Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.bediene, ist er auch schon angezündet. Denn er stammt aus dem Munde einer Person, die zu meinen liebsten, und deren Begegnung mit mir zu meinen merkwürdigsten Erinnerungen gehört. Zu einem meiner Weihnachts-Ausflüge vor vielen Jahren wählte ich nämlich eine Gegend im südlichen Theil des Landes, nicht weil sie mir anmuthiger als eine andere erschienen wäre, -- die Jahreszeit gleicht solche Unterschiede aus -- sondern um vielleicht meinem fürstlichen Gebieter einen großen Dienst leisten zu können. Es befand sich dort in der Nähe eines Gebirgsdorfes ein Herrenhaus, welches einer Freifrau von Börte gehörte und von ihr ununterbrochen bewohnt wurde, und in diesem Schlosse ein Bild, welches mein Fürst, weil es aus französischer Schule war, aus der er am liebsten sammelte, gar zu gerne besessen hätte, wie er einst in meiner Gegenwart äußerte, wenn nur an die wunderliche Frau heranzukommen gewesen wäre, geschweige denn, daß man ihr ein Angebot hätte machen können auf einen Gegenstand, von dem man wußte, daß sie ihn zu ihren unveräußerlichen Besitzthümern zählte. Fest, aber tief verschwiegen faßte ich den Vorsatz, einen Versuch zu machen. Dadurch bekam die Art von unwissenschaftlicher Naturforschung, zu der ich jährlich den Weihnachtsurlaub benützte, einen abenteuerlichen Beigeschmack, der jedoch mein Reisebehagen weder durch Furcht noch durch Hoffnung störte. Zu letzterer war kein Grund vorhanden, und da Niemand um mein Vor- bediene, ist er auch schon angezündet. Denn er stammt aus dem Munde einer Person, die zu meinen liebsten, und deren Begegnung mit mir zu meinen merkwürdigsten Erinnerungen gehört. Zu einem meiner Weihnachts-Ausflüge vor vielen Jahren wählte ich nämlich eine Gegend im südlichen Theil des Landes, nicht weil sie mir anmuthiger als eine andere erschienen wäre, — die Jahreszeit gleicht solche Unterschiede aus — sondern um vielleicht meinem fürstlichen Gebieter einen großen Dienst leisten zu können. Es befand sich dort in der Nähe eines Gebirgsdorfes ein Herrenhaus, welches einer Freifrau von Börte gehörte und von ihr ununterbrochen bewohnt wurde, und in diesem Schlosse ein Bild, welches mein Fürst, weil es aus französischer Schule war, aus der er am liebsten sammelte, gar zu gerne besessen hätte, wie er einst in meiner Gegenwart äußerte, wenn nur an die wunderliche Frau heranzukommen gewesen wäre, geschweige denn, daß man ihr ein Angebot hätte machen können auf einen Gegenstand, von dem man wußte, daß sie ihn zu ihren unveräußerlichen Besitzthümern zählte. Fest, aber tief verschwiegen faßte ich den Vorsatz, einen Versuch zu machen. Dadurch bekam die Art von unwissenschaftlicher Naturforschung, zu der ich jährlich den Weihnachtsurlaub benützte, einen abenteuerlichen Beigeschmack, der jedoch mein Reisebehagen weder durch Furcht noch durch Hoffnung störte. Zu letzterer war kein Grund vorhanden, und da Niemand um mein Vor- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0009"/> bediene, ist er auch schon angezündet. Denn er stammt aus dem Munde einer Person, die zu meinen liebsten, und deren Begegnung mit mir zu meinen merkwürdigsten Erinnerungen gehört.</p><lb/> <p>Zu einem meiner Weihnachts-Ausflüge vor vielen Jahren wählte ich nämlich eine Gegend im südlichen Theil des Landes, nicht weil sie mir anmuthiger als eine andere erschienen wäre, — die Jahreszeit gleicht solche Unterschiede aus — sondern um vielleicht meinem fürstlichen Gebieter einen großen Dienst leisten zu können. Es befand sich dort in der Nähe eines Gebirgsdorfes ein Herrenhaus, welches einer Freifrau von Börte gehörte und von ihr ununterbrochen bewohnt wurde, und in diesem Schlosse ein Bild, welches mein Fürst, weil es aus französischer Schule war, aus der er am liebsten sammelte, gar zu gerne besessen hätte, wie er einst in meiner Gegenwart äußerte, wenn nur an die wunderliche Frau heranzukommen gewesen wäre, geschweige denn, daß man ihr ein Angebot hätte machen können auf einen Gegenstand, von dem man wußte, daß sie ihn zu ihren unveräußerlichen Besitzthümern zählte.</p><lb/> <p>Fest, aber tief verschwiegen faßte ich den Vorsatz, einen Versuch zu machen. Dadurch bekam die Art von unwissenschaftlicher Naturforschung, zu der ich jährlich den Weihnachtsurlaub benützte, einen abenteuerlichen Beigeschmack, der jedoch mein Reisebehagen weder durch Furcht noch durch Hoffnung störte. Zu letzterer war kein Grund vorhanden, und da Niemand um mein Vor-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
bediene, ist er auch schon angezündet. Denn er stammt aus dem Munde einer Person, die zu meinen liebsten, und deren Begegnung mit mir zu meinen merkwürdigsten Erinnerungen gehört.
Zu einem meiner Weihnachts-Ausflüge vor vielen Jahren wählte ich nämlich eine Gegend im südlichen Theil des Landes, nicht weil sie mir anmuthiger als eine andere erschienen wäre, — die Jahreszeit gleicht solche Unterschiede aus — sondern um vielleicht meinem fürstlichen Gebieter einen großen Dienst leisten zu können. Es befand sich dort in der Nähe eines Gebirgsdorfes ein Herrenhaus, welches einer Freifrau von Börte gehörte und von ihr ununterbrochen bewohnt wurde, und in diesem Schlosse ein Bild, welches mein Fürst, weil es aus französischer Schule war, aus der er am liebsten sammelte, gar zu gerne besessen hätte, wie er einst in meiner Gegenwart äußerte, wenn nur an die wunderliche Frau heranzukommen gewesen wäre, geschweige denn, daß man ihr ein Angebot hätte machen können auf einen Gegenstand, von dem man wußte, daß sie ihn zu ihren unveräußerlichen Besitzthümern zählte.
Fest, aber tief verschwiegen faßte ich den Vorsatz, einen Versuch zu machen. Dadurch bekam die Art von unwissenschaftlicher Naturforschung, zu der ich jährlich den Weihnachtsurlaub benützte, einen abenteuerlichen Beigeschmack, der jedoch mein Reisebehagen weder durch Furcht noch durch Hoffnung störte. Zu letzterer war kein Grund vorhanden, und da Niemand um mein Vor-
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