤnder vonnoͤthen hat, damit kein bußfertiger, erſchrockener, und ſeines ſuͤndlichen Verderbens uͤberdruͤßiger Menſch ab JEſu einiger maſſen zu klagen habe, als wann er ſein Amt nicht wohl verſehe, und in allen Treuen ausrichte, was der Vatter haben will; mithin iſt der Unglaub die allerabſcheulichſte Suͤnd, allermaſſen er JEſum ſchaͤndet und anklagt, als wann er entweder zu dem hohen, herrli- chen Mittler-Amt nicht vollkommen tuͤchtig waͤre und helffen koͤnnte, oder als wann er GOtt ſeinem Vatter, nun er erhoͤhet iſt zu ſeiner Rechten, ungehorſam und untreu waͤre: Ach ihr armen geaͤngſtete Hertzen! JEſus mußte ſein Mittler-Amt aufgeben, dazu er gleich- wol von Ewigkeit her beſtimmet und aller daran hangenden Herr- lichkeiten aufkuͤnden, womit er in ſeiner allerheiligſten Menſchheit, als der vollkommen gemachte Hohenprieſter und allein Sig-reiche Koͤnig geſalbet und gecroͤnet worden; Ja er mußte den Jhme vom Vatter verſprochenen Lied-Lohn, (den er als der eigentlich allein getreue Knecht GOttes empfahen ſolte, nach dem er ſeine Seele zum Schuld-Opffer wurde gegeben und biß an den Feyrabend aus allen Kraͤfften gearbeitet haben am Werck der Erloͤſung) gering ſchaͤtzen, wo er auch nur eine der alleraͤrmſten, und allerunreinſten Seelen hinausſtoſſen und wegwerffen wolte; §. 5. Es ſcheint zwar JEſus habe ein gar ſchlechten Lohn und ſo ſchwerer Arbeit, Angſt und Schmertzen ſchier nicht werth geweſen, daß der unſchuldige Sohn GOttes um ſo ſchlimmer Leuten willen ſo unausſprechliche Pein und Schmach uͤber ſich nehme; ja es ſcheint, er habe wenig Ehre von uns vor ſeine allertieffſte Erniedrigung, daß er ein Lehrer, Liecht und Sonne ſeyn ſolle, aber fuͤr wen? fuͤr blinde, finſtere, eigenſinnige Narren; Ein Fuͤrſprech und Beyſtand ſehr uͤbel im Himmel angeſchriebener und beruͤchtigter Miſſethaͤtern, daß den heiligen GOtt billich verdrieſſen ſolte nur an ſie zu gedencken; Frey- obſchon es ſchei- net als wann JEſus wenig Ehr an der Erloͤ- ſung des Suͤnders erhohlet habe; R r r r r r 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1053. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1149>, abgerufen am 13.06.2024.